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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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haben, während Sie unter seinem lustvollen Gestöhne ausbluten?«
    Zwischen Claudia Krammes Augenbrauen bildete sich eine Furche. »Drohen Sie mir, Herr Bendlin? In dem Fall sollte ich besser weghören, sonst könnte es sein, dass dem Polizeipräsidenten ein psychologisches Gutachten zugehen wird, in dem Sie in keinem guten Licht stehen werden.«
    Robert lachte spöttisch. »Tun Sie sich keinen Zwang an. Sie sollten sich aber damit beeilen, denn lange werden Sie diese Klinik nicht mehr leiten, das verspreche ich Ihnen.«
    Kramme setzte sich und lächelte. In ihrem Gesicht breitete sich eine selbstgefällige Entspannung aus. »Da müssten schon andere Geschütze aufgefahren werden als ein popeliger Polizist. Und jetzt verlassen Sie mein Büro, oder ich werde eine Beschwerde einreichen und Sie wegen Hausfriedensbruch belangen. Auf Wiedersehen, Herr Bendlin.«
    »Vielen Dank für Ihre Kooperation, Frau Dr. Kramme«, sagte Robert, als hätten sie gerade ein völlig entspanntes Gespräch geführt. Er griff in sein Portemonnaie und zog eine Visitenkarte heraus, die er ihr reichte. »Und bitte rufen Sie mich an, wenn Ihnen etwas einfällt, was Sie mir noch unbedingt beichten möchten. Lieber mir, als der Staatsanwältin.« Damit verließ er ihr Büro.
    »An Ihrer Stelle wäre ich mir nicht so sicher«, sagte sie noch, bevor die Tür zufiel. Diese Frau hatte Dreck am Stecken. Selten war sich Robert so sicher.
    Aber ihm war auch klar, dass dieses Gespräch ein Nachspiel haben würde.

[home]
    Kapitel 16
    M ichelle vergaß das Wasser, das um sie herum in den Boden sickerte, vergaß das Auto, das ihr Schutz hätte bieten können, und nach einer Weile spürte sie nicht einmal mehr die eisige Hand der Witterung, die ihr jegliche Wärme aus dem Körper zu pressen versuchte.
    Der Wind frischte auf, und ein neuer Wolkenhaufen türmte sich über ihr auf.
    Doch je mehr sie in Toms Gedankenwelt eintauchte, desto weniger dachte sie über das Hier und Jetzt nach. Es zählten nur noch – ein letztes Mal – Toms Worte und die Suche nach der Chinesin, die sie für ihn finden musste.
     
    Ich packe meinen Koffer und packe ein: meine Vergangenheit, die Werkzeuge, die ich benutzt habe, und das Ritual, das mich befreit hat.
    Es klingt ganz einfach, und doch ist es der schwerste Schritt, den ich je gemacht habe. Aber nur so funktioniert es. Sobald diese Kiste unter der Erde ist, werde ich ein anderer Mensch sein und ein besseres Leben führen. Ich kann endlich der sein, der ich sein möchte.
    Jetzt sitze ich da und überlege, wie alles angefangen hat. Wo der Fehler lag. Und vor mir ist nichts als eine schwarze Wand.
    Wahrscheinlich ist das eine Sache, welche die Nachwelt selbst entscheiden muss, auch wenn das wenig befriedigend sein mag.
    Obwohl gerade Befriedigung etwas ist, das ich stets angestrebt habe. Ich schreibe dies, weil ich an all den schlimmen Dingen, die passiert sind, keine Schuld trage. Und es ist so einfach, wie ich es sage: Es ist nicht meine Schuld. Eine Pflanze wird nur dann prächtig und stark, wenn die Samen gut sind und die Keime gepflegt werden.
    Ich muss es wissen, denn ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Und das war schon der erste Fehler. So ein Hof ist eine eigene Welt mit eigenen Regeln, aber es war nie die meine.
    Meine Mutter war, soweit ich mich erinnere, immer die große Königin. Streng und ohne Gnade. Wenn sie glaubte, etwas liefe nicht in ihrem Sinn, hatte sie ihre eigene Vorstellung davon, die Dinge ins rechte Lot zu rücken. Sie war geradlinig in ihrem Denken und im Handeln. Keine Ahnung, woher sie es hatte und was mein Vater an ihr fand.
    Er hatte den Hof geerbt und war wahrscheinlich froh, dass er in ihr jemanden hatte, der mit anpacken konnte. Auf einem Bauernhof gibt es immer viel zu tun.
    In unserem Hofstaat war mein Vater allerdings nicht mehr als ein Bediensteter. Ein Sklave, der den Schweinestall auszumisten hatte. Zumindest wirkte es so auf einen zwölfjährigen Jungen, der ich damals war.
    Ob es früher mal anders war? Ich weiß es nicht. Wenn es so war, so erinnere ich mich nicht mehr daran. Viele Dinge sind wahrscheinlich in Wirklichkeit anders gelaufen als in meiner Erinnerung. Aber selbst wenn, so würde es nichts ändern. Meine Mutter war ein Miststück, und ihr habe ich es zu verdanken, dass meine Entwicklung eine falsche Richtung einschlug.
    Trotz des giftigen Umfelds hatte die Königin so viel Glück, dass ihr der Diener ein paar Jungen zeugte. Alles fleißige Helferchen, die ihren

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