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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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noch zurückhalten. Wie ein hungriger Tiger lauerte sie, die Zähne gebleckt, geifernd und zum Sprung bereit. Nur eine falsche Bewegung, ein falsches Wort. »Das kann ich nicht«, sagte sie. »Nur durch mich bleibt Lilly am Leben. Ich bin die Einzige, die ihr helfen kann.«
    »Durch Sie wird sie gefährdet. Ich bin nicht hergekommen, um Sie zu bitten. Ich bin hier, um Sie aus dem Spiel zu nehmen.«
    »Begehen Sie nicht den Fehler, mir zu drohen.«
    Mit zwei Schritten umrundete er den Tisch. Er packte sie an der Schulter und drehte sie zu sich. »Sie wissen gar nicht, was eine Drohung ist. Die Leute, mit denen Sie sich eingelassen haben, machen keinen Spaß.« Bendlin ging auf den Flur und kam mit ihrer Handtasche zurück. »Los, wir gehen.«
    Michelle schüttelte den Kopf. »Das werde ich nicht.« Sie riss ihm die Tasche aus der Hand. »Wie wollen Sie Lilly denn finden? Sie haben gar nichts.«
    »Doch«, er griff in seine Hosentasche und zog ein Paar Handschellen heraus. »Ich habe die Absicht, Ihnen zu helfen.«
    Michelles Augen weiteten sich. »Aber nicht so!« Ohne weiter nachzudenken, packte sie den Taser und drückte dem überraschten Bendlin die Elektroden in den Nacken.
    Es knatterte ein paar Mal, sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, und er ging zuckend mit einem gurgelnden Laut zu Boden. Scheppernd fielen die Handschellen neben ihn.
    Als Michelle das Haus verließ, krümmte er sich noch unkontrolliert, dann fiel die Tür ins Schloss.

[home]
    Kapitel 30
    F unkelnde Sterne flimmerten um Lillian herum. Ein buntes Universum aus Partikeln. Die Welt bestand aus Sternchen.
    Und aus Schmerz.
    »Widersetzt du dich mir noch einmal«, mit erhobener Hand stand Tommi vor ihr, »setzt es noch einen. Klar?«
    Sie rieb sich die Wange und nickte kurz. Ihr Kopf dröhnte, und der Blick war verschwommen. Sie wollte weinen, tat es aber nicht. Seinetwegen. Nie wieder würde sie weinen. Nicht vor ihm. Nicht vor diesem Tier.
    Vor ihr lagen Fotos verstreut, gesprenkelt mit roten Tupfen.
    Ein Baseballschläger schob sich in ihr Blickfeld. Tommi grinste. Seine linke Wange schien zu glühen, so rot war sie. »Und jetzt, mein Schatz, wärst du so nett und würdest das hier für mich säubern? Bitte!«
    Lillian schluckte. Auch der Baseballschläger war gesprenkelt. Nur war er nicht ausschließlich rot. Eine zähe Masse klebte daran und Splitter, spitz wie Glas.
    Doch es war etwas anderes, das wusste sie. Zögernd nahm sie den Schläger, stand auf und ging ins Bad.
    Tommi folgte ihr, achtete darauf, dass sie mit dem Schläger nirgendwo anstieß. Nicht noch mehr Dreck. Er öffnete den Wasserhahn, und sie hielt das Holz darunter. Als er sicher war, dass sie ihre Arbeit ordentlich machte, ging er zurück ins Wohnzimmer, wo diese Fotos auf dem Boden lagen.
    Fotos von seinem Kunstwerk.
    Seinem Schmetterling.
    Daneben, als hätte er die Szene eigenhändig inszeniert, lag dieser Reporter.
    Was bildete sich dieser Mistkerl ein? Kommt hierher und stellt Fragen.
    Tommi bückte sich und hob eines der Fotos auf, die Öhl ihm gezeigt hatte. Der Blickwinkel war etwas ungünstig. Es war zu viel vom Gestänge des Gasometers zu sehen. Offenbar durften Reporter nicht nahe genug an einen Tatort heran. Dennoch war das Foto bezaubernd.
    Sein Schmetterling.
    So schön.
    Die Flügel ausgestreckt, als wollte er fliegen. Die Farben glühten im Licht der Sonne. So lebendig wirkte er, und war doch so tot!
    Sobald das Ritual beendet war, würde es richtig losgehen. Tommi spürte ein Kribbeln auf der Haut. Er spürte, wie das Leben in ihn hineinkroch, jede Zelle ausfüllte, jede Synapse elektrisierte.
    Nur was tot ist, kann lebendig werden.
    Er lächelte. Alles lief so gut. Bald war es geschafft.
    »Tommi?«, rief Lillian. »Was machst du jetzt mit ihm?« Sie stand in der Tür und blickte ihn mit einer unschuldigen Miene an.
    Ihr T-Shirt war blutverschmiert und feucht.
Was für ein hübsches Mädchen
, dachte Tommi, und sein Herz schlug schneller.
    »Was denkst du denn, was ich mit ihm machen soll?«
    »Hm«, machte sie, stellte sich neben die Leiche und massierte ihr Kinn. Ihr Blick verriet, dass ihr nicht wohl in der Haut war. Sie spielte ihm etwas vor. »Hier ist nicht der Ort für so was da.« Sie deutete runter. »Du solltest ihn wegbringen. Von einer Autobahnbrücke werfen. Dann glaubt jeder, es war ein Unfall.«
    Ein Lächeln huschte über Tommis Gesicht. Sie war so unschuldig, die Kleine.
    Und so gerissen. Dennoch war sie ein Kind, das noch viel lernen

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