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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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gegeben, es wie einen Schmetterling aussehen zu lassen, doch es war etwas anderes.
    Ein totes Wesen, entmenschlicht, verzerrt. Zwischen den Flügeln aus Haut hing ein nackter Mensch. Die Arme ausgebreitet, das Kinn auf die Brust gesackt.
    Die bunten Flügel waren dem Opfer aus dem Rücken geschnitten und mit Draht aufgespannt worden. Unzählige Fliegen schwirrten um den Leichnam herum.
    Ein Tropfen fiel herab und zersprang auf Roberts Stirn. Im Glauben, es wäre Blut, wich er einen Schritt zurück und wischte sich mit dem Handrücken durchs Gesicht. Doch es war nur der erste von unzähligen Regentropfen.
    Maik löste sich neben ihm aus der Starre. »Warum bekommen
wir
eigentlich jedes Mal die kranken Fälle?«
    Robert antwortete nicht. Er starrte weiter auf dieses unglaubliche Bild, während der Regen immer heftiger auf ihn niederprasselte. Mit der Sonne war auch die skurrile Schönheit des Leichnams verschwunden, als wäre er unbemerkt in ein paralleles, düsteres Universum gewechselt. Zurück blieb nur noch eine graue, faulige Hülle.
    Die zum Teil gehäutete Leiche, den Mund zu einem stillen Schrei aufgerissen, blutend und stinkend, schwang sachte im Wind. Ihr Blick aus runzeligen Augäpfeln starr auf den Boden gerichtet.
    Robert unterdrückte den Würgereiz und wandte sich ab.
    Nachdem die Kriminaltechniker die letzten Spuren vor dem Regen in Sicherheit gebracht hatten, holten sie die Leiche herunter. Robert wollte zumindest kurz einen Blick auf sie werfen. Aus der Nähe.
    Die Haut der Leiche hatte ihre Elastizität verloren und musste wie gefrorene Plastikfolie zusammengelegt werden, damit der Körper in den Leichensack passte.
    Das Opfer war eine Frau. Dem Gesicht nach zwischen sechzig und siebzig Jahre alt. Arme und Beine waren gehäutet worden, und sie war übersät mit bunten Zeichen und Mustern. Wie auf Rieds Polaroid.
    Das musste Schreyer gemeint haben. Doch hier war nicht der richtige Ort für eine ausführliche Leichenschau.
    Maik stand neben der Bahre und kraulte seinen Bart. »Da hat sich jemand verdammt viel Mühe gemacht.«
    Robert nickte. »Jemand, der verdammt pressegeil ist. Das hier ist doch nur ’ne Show.«
    »Da steckt mehr dahinter. All diese Zeichen, die abgezogene Haut. Die Leiche, die wie eine Werbefigur öffentlich präsentiert wird. Für mich sieht es danach aus, als wäre Ried zu seiner alten Gewohnheit zurückgekehrt. Wenn dem so ist, wird es noch vier weitere Leichen geben. Und ihr Anblick wird nicht so«, er hielt inne, als suchte er nach Worten, »
ansehnlich
sein wie dieser hier.«
    Einer der Beamten schloss den Reißverschluss des Sacks und schob die Bahre zum Leichenwagen, wo eine Ärztin wartete. Robert ging zu ihr. »Guten Abend«, sagte er und versuchte offiziell zu klingen. Sie schaute kurz auf, widmete sich dann wieder einigen Papieren, die sie ausfüllte.
    »Sind Sie für die Obduktion verantwortlich?«
    Erneut blickte sie auf und hob einen Finger. »Einen Moment, bitte.« Sie füllte den Schein vor sich zu Ende aus, steckte den Kuli ein, blickte auf und lächelte. »Hallo, ich bin Emily Gäter.« Sie streckte ihm eine Hand entgegen, die er schüttelte.
    »Führen Sie die Obduktion durch?«, fragte er noch mal.
    Gäter schüttelte abwägend den Kopf. »Im Moment bin ich nur für den Totenschein verantwortlich. Wieso fragen Sie?«
    »Rufen Sie mich im Büro an. Ich möchte dabei sein«, sagte er knapp und drückte ihr seine Visitenkarte in die Hand. Damit ließ er sie stehen.
    Maik war in der Zwischenzeit zu den Presseleuten gegangen und unterhielt sich mit einem von ihnen. Als Robert dazukam, drehte er sich um. »So wie es aussieht, gab es keine Zeugen. Ein paar Jungs der Polizei klappern gerade die Nachbarschaft ab, um das zu bestätigen. Damian Öhl hier, von der Westfalenpresse, war der Erste vor Ort. Er hat auch die Polizei verständigt.«
    Damian nickte stolz und setzte gerade zu einer Frage an, als er von Robert unterbrochen wurde. »Haben Sie einen Tipp bekommen?«
    Damian Öhl ließ die Luft raus und schüttelte den Kopf. »Nicht
einen
Hinweis. Bin privat unterwegs.« Er lachte. »Die Arbeit holt einen überall ein, nicht wahr? Wissen Sie, wer sie war? Ist ja übel zugerichtet worden, was? Hab mich richtig gegruselt. Dachte erst, da hätte sich jemand einen Scherz erlaubt und eine Puppe ins Gestänge gehängt. Kids machen so was ja gerne. Ist sie dort oben gestorben?«
    »Zu laufenden Ermittlungen kann ich zurzeit nichts sagen.«
    »Aber ich bekomme doch die Story?

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