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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Titte, und bald darfst du sie überhaupt nicht mehr anfassen.«
    Er sah wieder auf und lächelte.
    »Kann ich mit jemandem reden, der dabei gewesen ist?« fragte Ward.
    »Sie können reden, mit wem Sie wollen, solange man mit Ihnen reden will«, sagte er. »Aber wenn Sie über Mr. Van Wetter reden wollen, vergessen Sie nicht, wie es ist, wenn man die Titte der eigenen Frau nicht mehr in der Hand halten kann.« Er schwieg einen Moment und sagte dann: »Ach, richtig, Sie sind ja nicht verheiratet.« Er schien ihn auf den Arm nehmen zu wollen.
    Von Mr. Ellisons Büro gingen wir zum Bereitschaftszimmer, begegneten auf dem Flur zwei Hilfssheriffs und standen schließlich vor einer streitlustigen, übergewichtigen Frau, die an ihrem Schreibtisch eine Ausgabe der Zeitschrift
Motor Trend
las und an ihrer Bluse ein Schildchen mit dem Namen »Patty« trug. Neben ihrem Tisch befand sich eine Schwingtür, kaum hüfthoch, mit einer Warnung, die jedem den Eintritt verbot, der nicht im Sheriffbüro angestellt war.
    Lange blieben mein Bruder und ich vor ihr stehen und warteten darauf, von ihr wahrgenommen zu werden. Als sie es schließlich tat, sah sie auf, lächelte aber nicht und sagte kein Wort. Sie wartete nur. »Ich heiße Ward James«, sagte mein Bruder. »Ich habe mit Mr. Ellison gesprochen, und der hat mir geraten, mich an Sie zu wenden.«
    Sie schaute uns noch eine Weile an und blickte dann wieder in ihre Zeitschrift. Keine zehn Meter hinter ihr beugte sich ein Deputy über seinen Schreibtisch, um zu sehen, wie sie uns auflaufen ließ. Der Deputy lächelte.
    »Entschuldigung«, sagte Ward, und wieder hob sie ihren Blick. »Ich hätte gern mit einem der folgenden Hilfssheriffs gesprochen ...« Er nahm einen Stift aus seiner Tasche und schrieb die Namen von fünf Deputies auf, die in der Nacht von Hillary Van Wetters Verhaftung in dessen Haus gewesen waren. Er schob den Zettel über den Tisch. Sie warf einen kurzen Blick darauf, sah uns an, nahm den Zettel und warf ihn in den Papierkorb.
    Hinter ihr lachte jemand. Sie vertiefte sich wieder in ihre Lektüre. Sie wusste, dass ihre Vorstellung aufmerksam verfolgt wurde.
    Ich wandte mich ab, wollte aus dem Zimmer verschwinden, aber Ward blieb, wo er war. Sie vertiefte sich in die
Motor Trend
, er wartete. Minuten vergingen, und sie griff nach ihrer Handtasche, holte eine Schachtel Zigaretten heraus, sah kurz zu Ward hinüber, riss ein Streichholz an und nahm sich wieder ihre Zeitschrift vor. Sie starrte schon ziemlich lange auf dieselbe Seite. Ein halbes Dutzend Deputies sah inzwischen zu, wartete darauf, wie die Sache ausgehen würde.
    Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her, wagte noch einen verstohlenen Blick und knallte dann plötzlich die Zeitschrift auf den Tisch, stand auf und ging ins Hinterzimmer. Gelächter brandete auf, dann wurde es still. Niemand kam, um ihren Platz einzunehmen, alle Deputies schienen wieder dorthin verschwunden zu sein, wo sie vorher gewesen waren.
    »Wollen wir hier einfach stehen bleiben?« fragte ich.
    Ward gab keine Antwort.
    »Die werden nicht mit uns reden«, sagte ich. Und er nickte. Rührte sich aber nicht vom Fleck.
    Etwa eine Viertelstunde später kehrte die Frau zurück. Es schien sie nicht zu überraschen, dass wir immer noch vor ihrem Tisch standen. »Gibt es noch etwas?« fragte sie.
    Mein Bruder langte über ihren Tisch zu einem Papierstapel, nahm sich einen Zettel und schrieb noch einmal dieselben Namen auf. Ohne ein Wort schob er ihr den Zettel zu. Sie warf einen Blick darauf, dann auf meinen Bruder.
    »Sie sind etwas langsam von Begriff, stimmt’s?« fragte sie mit besorgter Stimme und warf den Zettel in den Papierkorb. Dann schaute sie mich an, als hoffe sie, ich wäre ein wenig aufgeweckter, und sagte: »Ich kann den ganzen Tag so weitermachen.«
    Konnte sie nicht. Ein oder zwei Minuten später stand sie auf und ging wieder ins Hinterzimmer. Da es keine Stühle gab, blieben wir vor ihrem Tisch stehen. Eine halbe Stunde verging, dann übernahm ein Deputy. Er nickte meinem Bruder zu und setzte sich an den Schreibtisch der Frau.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte er.
    Mein Bruder beugte sich über die Absperrung, griff in den Papierkorb und zog einen der Zettel heraus. Er legte ihn vor dem Deputy auf den Tisch. »Ich würde gern mit diesen Männern sprechen«, sagte er.
    Der Deputy sah sich einen Moment lang die Liste an und schüttelte dann langsam den Kopf. »Diese Polizisten haben im Augenblick keine Zeit, Sir«, sagte

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