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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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stummer Wut die Treppe zum Büro hoch.
    Kurz nach elf tauchte ihr Lieferwagen unter dem Fenster auf. Die Beifahrertür öffnete sich zuerst. Yardley kam heraus und wartete mit einem Bier in der Hand auf Charlotte, die um den Wagen herumging. Ich musterte sie sorgsam, suchte nach einem Anzeichen dafür, dass sie sich selbst verachtete. Als sie ihm so nah war, dass er sie berühren konnte, legte er ihr eine Hand auf den Rücken, ließ sie einen Augenblick dort ruhen und tätschelte dann ihren Hintern, während sie an ihm vorbei zur Haustür ging. Sie brauchten ziemlich lange, bis sie oben waren.
    Ich schaute sie nicht an, als sie eintraten, und Ward starrte auf die Papiere auf seinem Tisch. Sie kamen herein und blieben stehen.
    »Oje«, sagte Yardley, »ich glaube, Mama und Papa haben auf uns gewartet.« Charlotte lachte, aber sie klang nervös. Yardley leerte das Bier in seiner Hand, ging zum Kühlschrank und nahm sich ein neues.
    »Bist du sicher, dass du keins willst?« fragte er Charlotte. »Nichts schmeckt so gut wie ein Bier am Morgen, lang bevor man den ersten Schluck trinken sollte.«
    »Danke, ich habe, was ich brauche«, sagte sie, und mir war es egal, wie sie es sagte. Sie dachte nicht an eine Dose Bier, wenn sie sagte, dass ihr nichts fehlte.
    Yardley Acheman ging auf seine Seite des Büros und setzte sich. Er lehnte sich zurück, stellte sich das Bier auf den Bauch und legte die Füße auf den Tisch. Er sah meinen Bruder an und rülpste. Ward schaute nicht auf. Charlotte ging ans Fenster, beugte sich in mein Blickfeld und sagte: »Guten Morgen!«
    Ich meinte, Yardley Acheman an ihr riechen zu können.
    »Guten Morgen«, erwiderte ich und versuchte, ihr nicht zu vergeben.
    »Ich habe noch einmal nachgedacht«, sagte Yardley zu meinem Bruder. »Vielleicht sollte ich doch noch einmal versuchen, diesen Bauunternehmer aufzutreiben, dem sie den Rasen verkauft haben.« Er sah Charlotte an, und ich ahnte, dass die beiden sich das überlegt hatten, ehe sie ins Büro gekommen waren.
    »Wir könnten wieder nach Daytona fahren und ein paar Tage lang die Türklinken putzen.«
    Ward nickte, gab aber keine Antwort. Yardley Acheman fuhr fort: »Wahrscheinlich kommt nichts dabei raus, aber hier können wir auch nichts anfangen.«
    Wieder wechselten sie einen Blick, Charlotte schien sich ein Lachen zu verkneifen. Mein Bruder war rot geworden, als wäre er verlegen.
    »Ich dachte, wir sollten vielleicht heute schon fahren.«
    ALS SIE AM SPÄTEN NACHMITTAG fort waren, rief Yardleys Verlobte an. Ward war auf der Toilette im Erdgeschoss, und ich griff erst zum Hörer, als das Klingeln des Telefons endlich zu mir durchdrang.
    Ich erzählte ihr, dass Yardley geschäftlich in Daytona Beach sei. Sie sagte, er sei doch gerade erst geschäftlich in Daytona gewesen. »Wahrscheinlich war er mit seiner Arbeit noch nicht fertig«, erwiderte ich und gab ihr die Nummer des Motels, die Yardley in dem Notizblock auf seinem Schreibtisch vermerkt hatte, als er die Reservierung aufgab.
    Sie notierte sich die Nummer und las sie mir zweimal vor, um sich zu vergewissern, dass sie die Zahlen richtig aufgeschrieben hatte. »Ich weiß ja, dass er ein großer Journalist ist«, sagte sie, »aber manchmal wäre es mir lieber, er wäre nicht so versessen auf seine Arbeit.«
    CHARLOTTE UND YARDLEY ACHEMAN blieben vier Tage in Daytona Beach. Sie nahmen sich getrennte Zimmer in einem Strandmotel, aber Yardley war nie auf seinem Zimmer, wenn seine Verlobte anrief, nicht mal nachts. Morgens rief sie mich dann an, um sich versichern zu lassen, dass seine Arbeit nicht gefährlich war.
    Ich fragte mich, was er ihr erzählte.
    WARD UND ICH gingen zum Büro des Sheriffs, das sich im zweiten Stock des Gerichtsgebäudes befand. Die Zellen lagen im Keller, einige von ihnen waren mit vergitterten Fenstern versehen, aus denen man in Höhe der Grasnarbe auf die Stadt Lately blickte.
    Wir waren bereits einmal dort gewesen, um das Protokoll von Hillarys Verhaftung einzusehen, und wussten, was uns erwartete. Die Deputies sprachen mit niemandem, der von der
Miami Times
kam, sie kannten die liberale Ausrichtung der Zeitung. Alle Anfragen wurden deshalb an den Reviersprecher weitergeleitet, einen lächelnden, weißhaarigen Mann namens Sam Ellison, der früher selbst einmal Sheriff gewesen war.
    Mr. Ellison hatte sich vom aktiven Dienst zurückgezogen und arbeitete nun von Dienstag bis Freitag, obwohl ein Reviersprecher wohl kaum so oft benötigt wurde. Als er feststellen

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