Papa
drückte zu. »Du kleines dreckiges Miststück.« Er schleuderte sie zu Boden. »Du weißt, was es bedeutet, wenn ich mir den Schlüssel holen muss.«
Lillian rappelte sich auf. »Das ist mir egal«, schrie sie und versuchte erneut, zu entkommen.
Tommi machte einen Schritt nach vorne und packte sie am Schopf. Lillian schrie auf. Weiße Punkte tanzten vor ihren Augen. Dann fiel sie nach hinten und landete hart auf ihrem Rücken. Keuchend rang sie nach Atem.
Tommi drückte sie zu Boden und setzte sich auf ihre Brust. Panisch warf sie sich hin und her. Sie bekam keine Luft. Japste.
»Du miese Schlampe meinst, meine Gutmütigkeit ausnutzen zu können?« Er schlug ihr hart ins Gesicht. Ihr Mund war zu einem stummen Schrei geöffnet, und er übersah die Verfärbung ihrer Lippen nicht. Aber war man erst einmal in Rage, war es schwer, sich zu zügeln. Er ballte die Hände zu Fäusten und schlug noch mal zu. Und noch mal. Ihre Lippen platzten auf, und aus der Nase floss Blut. »Du wirst es kein weiteres Mal wagen, dich gegen mich zu stellen.«
Ihr Gesicht fühlte sich weich an. Zart. So zart. Lillian zuckte unter ihm, gab aber keinen Laut von sich.
Es ging ihm nicht mehr um den Schlüssel. Den würde er sowieso bekommen. Es ging um Gehorsam. Den musste er ihr einprügeln. Lange genug war er nachgiebig gewesen. Jetzt war die Zeit gekommen, dass er sie zum Schweigen brachte.
Glas zerbrach oben im Wohnzimmer.
Tommi richtete sich auf und lauschte. Lillian japste nach Luft, die nach Blut schmeckte. Jeder Atemzug brannte in der Lunge. Doch die Gewissheit, dass er nicht gewonnen hatte, war süß und sanft. Wäre sie nicht so sehr mit Atmen beschäftigt gewesen, hätte sie gelächelt.
Der Druck auf ihrer Brust wurde kleiner, als Tommi aufstand. Er ging ein paar Schritte, drehte den Kopf und spitzte die Ohren.
Wieder klirrte es, und jemand ging über Glas.
»Welcher Wichser wagt es, bei mir einzubrechen?« Tommi stürmte nach oben. Er verfluchte seine Stieftochter. Ohne Schlüssel kam er an keine Waffe. Alles, was er hätte gebrauchen können, lag in seinem Versteck, und er glaubte nicht, es bis zur Küche zu schaffen.
Und er behielt recht. Bereits im Flur stellte sich ihm eine Frau entgegen. Sie trug eine auffällige Sonnenbrille, hatte kurzes, struppiges Haar und ein faltiges Gesicht. Ya-Long P’an lächelte. »Wie schön, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mich zu empfangen. Ich denke, wir haben eine Kleinigkeit zu besprechen.«
[home]
Kapitel 40
D ie Zeit raste ihnen davon. Lilly hatte nur noch ein paar Stunden. Alles hing davon ab, dass Robert und Gäter die richtigen Schlüsse zogen.
»Meine Güte, führen Sie hier auch Lobotomien durch und Elektroschocktherapien?« Emily Gäter betrachtete die Videokassette, die ihr Claudia Kramme in die Hand drückte. »Werden Videorekorder überhaupt noch verkauft? Da hat meine Webcam ja eine bessere Qualität.«
Kramme ignorierte ihre Worte.
»Frau Kramme«, Robert drehte den Fernseher, den er aus einem Nebenraum geholt hatte, so, dass sich die Deckenlampe nicht mehr darin spiegelte. »Glauben Sie, Thomas Ried und Sebastian Graf haben sich so gut verstanden, dass sie gemeinsame Sache gemacht haben? Sebastian engagiert die ominöse Asiatin – und ich habe einen ganz leisen Verdacht, wer das sein könnte –, damit er Ried befreien kann, und Ried hilft ihm dabei, ein neuer Mensch zu werden?«
Claudia Kramme nippte an einem Glas Wasser. »Sebastian Graf war fasziniert von Ried. Ich weiß es nicht. Ja, ich schätze, das könnte tatsächlich sein.«
»Ried hat davon gesprochen, dass er seine Rachegelüste einfach an jemanden weitergereicht hat. Was meinte er damit?«
»Sebastian war sensibel. Vielleicht ist ihm Rieds Geschichte nahegegangen. So nah, dass er selbst Rachegefühle entwickelt hat. Offiziell wurde er als Patient in den Akten geführt, aber aus ärztlicher Sicht war das, was er hatte, nicht mehr als eine Art Münchhausensyndrom.«
»Das ist also Ihre fachliche Meinung? Er will nur Aufmerksamkeit? Nun, die hat er bekommen. Aus Ihrer Sicht war er also ungefährlich?«
»Absolut.«
»Gut«, Robert schaute auf die Uhr. »Was genau hatte er? Warum gibt er uns Hinweise? Warum hat er Ried befreit?«
Dr. Kramme stand auf. »Ich zeige Ihnen Ihr Monster, Herr Bendlin. Und danach können Sie ja selbst entscheiden, für wie gefährlich Sie ihn halten.« Sie startete den Videorekorder.
Das Bild rauschte kurz, dann flimmerte das Nebenzimmer im Fernseher auf. Kramme
Weitere Kostenlose Bücher