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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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Dinge nur noch komplizierter machen.«
    Als ob sie die Art von Frau wäre, der Komplikationen etwas ausmachten.
    »Ich habe gehört, dass er schlimm verletzt wurde«, sagte sie eine Weile später und sprach von meinem Bruder.
    »Er ist jetzt wieder in Miami.«
    »Hat er an der Story gearbeitet?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich wurde einmal verletzt, als ich an einer Story gearbeitet habe«, sagte sie. »Das ist kein Spaß.« Ich fragte sie nicht, wie sie verletzt worden war, da ich nicht wollte, dass wir wieder auf Ward zu sprechen kamen. Sie nahm einen tiefen Schluck und stellte dann die leere Bierflasche neben sich. »Ist oben eine Toilette?«
    »Auf der rechten Seite«, sagte ich. Sie war oben, als mir einfiel, dass mein Zimmer auf derselben Flurseite lag. Ich hörte, wie ihre Schritte anhielten, eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde, und wie sie dann weiter den Flur hinunterging. Ich fragte mich, ob sie meine Modelle gesehen hatte.
    SIE HOLTE SICH NOCH EIN BIER aus der Küche und brachte mir eins mit, setzte sich, und zwischen uns herrschte eine gewisse Vertrautheit, die vorher nicht da gewesen war.
    »Ich wurde in den Arsch gefickt«, sagte sie. Einfach so.
    Einen Moment lang hatte ich die Laken aus dem Zimmer vor Augen, in dem ich Ward gefunden hatte, zerwühlt, halb auf dem Boden liegend, noch feucht von seinem Blut.
    »Das ist kein Spaß«, sagte sie.
    »Nein, glaube ich auch nicht.«
    »Zwei Betrunkene.« Und eine Weile sagte sie nichts mehr. Jemand lachte auf der Veranda, einer von den Reportern meines Vaters. Ich hörte mich fragen, ob man die Kerle geschnappt hatte. Dasselbe hatte mein Vater im Krankenhaus gefragt, als er nicht wusste, was er sagen sollte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Sie haben sie laufen lassen«, sagte sie. Ich beugte mich vor und versuchte, nicht wieder wie mein Vater zu klingen.
    »Sie sind nett«, sagte sie ein wenig später. »Die meisten Typen wollen alle Einzelheiten hören. Das geilt sie auf.«
    Ich blieb stumm.
    »Die Typen, die es getan haben, sind tot, das macht es kompliziert. Ich weiß, wer sie waren. Die meisten Vergewaltigungsopfer kennen ihre Angreifer, wussten Sie das?«
    Ich schüttelte den Kopf. Sie sagte: »Das macht die Dinge kompliziert. Ich meine, da hasst man wen, und dann sind sie tot, und wie fühlt man sich dann?«
    Ich wusste es nicht. »Wie sind sie gestorben?« fragte ich.
    Sie zuckte die Achseln. »Zu schnell.«
    »Klingt nicht allzu kompliziert«, sagte ich.
    »Das weiß man nie, bis es einem selbst passiert.«
    Ich sah wieder zur Uhr in der Küche, trank mein Bier und stand auf. Sie schaute von unten zu mir hoch und konnte aus dem Blickwinkel kaum übersehen, dass mein Schwanz vorstand wie eine offene Wagentür. Sie lächelte.
    »Sie hätten fragen können, wenn Sie mehr darüber wissen wollen«, sagte sie. »Ich schäme mich nicht.«
    »Ich will nicht mehr darüber wissen.«
    »Es passierte während der Arbeit, deswegen bin ich darauf gekommen. In gewisser Weise war es wie bei Ihrem Bruder.« Ich schaute die Treppe hinauf und dann wieder zu ihr hinab, bemerkte die Form ihrer Schenkel unter den gerafften Falten in ihrem Schoß.
    »Sie taten es gemeinsam«, sagte sie, und ich setzte mich wieder. Einen Moment schien sie den Faden verloren zu haben. Ich merkte, dass sie betrunkener war, als ich angenommen hatte, und überlegte, ob sie wie der Freund meines Vaters war, der nach sechs Monaten untadeligen Verhaltens eines Abends versucht hatte, auf einem Fest alle Juden umzubringen.
    Ob mein Vater diese Leute mit einer bestimmten Absicht eingeladen hatte? »Scheiß drauf«, sagte sie und lehnte sich auf den Stufen zurück, bis die Bluse sich um ihre Brüste spannte. Sie starrte an die Decke, dann schloss sie die Augen. »Wie alt sind Sie?« fragte sie.
    »Zwanzig.«
    Sie runzelte die Stirn. »Zu blöd«, sagte sie. Und dann: »Ich bin einundvierzig.«
    »Das ist nicht alt«, sagte ich, als ob ich irgendwas darüber wüsste. »Sie sehen nicht so alt aus.«
    Sie öffnete die Augen und trank aus der Flasche. Bier lief ihr übers Kinn, sie wischte es mit dem Handrücken fort. »Nächste Woche. Einundvierzig«, sagte sie, »und wissen Sie, was ich mir zum Geburtstag wünsche?«
    »Schwimmstunden«, sagte ich. Warum, weiß ich nach all diesen Jahren immer noch nicht.
    Sie lachte laut und sah mich an. »Ich will einen sechzehnjährigen Jungen für die ganze Nacht«, sagte sie. »Vor vier Jahren wärst du genau der Richtige gewesen.«
    Ich starrte sie an und

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