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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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legte, beruhigte er sich.
    Der Polizist schaute durch das Seitenfenster auf Roberts Ausweis, den er ihm entgegenhielt, und schrie gegen die Reporter an: »Fahren Sie bis zu dem Gebäude dort drüben. Da können Sie parken. Die Leiche befindet sich dahinter.«
    Robert ließ das Fenster ein Stück weit runter. »Warum ist die Presse schon hier? Konnte jemand nicht stillsitzen?«
    »Also eigentlich hat die Presse uns erst hierhergeholt«, der Polizist wandte sich an die Reporter. »Gehen Sie bitte hinter die Absperrung.«
    Robert runzelte die Stirn. Auf einen Fall mit erhöhtem Medieninteresse hatte er gerade überhaupt keine Lust.
    Er fuhr zu dem Gebäude und parkte.
    Polizisten liefen emsig herum. Ihre Gesichtszüge waren in Stein gemeißelt. Offenbar herrschte frostige Stimmung.
    Robert seufzte. »Das schaut nach einem langen Abend aus.«
    Maik sagte nichts. Er rieb sich den Arm und stieg aus.
    Sie gingen um das Gebäude herum. Schritt für Schritt kam das Gerüst des Gasometers zum Vorschein, dessen massive Metallstangen eine Art Kolosseum bildeten.
    Glühende Wolken zerliefen dahinter mit finsterem Schwarz und dem Blau des Himmels, als bestünde das Firmament aus dicker Ölfarbe. Der Boden und das grüne Laub der umstehenden Birken pulsierten im Blaulicht der gut ein Dutzend Streifenwagen.
    Obwohl Maik und Robert auf betoniertem Untergrund liefen, roch es nach feuchter Erde.
    Links vor ihnen, am Fuße des Ständerwerks, sammelten die Kollegen von der Kriminaltechnik ihre Proben. Nirgendwo war eine Leiche zu sehen.
    Bis auf die, die auf ihn zugestakst kam. Dünne blonde Haare hingen ihr strähnig ins Gesicht. Sie schien geschrumpft zu sein, nachdem man sie in einen Hosenanzug gesteckt hatte. Ihre Augen lagen tief in den Höhlen und glotzen, als wäre sie auf Beute aus.
    Die fehlte noch zu meinem Glück
, dachte Robert und streckte eine Hand nach ihr aus. »Frau Schreyer, nett, dass Sie hier sind.«
    Sie nickte ihnen zu. »Meine Herren. Kriminalrat Zellinger bat mich her. Ich fürchte, es sieht nach einer Menge Überstunden aus, meine Herren.«
    Maik schnaufte kaum hörbar. Robert runzelte die Stirn. »Und Sie verzichten auf Ihren freien Samstag, um uns das zu sagen? Oder hatten Sie nur mal Lust, einen Toten zu stalken?«
    »Ich bin Staatsanwältin und kein Leichenbeschauer. Wenn Sie Ihren Clown runtergeschluckt haben, Herr Bendlin, und wieder in der Lage sind, ernsthaft zu arbeiten, geben Sie mir doch bitte Bescheid.« Sie stolzierte an ihnen vorbei. »Und dann sehen Sie zu, dass Sie Ihre Arbeit machen.« Damit ließ Schreyer sie stehen.
    »Einen Moment noch«, rief Robert ihr hinterher. Sie blieb stehen und drehte sich um. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie eigentlich keine Zeit hatte. Sie machte keinen Hehl daraus, es offen zur Schau zu tragen. Er beachtete es nicht weiter. »Zwei Sachen. Erstens, wo ist die Leiche? Und zweitens, nur für den Fall, dass es der Täter auf Publicity abgesehen hat, sollten Sie eine vorläufige Nachrichtensperre verhängen. Ich möchte ihn ungern zu weiteren Taten animieren.«
    Sie atmete tief ein und langsam wieder aus, was sie in Roberts Augen wie ein Zombie wirken ließ. Eine lebende Tote, die mit ihm zusammenarbeitete. Eine schaurige Vorstellung.
    Sie wandte sich an Maik.
    »Herr Wegener, Sie leiten die Ermittlung. Sind Sie der gleichen Meinung?«
    »Hm?«
    Die Gesichtszüge des Zombies erschlafften ein wenig. »Nachrichtensperre? Sind Sie auch der Ansicht, das wäre eine gute Idee?«
    Maik zuckte mit den Schultern. »Schaden wird’s nicht.«
    »Irrtum«, antwortete sie tonlos. »Es schadet dem Ansehen der Polizei. Sollte ich es tun, möchte ich dafür von Ihnen eine ausführliche Analyse aller Zeichnungen und Skizzen der Leiche, über die Sie im Übrigen gleich stolpern.«
    Bevor Robert etwas erwidern konnte, drehte Schreyer sich bereits um und ging davon.
    In diesem Moment durchbrachen ein paar Sonnenstrahlen die Wolken. Unwillkürlich schaute Robert nach oben und erstarrte.
    Da war sie.
    Maik riss die Augen auf.
    Roberts Puls schoss unmittelbar in die Höhe.
    Verflochten mit dem Gestänge des Gasometers, hing ein riesenhafter Schmetterling vor einer untergehenden Sonne. Ihre Strahlen leuchteten durch die bunten Flügel und ließen sie wie Buntglasfenster schimmern. Ein Engelsbildnis der Apokalypse.
    Das war das Erste, was Robert sah. Dann aber analysierte sein Verstand die Details, und das romantische Bild vor ihm zerbröselte. Zwar hatte sich der Künstler reichlich Mühe

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