Papa
mich ist dies hier das Leben.
Ich
sehe Gemütlichkeit, ich sehe ein Zuhause. Ich male, was ich fühle. Das macht den Unterschied.«
»Was denken Sie, wenn zwei Künstler ein und dieselbe Sache malen, könnte man ihre Stile voneinander unterscheiden?«
Der Mann schaute irritiert. »Sie meinen, wenn man einen Picasso neben einen Monet stellen würde? Jeder große Maler entwickelt seinen eigenen Stil, daher …«
»Nein, Entschuldigung, ich meine eher, wenn zwei Maler einen Stil verwenden. Hätten Picasso und van Gogh Sonnenblumen gemalt und beide hätten rumgetupft, würde man hinterher trotzdem sagen können, wer welches Bild gemalt hat? Ist es beim Malen wie beim Schreiben, wo man anhand der Schriften Personen voneinander unterscheiden kann?«
Der Mann rüttelte an seiner Brille. »Also äh … ich bin mir nicht … sind Sie von der Polizei?«
Robert spürte Hitze in sich aufsteigen. Er hatte nicht vor, offiziell tätig zu werden. Viele Informationen, selbst harmlose, bekam man nur, wenn man kein Polizist war. Also war er im Moment lieber keiner. »Ich interessiere mich nur für solche Sachen.«
Der Ladenbesitzer wischte sich über die Stirn. »Puh, Sie fragen vielleicht Sachen. Ich verkaufe Pinsel und bin nicht Leiter eines Kunstmuseums, aber Sie haben Glück. Zwei Regale weiter steht ein guter Kunde von mir. Damian Öhl. Er malt sehr viel, wissen Sie? Vielleicht kennt
er
sich aus?«
Robert stutzte. Der Reporter der Westfalenpresse war Maler? Er ging zwei Regale weiter um die Ecke. »Herr Öhl, welch eine Überraschung.«
Damian Öhl schaute auf. Sein Gesicht war versteinert. Die Sache mit der Nachrichtensperre nahm er ihm wohl immer noch übel.
Der Ladenbesitzer ging auf ihn zu und klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken. »Fündig geworden?«
Damian lächelte verlegen. »Ich schau noch, danke.«
»Ähm, der Herr hier hat mir gerade eine interessante Frage gestellt, aber vielleicht können Sie die besser beantworten als ich.«
Öhl stellte das Tintenglas zurück, das er gerade betrachtete. »Ach, tatsächlich?« Er warf Robert einen flüchtigen Blick zu.
»So sieht man sich wieder«, Robert ging einen Schritt auf ihn zu. »Guten Abend, Herr Öhl, ich habe mich gefragt, ob der Pinselstrich eines Künstlers so unverwechselbar ist wie seine Handschrift?«
Öhl antwortete nicht gleich, und Roberts Ungeduld kreiste wie ein Geier durch den Laden. »Nachtigall, ick hör dir trapsen. Erst vermasseln Sie mir die Story meines Lebens, und jetzt soll ich Ihnen helfen?«
»Ja, genau.«
»Er hier
ist
von der Polizei«, sagte er zum Ladenbesitzer, in dessen Gesicht sich eine Röte stahl, die den entsprechenden Acrylfarben in nichts nachstand. »Lassen Sie sich nicht täuschen. Ich glaube, einem Polizisten ist es nicht gestattet, in dieser Hinsicht zu lügen, oder irre ich mich?«
Der Ladenbesitzer zappelte zwischen ihnen herum. »Ach, die Herren kennen sich?«
Robert schaute wieder zu Öhl. Ein merkwürdiger Kerl. Er wirkte immer, als hätte er etwas zu verbergen. Vielleicht hatte er einfach nur das Bedürfnis, Aufmerksamkeit zu bekommen. »Offenbar«, sagte Robert und richtete danach das Wort an den Reporter. »Und? Hätten Sie dazu eine Theorie? Es würde uns enorm weiterhelfen, und wir könnten die Nachrichtensperre schneller lockern.«
Öhl grummelte vor sich hin, als glaubte er ihm nicht. Dennoch antwortete er. »Ich weiß nicht, ob man jemals versucht hat, anhand eines Pinselstrichs einen Künstler zu erkennen, aber im Prinzip ist es natürlich möglich. Zum Beispiel ergibt sich durch die Art, wie man den Pinsel führt, eine recht individuelle Linienführung. Es gibt Künstler, die zeichnen ohne Hilfsmittel einen perfekten Kreis. Bei anderen sähe so ein Versuch eher kläglich aus. Schaut man sich dann die Farbmischung an, oder die jeweils eigene Sichtweise, könnte man ein Bild einem Künstler zuordnen. Allerdings, und da bin ich mir sicher, braucht man dazu einen Expertenblick. Warum interessiert Sie das? Wollen Sie zu
Wetten dass
?«
»Schon vergessen? Ich bin Polizist und darf über eine laufende Ermittlung nicht sprechen.«
Öhl zog eine Brieftasche aus der Jacke und kramte darin herum, als suchte er nach Geldscheinen. Er schien sich unwohl zu fühlen, und sein ohnehin schon blasses Gesicht hatte noch mehr an Farbe verloren. »Ich kenne da einen Künstler, der in der Stadt wohnt und recht bekannt ist. Wenn Sie etwas Konkretes haben, könnte ich es ihm zeigen.« Er zog eine Karte hervor und
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