Papa
aufgenommen zu einer Organisation, die sich auf ausgefallene Wünsche spezialisiert hatte.
Es gab Menschen, die für ihre Lustbefriedigung nicht einfach ins Bordell gehen konnten. Sie wollten etwas anderes. Dinge, die kostspielig und schwer zu beschaffen waren. Manchmal Kinder, manchmal ein Opfer, das sie nach Herzenslust foltern durften. Was immer sie begehrten, diese Organisation sorgte dafür, dass sie es bekamen. Sie stellte die Räumlichkeiten zur Verfügung und putzte hinter ihren Klienten her, falls es nötig war.
Hier lernte Tom sein letztes Opfer kennen. Die Chinesin, die fliehen und ihn verraten konnte: Ya-Long P’an.
Michelle zögerte keine Sekunde, griff nach dem Telefon und wählte die Nummer.
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Kapitel 19
W ährend über ihm ein Glöckchen bimmelte, betrat Robert einen Laden für Kunstbedarf. Eigentlich hatte er Feierabend, doch er wollte einer Frage nachgehen, die ihm keine Ruhe ließ.
Sie hatten noch immer keinen Beweis, dass Ried der Täter war. Und obwohl alles danach aussah, brauchten sie Gewissheit, wenn sie Lilly retten wollten.
Der Raum war vollgestellt mit Regalen, in denen allerlei Zeugs kunterbunt durcheinandergewürfelt war. Pinsel standen dort neben buntem Karton und Bücher zwischen unzähligen Farbtöpfchen und Wollknäueln. Viel Sinn für Ordnung schienen Künstler nicht zu haben. Auf dem Boden lag ein durchgelaufener Teppich, der wohl schon alt war, als man ihn hierhin gelegt hatte. Die viel zu warme Luft roch nach Staub und Feuchtigkeit.
Dieser Laden war in der Stadt
die
Adresse, wenn es um Malerei ging.
In einer Ecke, von der Eingangstür aus nicht sichtbar, stand ein älterer Herr an einer Staffelei. Die Brille war ihm auf die Nasenspitze gerutscht, und sein rechtes Ohr war farbig pigmentiert.
Robert ging auf ihn zu. Der Mann blickte auf und schob die Brille nach oben, was seiner Schläfe einen Farbtupfer verpasste. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er und legte den Pinsel zur Seite. »Suchen Sie etwas?« Er hob abwehrend beide Hände. »Halt, sagen Sie es nicht, ich sag es
Ihnen
.« Seine Zunge fuhr über die Lippen und hinterließ einen feuchten Film. »Sie bauen Modelle, nicht wahr? Sie machen auf mich einen ordentlichen Eindruck wie ein Modellbauer, der akribisch Teilchen für Teilchen zusammensetzt. Ich habe ein paar wundervolle und seltene Stücke in der Ecke dort drüben«, er deutete auf ein Regal, in dem sich Kartons über Kartons stapelten.
Robert schmunzelte. »Fast richtig. Aber ehrlich gesagt habe ich am Teilchenzusammensetzen immer weniger Spaß. Ich überlege sogar, ganz damit aufzuhören.«
»Und jetzt möchten Sie Ihre künstlerische Ader anders ausleben?«
»Quasi.« Robert nahm einen Becher mit Acrylfarbe aus einem der Regale. Die Töpfchen waren nicht sortiert. Wer hier eine bestimmte Farbe haben wollte, würde lange suchen müssen. »Vielleicht fange ich mit dem Malen an?«
Der Mann nickte wissend. »Als Modellbauer haben Sie sicher einige Erfahrung im Umgang mit Pinseln und Farben, aber eines sage ich Ihnen, es ist nicht das Gleiche.«
»Weil man größere Flächen bemalt?«
»Das Malen ist ein Vorgang, bei dem man seine Seele offenbaren kann. Es ist etwas sehr Persönliches. Es ist heilsam. Wussten Sie das?«
»Was?«
Der Mann zuckte empört zurück. »Nun, dass man psychisches Leiden durch Malen heilen kann. In psychiatrischen Einrichtungen wird das oft so gemacht. Das steckt in unseren Genen. Die Leinwand ist ein Spiegel, und die Farbe formt die Welt, die wir darin sehen wollen. Einer meiner Kunden arbeitet ehrenamtlich in der hiesigen Psychiatrie.«
Robert nickte. Den Kunden hatte er bereits kennengelernt: Sebastian Graf. Vielleicht sollte er sich mit ihm einmal unterhalten, aber deshalb war er nicht hier.
»Was glauben Sie«, sprach der Mann weiter, »warum die Bilder von bedeutenden Künstlern so besonders sind? Weil sie malen konnten? Wohl kaum.« Er ging zu seiner Staffelei und deutete Robert an, mitzukommen. Die Leinwand war etwa zur Hälfte fertiggestellt. Robert erahnte, was dort einmal zu sehen sein würde. Der Mann malte seinen eigenen Laden, doch etwas war anders.
Robert schaute sich um und betrachtete wieder das Bild. Es war das Licht. Auf dem Gemälde war es auf subtile Art anders. Gleißender. In den Lichtstrahlen schwebten glitzernde Staubpartikel.
»Sehen Sie?« Der Mann deutete auf sein Bild. »Ich habe exakt das gemalt, was ich vor mir gesehen habe.
Sie
sehen einen Laden, der alt und verstaubt ist. Aber für
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