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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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ein Problem Ihrer Sicherheitseinrichtung.« In solchen Momenten war Robert dankbar für seine Ausbildung, auch wenn sie schon Jahre zurücklag. Sie half ihm, die Gefühle im Zaum zu halten. Wie konnte man einen Mörder wie Thomas Ried entkommen lassen? Und es noch dazu für Tage geheim halten, nur weil man der Meinung war, dass er sich innerhalb der Anstalt versteckte? Diese Hühnerdirektorin wird sich wohl auf ein Verfahren einstellen müssen. Er hatte nie verstanden, warum ein Psychopath wie Ried in eine Anstalt und nicht in ein Gefängnis kam, wo er seiner Meinung nach hingehörte.
    Maik nickte vor sich hin und knibbelte an den Lippen.
    Frau Kramme sah nervös von einem zum anderen. »Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung, falls Sie Informationen benötigen.«
    »Da wäre etwas, das uns helfen könnte.« Robert betrachtete wieder das Zimmer. »Hatte er Kontakt zu jemandem von draußen?«
    Die Leiterin bekam große Augen und schnappte nach Luft, was Robert zwang wegzuschauen.
Jetzt legt sie ein Ei
, dachte er und unterdrückte den Zwang, einfach loszuprusten. Ein Hoch auf die Ausbildung.
    »Meine Herren«, begann sie die Verteidigung, denn offenbar fühlte sie sich angeklagt, »dies hier ist eine Heilanstalt. Wir haben hier Patienten und keine Gefangenen. Wenn wir es für die Genesung als fördernd erachten, bekommt jeder Patient
natürlich
Kontakt zur Außenwelt. Wir wollen heilen und sie nicht wegsperren. Isolation ist Gift für einen Heilungsprozess. Dagegen kann das Gespräch mit Angehörigen und Freunden außerordentlich hilfreich sein.«
    Robert hob eine Hand. »Schon gut. Ich wollte Ihre Arbeit nicht kritisieren.« Das war glatt gelogen. »Also hatte er Kontakt. Können Sie mir die Namen der Personen aufschreiben, die in den letzten zwei Jahren bei ihm waren?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Wie bitte?«
    »Nein, Patienten im Maßregelvollzug haben nur Kontakt zu unseren Ärzten, den Therapeuten und zu anderen Patienten. Nur wenn wir es für heilsam erachten, beziehen wir Familienangehörige und Freunde in die Therapie mit ein. Sie sollten mir schon zuhören, Herr, Herr …«
    »Bendlin«, half Robert ihr weiter. Er fühlte, wie die Worte seines strengen Ausbilders verblassten. »Haben Sie nicht gerade …?« Er klang wütend und rang nach Worten. Versuchte sie, ihn zu verarschen?
    »Es geht um das Prinzip«, unterbrach sie ihn. »Jemand, der etwas so Schreckliches tut wie Thomas Ried, gehört für immer weggesperrt, nicht wahr? Wir Psychiater sind Quacksalber, die ständig die falschen Gutachten ausstellen und es so Verbrechern ermöglichen, weitere Verbrechen zu begehen, oder? Aber ich sage Ihnen etwas: Thomas Ried war nicht in der Lage, sein Handeln zu beeinflussen. So wie Sie nicht in der Lage wären, einen Hundertmetersprint zu absolvieren mit einem Krampf in den Beinen. Wie würde es Ihnen gefallen, wenn man Sie einfach wegsperren würde, nur weil Sie nicht die Ziellinie erreicht haben? Fänden Sie das fair? Herr Bendlin, in dieser Klinik sorgen wir dafür, dass Sie keinen Krampf mehr bekommen und in Zukunft wieder so laufen können wie alle anderen auch.«
    In Roberts Ohren klang das nicht überzeugend und offenbar auch nicht in Maiks, der ihre Ausführung mit einem Grunzen quittierte.
    Es ist ein Unterschied, ob man Krämpfe heilt oder nur Bedingungen schafft, in denen sie nicht mehr auftreten können. Aber er war nicht hier, um das System zu ändern.
    »Entschuldigen Sie, wenn ich einen falschen Eindruck vermittelt habe«, sagte Robert, und sein Blick blieb am Bett haften. »Wir hätten ihn nur gerne wieder zurück in seinem Zimmer, bevor er auf die Idee kommt, doch einen Krampf zu kriegen.«
    »Ähm, Entschuldigung, Frau Doktor Kramme?«
    Sie drehten sich herum. Ein Mann stand vor ihnen auf dem Flur. Er war blass, und seine blonden Haare verdeckten seine Augen, während er auf den Boden schaute.
    »Sebastian, was … was gibt es?« Claudia Kramme starrte ihn mit offenem Mund an. Ihr Brustkorb pulsierte, als hätte sie sich erschreckt.
    »Nichts, also eigentlich nichts.« Er hob seinen Blick. »Ich wollte nur sagen, ich mache mich jetzt wieder auf den Weg. Ist hier«, er schaute erst Robert an, dann Maik. »Ist hier alles in Ordnung? Brauchen Sie Hilfe?«
    Der Mann biss auf seiner Unterlippe herum, was Robert nervös machte. Ganz sachte tastete seine Hand nach der Dienstwaffe. »Ist er ein Patient von Ihnen, Frau Kramme?«
    Die schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Dies hier«, sie

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