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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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hiergelassen.«
    Robert nickte und nahm das Polaroid wieder an sich. »Aber warum hat er dem Opfer die Haut abgezogen?« Er hielt es sich dichter vor die Augen.
    Arme und Beine waren sorgfältig gehäutet worden. Am Armgelenk zog sich eine glatte Schnittkante entlang, darunter begann eine fleischige Marmorierung. Wie Bandwürmer fraßen sich Venen durch die Muskeln, die zum Teil schwarz gefleckt waren. Die Oberfläche wirkte trocken wie Dörrfleisch.
    Robert gab Maik das Bild zurück. »Er flieht, richtet sein Opfer so zu, fotografiert es, kommt zurück, um das Foto in sein Zimmer zu legen, und verschwindet wieder? Klingt nicht sehr einleuchtend.«
    »Vielleicht hat er sich die Dame gleich hier zur Brust genommen?«
    »Oder er hat einfach nur Spaß an perversen Fotografien. Es ist ein Polaroid. Wer benutzt so was heute noch?« Robert schüttelte den Kopf. »Es ist nicht unser Fall. Wir sollten unser Hirn nicht zermartern. Vielleicht hat es auch gar nichts mit Ried zu tun.« Das sagte er, doch in Wirklichkeit glaubte er nicht daran. Da war etwas in seiner Magengrube, das heftig protestierte. Aber mit einem hatte Maik recht: Wahrscheinlich hatte dieses Bild nichts zu bedeuten. Vielleicht war es einfach nur Rieds nächtliche Wichsvorlage. »Glaubst du, er stattet Michelle einen Besuch ab? Jetzt, wo er frei ist?«
    Maik hob die Schultern und zog die Mundwinkel nach unten. »Möglich wäre es, aber unwahrscheinlich. Sie haben sich getrennt, und wenn er gewollt hätte, hätte er ihr damals«, er stockte kurz, »
mehr
antun können.«
    »Und Lilly?«
    »Lilly? Nein, er hat sie abgöttisch geliebt. Ich glaube, er wird sich aus dem Staub machen. Er ist nicht doof. Er weiß, dass wir hinter ihm her sind. Aber ich fahre später bei Michelle und Lilly vorbei und setze sie in Kenntnis. Für alle Fälle.«
    Maik tat zwar cool, aber Robert merkte ihm an, dass er in Sorge war. Er wirkte nervös, strich mit dem Daumen über den Zeigefinger, als hoffte er, ein Dschinn käme heraus.
    Roberts Partner atmete aus wie ein Walross. »Dann geben wir der Spurensicherung Bescheid und den zuständigen Kollegen. Sollen die sich damit rumärgern. Ich für meinen Teil habe genug von diesem kranken Scheißkerl.«
    Robert hob mahnend einen Finger. »Lass das nicht die Frau Doktor hören.«
    »Die Frau Doktor«, erklang es beleidigt hinter ihnen, »würde sich freuen, wenn Sie sich um Ihre Arbeit kümmern würden. Dies hier ist kein Vergnügungspark. Die anderen Patienten sind schon völlig durch den Wind.«
    »Als wären sie das vorher nicht gewesen«, murmelte Maik so leise, dass nur Robert es hören konnte. Sie drehten sich um.
    Frau Dr. Kramme stand vor ihnen und sah mehr denn je aus wie ein Huhn, das versuchte, Körner aus der Luft zu picken.
    Maik legte das Foto zurück aufs Bett und folgte Robert auf den Flur.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Robert, »wir sind hier fertig. Bitte lassen Sie das Zimmer so, wie es ist, bis die Kollegen eintreffen. Sie sollten die anderen Patienten vielleicht vorwarnen oder mit Medikamenten vollpumpen oder machen, was Sie in solchen Fällen so machen. Gleich wird hier die Hölle losbrechen. Ihnen ist ein perverser Killer entkommen. So was hat die Polizei nicht so gern.«
    Sie drehte sich wortlos um und wandte sich an einen vorbeikommenden Pfleger.
    Im gleichen Augenblick klingelte Roberts Handy. Als er auf den grünen Hörer drückte, hörte er wildes Stimmengewirr. Es knackte und rauschte, dann meldete sich sein Chef.
    »Hallo? Rob? Zellinger hier.«
    »Werner! Ich bin ganz Ohr.«
    »Du hörst, hier ist einiges los. Seid ihr da fertig? Konntet ihr helfen?« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern redete weiter. »Hör zu, fahrt bitte zum Gasometer. Da wartet ein neuer Fall auf euch. Oh, und je länger ihr wartet, desto weniger Freude werdet ihr dort haben.«
    »Um was geht es?«
    »Ich will euch nicht die Überraschung verderben. Die Spurensicherung ist bereits unterwegs. Wie lange braucht ihr?«
    Robert überlegte kurz. »Hm, ich schätze, eine gute halbe Stunde. Wenn du uns etwas Arbeit abnimmst, geht’s ein paar Minuten schneller.«
    »Was soll ich tun?
    »Wir brauchen hier die Spurensicherung und ein paar Beamte mit guten Augen. Nur für den Fall, dass das Fotomodel noch irgendwo im Haus ist.«
    »Wieso Fotomodel? Ich versteh nicht.«
    »Oh, ich will dir ebenfalls nicht die Überraschung verderben. Aber lass einen Notarzt mitkommen, für den unwahrscheinlichen Fall, dass es noch leben sollte.«
    Werner

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