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Papa To Go

Papa To Go

Titel: Papa To Go Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Busemann
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nicht vorgestellt«, klagte ich in alter Voll-Lappenmanier meiner Frau, und in das von uns für unsere Tochter geführte Tagebuch trug ich pure Emotionen ein, wie: »Was willst du von uns? Warum machst du uns das Leben so schwer?«
    Ich empfand diese Phase teilweise als die Hölle auf Erden. Doch dann wurde mir mein ständiges Selbstmitleid zuwider. Ich hatte keine Lust mehr auf diese mir selbst zugeteilte Opferrolle! Ich musste und wollte akzeptieren, dass mein Leben von nun an mit Kind verlaufen wird und dass das Vatersein ein Geschenk ist und keine Strafe! Alle Anzeichen des eigenen Leids und meines übergroßen Frusts führten nur in eine Richtung: zu meiner Persönlichkeit!
    Mir wurde Folgendes klar: Vatersein, das bedeutet Verantwortung zu tragen, das heißt Entscheidungen für einen Dritten zu treffen, ihn zu ernähren, zu schützen, auszubilden und irgendwann
in sein ganz eigenes Leben zu entlassen. Um diese Aufgabe angemessen erfüllen zu können, musst du selbst erst einmal Verantwortung für dein eigenes Leben übernehmen, und das setzt ein Erwachsensein, also ein Aus-sich-selbst-Erwachsen voraus. War ich zur Geburt meiner Tochter so weit? Heute weiß ich es: Nein!
    Meine Tochter setzte in mir einen Prozess in Gang, der einem sehr intensiven Selbsterfahrungstrip ähnelt. Die einen nehmen LSD, die anderen werden Vater. Hier geht es um Wert, um Selbstwert. Ich musste lernen, meinen eigenen Wert anzunehmen, zu verstehen, es wert zu sein, ein Vater sein zu dürfen. Wie in meinem Tagebucheintrag (siehe »Der laute Schreiberater«, Seite 203) beschrieben: Meine Tochter blätterte meine Persönlichkeit auf und legte sukzessive Stück für Stück davon frei. Was ich bis dahin getan hatte, war ein Ankämpfen gegen mich selbst, gegen meine neue Rolle, gegen mein eigenes Kind: genervt, ungeduldig und zornig, dazu dieses unendliche Selbstmitleid, ich war voller Mängel, weil ich nicht akzeptieren wollte, dass ich es wert bin, ein Vater zu sein und Verantwortung zu tragen.
    Diese Erkenntnisse hatte ich nicht von heute auf morgen. Dafür sind sicherlich einige Wochen ins Land gegangen, doch dann habe ich mich schlagartig besser gefühlt. Viel besser. Ich wollte mich anders positionieren, endlich so, wie ich meinte, es zu spüren. Kein Vater ist je vom Himmel gefallen, und so realisierte ich neben meiner ganz persönlichen Aufräumarbeit, dass ich den Vater-Job erst nach und nach erlernen würde. Viel intensiver widmete ich mich nun also meinem Baby. Ich legte das Gefühl, aus der Situation flüchten zu wollen, gänzlich ab und trat meiner Tochter mit viel Geduld, Wärme und Verständnis gegenüber.
Ich bezog ihr Schreien nicht mehr auf mich, unterstellte ihr auch keine Absicht mehr, sondern verstand es als einen Ausdruck ihres Schmerzes. Das Verhältnis zwischen uns änderte sich schlagartig.
    Ich war kein Opfer mehr, bereit und offen für die Vaterrolle, dazu voller Enthusiasmus, mit ihr zu reifen, und sie bestätigte mir das zusehends mit steigender Zutraulichkeit und großer Liebe. Heute haben wir regelrecht einen Sensor füreinander, der uns beide jede kleine Veränderung beim anderen spüren lässt, selbst wenn wir meilenweit voneinander entfernt sind. Also: Schalte das Licht an auf der dunklen Seite der Macht!
    All die beschriebenen Empfindungen und Erfahrungen sind eine ganz individuelle Sicht der Dinge, eine subjektive Sensibilität, die nicht unbedingt für jeden nachvollziehbar ist. Ich bin als Vater gebrandmarkt, was das Schreien betrifft. Wem es ähnlich ergeht oder erging, fühlt sich sicherlich durch diese Zeilen verstanden, und vielleicht kann er ja neuen Mut fassen oder den Prozess in Gang setzen…
    Ebenfalls ist mir wichtig, dass du verstehst, dass dieser Prozess nicht immer schleichend und still ist. So wie er nicht bei jedem auftritt, so kann auch seine Intensität unterschiedlicher Natur sein. Ich war immer Herr der Lage, hatte meine Emotionen im Umgang mit unserem Kind im Griff. Wenn ich fühlte, in mir steigt Wut auf, habe ich meine Kleine abgelegt und den Raum verlassen. Solltest du das nicht gewährleisten können, bitte ich dich, das im Gespräch mit deiner Partnerin zu artikulieren und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Zeit für euch!
    Dass das Vatersein zunächst durchaus schwerfallen kann, hast du ja soeben gelesen, und dass du oder ihr im Fall einer Totalverzweiflung Experten zurate ziehen solltet, ist ja mittlerweile wohl auch klar geworden. Von der Psychogrütze jedoch mal weg,

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