Paperboy
verschwunden, als ich das Boot hörte. Ward und ich standen auf, gingen auf den Hinterhof und sahen zu, wie es über die Bucht auf uns zuhielt, ein kleines Anglerboot aus Aluminium mit einem uralten Johnson-Motor. Zwei Männer saßen darin, der eine etwa so alt wie mein Vater, der andere jünger, vielleicht sein Sohn. Beide waren blond, und es schien sie nicht zu überraschen, uns am Rand ihres Grundstücks stehen zu sehen.
Der Mann im Bug, der Jüngere, stand auf, als das Boot sich dem Ufer näherte, eine Coleman-Kühltasche in der Hand, und sprang an Land. Das Boot schaukelte heftig, der alte Mann saß neben dem Motor und wartete, während der jüngere die Kühltasche absetzte und das Boot zum Steg zog. Die Arme des Jüngeren waren lang und muskulös, Arme, wie man sie von harter Arbeit oder vom Schwimmen bekommt.
Der Alte zog den Motor aus dem Wasser, zeigte dabei seine ebenso muskulösen Arme und stieg aus.
Mein Bruder stand reglos da und wartete darauf, dass einer von ihnen zu sprechen begann. Der Jüngere band das Boot an einem Baumstumpf fest, nahm die Kühltasche und ging an uns vorbei zum Haus. Er hatte es fast erreicht, als die Hintertür geöffnet wurde und eine blasse Frau im Türspalt erschien. Flüsternd begann sie, auf ihn einzureden. Er nickte, gab aber keine Antwort, drängte sich an ihr vorbei und verschwand im Innern.
Der Alte steckte die Hände in die Hintertaschen seiner Hose und ging auf meinen Bruder zu. Er war breiter als der jüngere Mann, aber nicht so kräftig gebaut und nicht so groß. Vor Ward blieb er stehen und begutachtete ihn wie ein Problem. »Sie haben Ihre Schuhe verloren«, sagte er schließlich, und irgendwo hinter seinen Worten spielte ein Lächeln.
Ward nickte und sah zu der Stelle, an der wir an Land gegangen waren. »Stimmt«, sagte er.
»Hier gibt’s überall Schlangen, Sie können von Glück reden, dass Ihnen nichts passiert ist«, fuhr der Alte fort. Er wirkte gutmütig und betrachtete mich einen Moment lang, als wolle er sehen, ob ich Angst vor Schlangen hatte. Dann drehte er sich wieder zum Boot um und zog eine volle Tasche mit Lebensmitteln heraus. Eine Tüte Kartoffelchips lag obenauf. Bartstoppeln zogen sich wie ein grauer Schatten über sein Kinn und ließen ihn im schwindenden Licht ein wenig unscharf aussehen.
»Mr. Van Wetter?« fragte Ward.
Der alte Mann nickte.
»Ich heiße Ward James, ich bin von der
Miami Times
…«
Der alte Mann ging mit schwerem Schritt die Böschung hinauf zum Haus. Mein Bruder folgte ihm in einigen Metern Abstand. »Ich wollte mit Ihnen über Ihren Neffen reden.«
Der alte Mann blieb vor der Tür stehen. »Und welcher Neffe sollte das sein?« fragte er.
»Hillary«, sagte mein Bruder.
Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Da sind Sie umsonst durch all die Schlangen gelaufen«, sagte er. »Hillary ist nicht mein Neffe. Er gehört zu einem anderen Zweig der Familie.« Ein Augenblick verging.
»Welcher Zweig ist das?« fragte Ward.
Der alte Mann kratzte sich am Schädel, die Lebensmittel noch immer in der Hand. »Fragen Sie doch mal Eugene dort drüben, er ist Hillarys ältester Cousin.« Er nickte zum Haus hinüber.
Mein Bruder schaute auf das Haus und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. »Seit seiner zweiten Ehe«, erklärte der alte Mann, »gehört Eugene zu beiden Seiten der Familie. Er kommt gleich wieder, wir müssen ein bisschen Eis essen.«
Wir gingen wieder vor das Haus, setzten uns beide auf die Veranda und warteten. Aus dem Haus waren Geräusche zu hören, ein Baby weinte. Die Sonne sank tiefer hinter die Bäume und warf Schatten über das Haus. Speichel hing in den Mundwinkeln meines Bruders. Wir hatten schon lange nichts mehr getrunken.
Er starrte in die Baumwipfel und hing seinen Gedanken über das Haus und seine Bewohner nach.
Eine halbe Stunde war vergangen, als sich die Tür wieder öffnete und der alte Mann mit einer Zweiliterpackung Winn-Dixie-Vanilleeis zurückkam. Der Mann, den er Eugene genannt hatte, folgte ihm einen Augenblick später, in der Hemdtasche einen Löffel. Nachdem sie es sich beide auf dem Boden bequem gemacht hatten und mit dem Rücken an den Zementsockeln lehnten, auf denen das Haus ruhte, öffnete der alte Mann langsam den Deckel der Eispackung und sah zu Eugene hinüber, nachdem er alle vier Deckblätter abgezogen hatte und der Inhalt zu sehen war.
Es war eine Art Zeremonie.
Der alte Mann griff in seine Hosentasche und zog einen Löffel hervor. Er betrachtete ihn einen
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