Papa To Go
Wasserbombe platzt, du weißt, der mit Wasser gefüllte Ballon, flutscht in einem Rutsch dein Kind auf die Erde. Es gluckst und schnappt, schnäuzt und raunt, schmatzt, ächzt und stöhnt - in allem kurz, und dann, wenn alles normal läuft, wie es in jedem x-beliebigen Handbuch geschrieben steht, fängt es an, in einer Frequenz zu schreien, in der du nie wieder jemanden schreien hören wirst. Denn so schreit nur ein einziger Mensch auf der Welt, und das ist dein Kind!
Gekonnt legen es die Hebammen der erlösten Mutter auf den Bauch, ein erstes Beschnuppern wird euch ermöglicht, während alles für den obligatorischen Nabelschnurschnitt vorbereitet wird. Ich habe damals dieses Band zwischen Mutter und Kind durchschnitten und somit der Kleinen den Weg in ein selbstständiges
Leben eröffnet. Muss jeder Vater für sich selbst entscheiden. Kann ja sein, dass du luftpumpenmäßig unterwegs bist und dazu keine Traute hast.
Mütter sehen zu diesem Zeitpunkt wie einmal durch die gesamte Heckenlandschaft Deutschlands gezogen aus, die Babys nicht viel besser, sind sie doch noch von oben bis unten voll mit Käseschmiere bedeckt. Eine Art Paste, mit der das Baby überzogen ist, um es vor dem Fruchtwasser zu schützen. Daher ist eine kleine Fotosession jetzt durchaus reizvoll und ratsam. Achte bitte darauf, dass dein Blitz ausgeschaltet ist. Der Wurm erblindet ja sonst gleich, nachdem er die helle Welt gerade mal kurz erblickt und betreten hat…
Mit dem allgemein verbreiteten Fotohandy kannst du statt nur einer SMS zur Geburt (siehe »Die ideale SMS«, Seite 154) gleich eine MMS verschicken. Wenn du einen großen Speicher hast oder einen MP3-Rekorder oder ein anderes Aufnahmegerät, dann kannst du natürlich auch die gesamte Geburt auf Band aufzeichnen. Das sind unaufdringliche und wunderbare private Zeitdokumente. Für deine Partnerin und für dich. Irgendwie auch pervers. Aber ihr könnt ja mal darüber nachdenken. Nicht dass du nachher sagst, der Penner hätte das auch mal ruhig anregen können. Hiermit getan.
Das Baby auf dem Bauch der Mutter, die Nabelschnur durchtrennt, der Vater am SMS verschicken - diese neuartige Idylle wird jäh von der Kinderärztin durchbrochen, die den Zwerg einmal vermessen, wiegen und untersuchen möchte. Das passierte bei uns direkt im Kreißsaal. Du, als Vater, geh mit, sollte diese erste Untersuchung in einem anderen Raum stattfinden. Lass dein Kind niemals aus den Augen! Das ist Prinzip! Bei der sogenannten U1 werden Herz und Lunge abgehorcht, angeborene
Reflexe und die Muskelspannung überprüft, und durch die noch sehr dünne Haut kann der Arzt die Durchblutung sehen. Für die einzelnen Funktionskontrollen der in der Lieferung enthaltenen Facilitys erteilt der Kinderdoktor null bis zwei Punkte. Defekte Ware: null. Ein Spitzenprodukt: zwei. Abschließend addiert der Arzt die jeweils erreichten Punkte, die in einem Gesamtergebnis resultieren, das mit acht bis zehn Punkten »gesund« bedeutet und mit fünf bis sieben eher »beeinträchtigt« meint. Unter fünf ist der Arzt umgehend dabei, medizinische Maßnahmen zu treffen. Der Test wird noch zweimal nach fünf und zehn Minuten wiederholt, um sicherzustellen, dass der Zustand kein Zufallsprodukt war, sondern stabil ist.
Neben all diesen Untersuchungen, die wirklich nicht lange dauern, entnimmt der Arzt aus der Nabelschnur Blut, um dessen Sauerstoffgehalt zu messen. Zuletzt wird dem Frischling noch verschlucktes Fruchtwasser abgesaugt und kontrolliert, ob die Speiseröhre und die Nase frei sind. Vitamin-K-Tropfen gibt es gleich als erstes Goody, da somit unnötigen Blutgerinnungsstörungen der Garaus gemacht wird. Meine Tochter, die lediglich 2250 Gramm wog, als sie zur Welt kam, hat umgehend ein Aufbaupräparat bekommen, das voller Vitamine, Mineralstoffe und Kraft pur war. Das durfte ich ihr über eine kleine Spritze mit Plastikaufsatz verabreichen. Der erste Versorger: Papa! Knaller, oder? Wie auf dem Wochenmarkt wird dein Kind daraufhin gewogen, anschließend die Körperlänge ermittelt und der Kopfumfang erfasst. Das war’s. Die erste Untersuchung ist im Kasten. U1 bestanden. Gratulation!
Unterdessen offenbart sich die Plazenta dem Fachpersonal, die wenige Minuten nach der Geburt als sogenannte Nachgeburt die Nachhut mimt. Wie geht es weiter? Ach ja, den Mutterkuchen
dürft ihr mitnehmen. Das bieten sie euch im Hospital an, und einige machen davon auch tatsächlich Gebrauch. Ein Brauch ist es, die Plazenta im Garten zu vergraben.
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