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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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handeln sollte, und ich glaube auch nicht, dass er sich darüber Gedanken machte. Mein Bruder fand die Storys.
    Ward sagte, er sei in ein paar Tagen zurück.
    Sie waren im Büro, Ward, Yardley und der Sonntagsredakteur. Ich stand draußen, einen Postkorb oder etwas Ähnliches in der Hand, und wollte schon an der Tür vorbeigehen, als ich Yardley Acheman hörte: »Vielleicht sollte ich nach Daytona fahren«, sagte er, »und sehen, was sich dort auftreiben lässt.«
    Und er hatte dabei weder Rasen noch Bauunternehmer im Sinn.
    »Wie du willst«, sagte Ward.
    AN DIESEM ABEND warfen wir nach der Arbeit Klamotten für einige Tage hinten in den Ford und machten uns auf den Weg nach Moat County. Er hatte sich Urlaub genommen.
    Selbst abends war es noch heiß, und wir fuhren mit heruntergekurbelten Fenstern. Die Mücken waren hart wie Kieselsteine, wenn sie gegen meinen Arm prallten.
    »Ich glaube, wir sollten lieber nicht in Lately übernachten«, sagte ich.
    Er zuckte die Achseln. »Wir könnten zu Hause wohnen.«
    »Ich glaube, da sollten wir auch nicht bleiben«, sagte ich. »Sie könnten nackt in der Küche stehen.«
    Er dachte darüber nach, und damit war das Gespräch beendet. Ihm war es egal, wie er empfangen wurde. Ihm war es auch egal, wo wir wohnten. Wenn wir im Wagen hätten übernachten müssen, hätte er auch nichts dagegen gehabt.
    »Ich frage mich nur, ob sie ihn geheiratet hat«, sagte er später und meinte offenbar Charlotte. Wir hielten an einer nachts geöffneten Tankstelle, kauften uns ein Sixpack Bier, und nach dem ersten Schluck schien er sich zu entspannen.
    »Sie wollte uns eine Einladung schicken«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich denkt sie jetzt anders über die ganze Sache«, meinte er.
    Ich stellte mir vor, wie sie in den Sümpfen lebte und mit ihrem Löffel darauf wartete, dass die Männer mit dem Eis fertig waren. Ich nahm nicht an, dass sie lange mit Hillary Van Wetter verheiratet sein würde. Ich nahm aber an, dass diese Erfahrung sie auf alle Zeit von ihren Mördern kurieren würde.

WIR KAMEN MIT DEM BOOT und hatten anders als beim letzten Mal keine Mühe, die Stelle zu finden. Ohne Yardley Acheman schien alles in meinem Leben leichter zu gehen. Der alte Mann, Tyree, war im Hof, ein dünnes Messer mit schwarzem Griff in der Hand, und bearbeitete einen Alligator, führte mühelos Schnitte aus und zog das Leder vom Fleisch.
    Er richtete sich auf, als er den Motor hörte, drehte sich um und starrte uns an, während ich die Fahrt verlangsamte und das Boot ans Ufer lenkte. Er gab nicht zu erkennen, dass er sich an uns erinnerte, obwohl ich nicht davon ausging, dass er genügend Gäste empfing, um sie durcheinanderbringen zu können.
    Wir waren noch einige Schritte vom Ufer entfernt, als ich den Motor abstellte und in den Fluss sprang, um das Boot an Land zu ziehen. Der alte Mann wandte sich wieder dem Alligator zu, setzte dem Tier das Messer an die Kehle und schlitzte es bis zu den Hinterläufen auf.
    Dann langte er unterhalb der Kehle mit der Hand in den Kadaver und fuhr nach unten, sodass die Gedärme aus dem Schlitz fielen. Als er damit fertig war, schien im Alligator unmöglich Platz für all das gewesen zu sein, was zu seinen Füßen lag.
    »Mr. Van Wetter?« fragte mein Bruder.
    Der alte Mann steckte das Messer mit der Spitze nach unten in die hintere Hosentasche, griff mit beiden Händen nach den Schnitträndern und zog sie auseinander. Die Muskeln seiner Oberarme wölbten sich unter der Haut, dann war ein Knacken zu hören, und ich konnte in den Körper des Alligators hineinsehen.
    Als der alte Mann sich wieder umdrehte, waren seine Hände blutverschmiert.
    »Ich heiße Ward James, Mr. Van Wetter«, sagte mein Bruder. »Ich war schon mal hier.«
    Er nickte kaum wahrnehmbar, und irgendwas tropfte von seinen Fingern. »Sie haben die Geschichte in der Zeitung geschrieben«, sagte er.
    Mein Bruder nickte.
    »Tja«, sagte er, »das wollten Sie ja auch.«
    Ward und ich blieben stumm und warteten.
    Der alte Mann wartete ebenfalls.
    »Es gibt da noch einiges …«, sagte mein Bruder.
    »Hillary ist nicht mehr im Knast«, sagte der Alte, stemmte die Hände in die Hüften, und die Muskeln seiner Oberarme entspannten sich. »Wenn etwas vorbei ist, ist es vorbei. Zeitungsjungen können das nicht verstehen. Die haben uns mit dieser Story die Hölle heißgemacht, es waren sogar Leute hier, die haben nachts Fotos geschossen.«
    Aus dem Haus war ein Geräusch zu hören, und ein kleiner, kugelköpfiger

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