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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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Zwischenzeit noch vermehrt. Am liebsten hätte sie laut geschrien, nur um die Anspannung zu lösen.
    Schritt für Schritt ging sie voran.
    Ein paar letzte Sonnenstrahlen kämpften sich durch die dreckverkrusteten Scheiben der Oberlichter. An einigen Stellen war das Glas gesprungen oder zerborsten, so dass für einen kleinen Augenblick genügend Licht in die Halle fiel, um sich einen Überblick zu verschaffen.
    Hier und da lagen Säcke auf dem Boden. In einer Ecke stapelten sich Holzpaletten. Nichts Ungewöhnliches.
    Dann war die Sonne weg, und alles verschwand wieder im Dunkeln. Michelle wartete, bis sich ihre Augen an das fehlende Licht gewöhnt hatten. Sie ärgerte sich, dass sie keine Taschenlampe mitgenommen hatte, und während sie darüber nachdachte, fiel ihr das Handy ein.
    Sie kramte es aus ihrer Handtasche hervor und schaltete die Fotolampe ein. Es wurde nur unwesentlich heller, doch es reichte aus, um sich weiter vorwärts zu wagen.
    Die Halle machte am Ende einen Knick nach links. Als Michelle um die Ecke bog, erstarrte sie. Ein paar Meter entfernt baumelte ein Boxsack von der Decke. Sie ging ein paar Schritte darauf zu.
    Oh Gott, nein. Es war kein Sack, sondern ein Mensch, der kopfüber an einem Querbalken aufgehängt war.
    Lilly?
    Nein, dafür war die Gestalt zu groß.
    Als Michelle sicher war, dass sie niemand hinterrücks anfallen würde, ging sie auf den Hängenden zu, der gut zwei Meter über ihr leicht hin- und herbaumelte.
    Der Lichtkegel des Handys verharrte über einer Blutlache.
    Michelle hatte Mühe, ihre Hand ruhig zu halten. Hing hier ein Toter? Oder etwas, das schon sehr bald tot war? »Hallo?«, rief sie dumpf.
    Keine Reaktion.
    Sie trat an ihn heran und schaute nach oben. Schwarzes Blut tropfte an ihr vorbei, sammelte sich in der Lache zu ihren Füßen.
    Es war ein Mann, so viel konnte sie sagen. Eine Kette war um seine Füße geschlungen und links an einem der Pfeiler festgemacht.
    So schnell es ihre Hände zuließen, löste sie die Kette. Das plötzliche Gewicht jedoch riss sie ihr aus der Hand.
    Der Hängende stürzte dem Beton entgegen. Michelle spürte jedes einzelne Kettenglied durch ihre Hände gleiten. Winzige Metallgrate schnitten ihr in die Haut. Sie packte fester zu, und mit einem Ruck, der sie fast von den Füßen riss, bremste sie den Fall des Mannes.
    Ihre Muskeln ächzten, als sie ihn Stück für Stück zu Boden gleiten ließ.
    Dann gab es erneut einen Ruck. Michelle zerrte an der Kette, rüttelte an ihr, doch es half nichts. Sie saß fest.
    Der Mann baumelte noch immer ein paar Zentimeter über dem Boden.
    Sie kniete sich zu ihm, drehte ihn herum und schrak zurück.
    Das Gesicht. Es war – nein! Das war unmöglich.
    Sie presste eine Hand vor den Mund. Der Schrei, der durch ihre Kehle wollte, erstickte kläglich. Was blieb, war ein Gurgeln. Verzweifelt und unmenschlich.
    Maik! Es war Maik.
    Auf seiner Stirn war eine Platzwunde, die schlimm aussah. Sein Kopf war dunkelrot und leicht geschwollen.
    Michelle hielt ihr Ohr an seinen Mund. Erleichterung durchflutete sie, als schwemmte eiskaltes Wasser über glühenden Wüstenboden.
    Er lebte.
    Seine Atmung war schwach, aber sie war da. Das war das Wichtigste. Offenbar war sie schneller hier gewesen, als Tom gedacht hatte.
    Maik öffnete die Augen. »Michelle. Schön, dass du da bist.« Er versuchte ein Lächeln, was schrecklich misslang.
    Sie tastete nach seiner Hand und drückte sie. Hätte sie das hier verhindern können, wenn sie rechtzeitig der Polizei Bescheid gegeben hätte? Ihre Schuld wuchs und wuchs. Ihr entglitt die Kontrolle, falls sie sie jemals hatte.
    »Michelle!«
    »Sch! Nicht sprechen. Ich werde Hilfe holen.«
    »Schon gut«, hauchte er schwach, »mir geht’s gut. Ich habe nur fürchterliche Kopfschmerzen. Versuch einfach, die Ketten zu lösen.«
    Michelle nickte und stand auf. Sie hantierte an den Ketten herum, die um seine Füße geschlungen waren. Mehrere Bügelschlösser sorgten dafür, dass sich an der Situation nichts änderte.
    Michelle kniete sich wieder hin. »Nichts zu machen, sie sitzen bombenfest.«
    »Kein Problem. Das sind nur Ketten. Die bekommen wir schon gelöst. Wie hast du mich gefunden?«
    Michelle biss die Zähne zusammen und versuchte, Maiks Kopf ein wenig hoch zu halten. »Das kann ich dir nicht sagen.«
    Aber es hat jetzt ein Ende.
Sie musste diese Sache der Polizei überlassen. Es wuchs ihr über den Kopf. »Wie hat Tom dich so überraschen können?«
    Maik grunzte. »Ich habe

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