Papa
bin – schon für dich getan. Das Gerät hält man dem Schlachtvieh an die Stirn. Auf Knopfdruck schießt der Bolzen heraus und penetriert das Hirn. Das ist ein netterer Ausdruck für: Er durchschlägt die Stirn und zerfetzt die Grütze, die bei den meisten Menschen zwischen den Ohren herumwabert. Das Schlachtvieh ist betäubt. Ja, ganz recht, es ist betäubt.
Das hört sich jetzt zugegebenermaßen etwas irreführend an. Denn das Vieh ist zwar noch am Leben, aber aufwachen wird es nicht mehr. Deshalb sollte man es noch ausbluten lassen. Nur um sicherzugehen. Aber darum musst du dich nicht kümmern.«
In Michelles Ohren rauschte es. Das konnte unmöglich sein Ernst sein.
»Gut, jetzt, wo du weißt, wie es funktioniert, kommen wir zu
deinem
Part.« Er kicherte. »Entschuldige, ich musste gerade daran denken, was du gesagt hast«, er äffte sie nach, »
er ist am Leben, Tom. Dein Plan hat nicht funktioniert, Tom. Haha, die Rettungskräfte sind hierher unterwegs.
Köstlich. Nun, um auf meinen Plan zurückzukommen: Halte bitte diesem sündigen Polizisten das Bolzenschussgerät mit dem
roten
Klebeband zwischen die Augen – da solltest du präzise sein, und du solltest es gut anpressen, damit es gleich beim ersten Mal funktioniert. Und dann tu mir den Gefallen und drücke ab. Wärst du so gut?«
Michelle starrte vor sich hin. Das konnte er nicht verlangen.
»Oh«, fügte er noch hinzu, »nur für den Fall, dass du zögern oder gar meine Anweisungen vollständig ignorieren solltest, möchte ich eines klarstellen: So angenehm wie Maik wird es deinem Mädchen nicht ergehen. Und falls du mich reinlegen willst, diese Halle wird videoüberwacht. Ich sehe dich, Liebling. Wink doch mal.«
»Warum tust du das?«, hauchte Michelle ins Telefon. Sie bekam kaum genug Luft, um zu sprechen. »Du kannst uns doch unmöglich so sehr hassen?«
In der Leitung wurde es still. Dann, nach einer Weile, meldete er sich wieder. »Es geht nicht um Hass. Es geht darum, dass du etwas lernst. Du hast jederzeit die freie Wahl, nicht wahr? Geh zur Polizei, und du bist raus aus dem Spiel. Dann allerdings kannst du das Ende nicht mehr beeinflussen. Und das willst du doch?«
Ja, das will ich verdammt. Lilly ist alles, was zählt.
Ihr darf nichts passieren. Ohne sie gäbe es auf dieser Welt nichts mehr, was von Bedeutung wäre
. Sie dachte an den Moment, als sie ihr Baby das erste Mal im Arm gewiegt hatte. An die klaren blauen Augen, die so hilflos zu ihr aufschauten. An die zarte Haut und das kleine Händchen des Babys, das Michelles Finger hielt, als wollte es sagen: Mama, bleib bei mir. Lass mich niemals allein.
Niemals.
Nichts konnte sich zwischen eine Mutter und ihre Tochter drängen.
Michelle spürte ihren Körper kaum noch. Es war, als sähe sie sich von außen.
Ihre Finger packten das Bolzenschussgerät mit dem roten Klebeband, und ihre Füße brachten sie zurück zu Maik. Sie ging in die Knie.
Maik starrte auf das Werkzeug in Michelles Hand. »Was zum Teufel ist das? Wer war das am Telefon? Was hast du vor?«
Wie sollte sie auf diese Fragen antworten?
»Michelle, beeile dich bitte«, quäkte es aus dem Handy.
»Verdammt, was machst du? Michelle!« Maik warf sich hin und her, drehte sich, bis sie ihn packte und stillhielt. »Michelle, nein!«, flehte er. Seine Augen waren weit aufgerissen. »Michelle, ich liebe dich noch immer. Ich wünschte, Lilly, du und ich würden noch eine Chance bekommen. Von vorn anfangen. Ich vermisse euch so. Und ich habe so versagt. In allem.«
Michelle dachte an den Tag, als er Lilly abgeholt hatte. Daran, wie glücklich ihre Tochter gewesen war. Und jetzt musste sie Lillys Vater töten. Wie würde sie ihr jemals wieder in die Augen sehen können?
Oh Gott, vergib mir. Rette mich aus dieser Situation. Gib mir ein Wunder. Nur dieses eine Mal. Bitte! Wenn jetzt die Polizei käme, könnte Tom mir das nicht ankreiden. Dann könnte er es nicht an Lilly auslassen. Oh Gott, bitte!
Doch es kam kein Wunder, und tief in ihrem Verstand, der sich weiter und weiter zurückzog, wusste Michelle, dass auch keins kommen würde.
»Michelle, wir kriegen diesen Kerl. Mach jetzt keine Dummheiten, hörst du? Leg das Bolzengerät bitte auf den Boden. Er wird Lilly nichts antun. Sie ist seine Stieftochter, Herrgott. Er war ihr mehr ein Vater als ich. Tu nicht, was er sagt.«
Michelle hielt Maiks Kopf fest in ihrem Schoß und drückte ihm das Bolzenschussgerät an die Stirn.
»Nein! Nein, Michelle!«
»Ich gebe dir noch
Weitere Kostenlose Bücher