Papa To Go
dich:
Du hältst den Schnabel, wenn es um die Einschätzung der Schmerzen geht. Wir harten Hunde, die nur bellen und selten beißen und noch weniger aushalten als die Frauen, können uns das beim besten Willen nicht vorstellen und wollen es auch nicht. Schmerzempfindlichkeit ist individuell. Basta. Da gibt es keine zwei Meinungen. Und so ist es an der Dame von Welt, selbst zu ermessen, ob sie ein Schmerzmittel verabreicht bekommen möchte oder nicht. Weder gibt es hier einen Blumentopf fürs Durchhalten zu gewinnen noch einen für eine satte Lage Tabletten, um sich lokal zu betäuben.
Der Geburtsschmerz erscheint am Horizont des Empfindens - was kannst du tun? Rate deiner Frau zum Umhergehen, zum Bauchtanz oder lass sie auf den Gymnastikball klettern und das Becken kreisen - jegliche Bewegung ist entkrampfend, die aufrechte Position ist spitzenmäßig, da der kleine Kinderschädel die
ganze Zeit auf den Muttermund drückt und dieser sich so langsam öffnet. Was soll er auch anderes machen?
Dicht gefolgt wird die Schmerzlinderung durch Bewegung von einem entspannten Bad in der Wanne. Laues Lüftchen, warmes Wasser, da ist deine Frau wieder ganz Mensch. Ihr Schmerzempfinden nimmt im Wasser ab, und so sehen sich viele schwangere Frauen schon beim ersten Wehenfeuer im angenehm temperierten Nass.
Ist deine Frau Schmerzlinderungsgourmet auf natürlicher Basis, ist ein herkömmliches Krankenhaus oft überfordert, denn nur vereinzelt werden dort Akupunktur und homöopathische Anwendungen angeboten. Von Aromatherapie, Bachblüten, Reflexzonenmassagen oder Hypnose ganz zu schweigen. Da schau mal lieber in Geburtshäusern nach oder hol dir solche Experten nach Hause zur Heimgeburt!
Sicher fühlen sich die Schulmediziner natürlich auf ihrem Terrain und laden herzlich ins Chemielabor. Was haben wir da? Zum Beispiel Spasmolytika, die mit Vorliebe verschlossene und verkrampfte Pforten öffnen, wie einen noch zu festen Muttermund während des feierlichen Openings. Gibt es in zwei modischen Darreichungsformen: als Spritze und als Zäpfchen.
Der Giftschrank hat für die Schmerzen während der Geburt noch eine erweiterte Variation von entkrampfenden Mittelchen parat, die zusätzlich analgetisch sind. Dieser Zusatz bedeutet schmerzlindernd.
So ein echter Schmerzkiller aus dem Labor ist Dolantin, das entweder in den Oberschenkel oder in den Po gepfeffert wird. Das Zeug wird dann verabreicht, wenn allen Beteiligten klar ist, dass der Spaß eh noch ein bisschen dauern wird. Es verbreitet seine Wirkung innerhalb von 15 Minuten und hält bis zu vier
Stunden an. Der kleine Brüter im Bauch darf dabei ruhig noch ein bisschen auf sich warten lassen, da das Mittel bestenfalls erst einmal von der Mutter verarbeitet wird und sich nicht auf dein Kind überträgt. Wirkt es sich auf dein Baby aus, drohen Atemschwierigkeiten.
Auf Platz eins der Schmerzlinderungscharts steht unangefochten die PDA, die Periduralanästhesie. Eine Betäubungsspritze, die unweit des Rückenmarkskanals gesetzt wird, von wo aus die Betäubung abwärts ausstrahlt bis in die Fußspitzen. Über einen bereits anfangs gelegten Katheter bei der ersten Verabreichung gibt es eine Art Refill-Service, und es kann bei Bedarf gerne nachgelegt werden. Beim Spritzen muss deine Frau ganz still nach vorne gebeugt sitzen - eine echte Herausforderung unter Wehen, habe ich gehört.
Mit der PDA in der Tasche hat die Schwangere null Schmerzen, ist nach wie vor mobil, spürt die Wehen, nur eben nicht als Leid, und kann aktiv der Geburt beiwohnen und mitarbeiten. Runde Sache also. Dumm ist nur, wenn die PDA nicht so gesetzt wurde, wie sie eigentlich hätte sitzen müssen, was durchaus mal passieren kann. Dann ist es nämlich nichts mit dem ausgeschalteten Schmerzempfinden. Meine beste Freundin musste sie zwei Mal gespritzt bekommen, da der Arzt danebengelangt hatte, und dann, als die PDA angeblich richtig gespritzt worden war, hat sie noch nicht einmal gewirkt. Ein Albtraum.
Das Thema ist sehr wichtig und wird euch spätestens im Geburtsvorbereitungskurs begegnen, daher will ich auf jeden Fall auf die Nebenwirkungen eingehen. Die PDA kann ein Nachlassen der Wehen bewirken, somit eine nervige Verlängerung der Geburt, den Anschluss deiner Frau an den Wehentropf und einen Blutdruckabfall, der dann wieder mit stabilisierenden Kreislaufmedikamenten
aufgefangen wird. Wenn der Doktor richtig Mist gebaut hat und die Nadel verkehrt angesetzt wurde, kann die ganze Betäubung auch nach oben
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