Paperboy
der Zeitung meines Vaters, ebenso Woolworth, die Bäckerei
Pie Rite
und alle drei Maklerbüros, die es im County gab. Auf der einen Seite sollten diese Maßnahmen Solidarität mit den Ansichten ihrer Kunden ausdrücken, andererseits waren sie durchaus persönlich gemeint. Leute, die zuvor mit dem politischen Kurs meines Vaters nicht einverstanden waren, hegten nun einen persönlichen Groll gegen ihn. Überall im County machte sich eine Abneigung gegen meinen Vater breit, die auch dann noch anhalten sollte, als die Anzeigenkunden längst zurückgekehrt waren und man ihm den Artikel über Hillary Van Wetter verziehen hatte.
Die Wochen nach dem Erscheinen des Artikels in der
Times
brachte mein Vater damit zu, mit achtzig Meilen die Stunde in seinem Chrysler von Thorn nach Lately zu fahren, um ein Dutzend Lecks gleichzeitig zu stopfen. Er erklärte Leuten das Ethos des Zeitungsgeschäftes, die überhaupt kein Interesse daran hatten. Meistens hörten sie ihm höflich zu und versprachen, alles noch einmal zu überdenken.
Erschöpft und besorgt kam er jeden Abend nach Hause. Nach dem Essen saß er dann in seinem Sessel, der Stapel Zeitungen an seiner Seite blieb unberührt, er war zu müde zum Lesen. Er trank seinen Wein, nickte ein und nahm manchmal im Halbschlaf eine Pille aus seiner Hemdtasche und legte sie sich unter die Zunge. Er nahm bestimmt ein halbes Dutzend davon am Tag.
Doch er erzählte noch seine Geschichten, er erzählte sie trotz der augenfälligen Hinweise darauf, dass er aus dem Geschäft gedrängt wurde, trotz des Gefühls, dass seine Welt zerfiel.
Wenn es Zeit wurde, ins Bett zu gehen, stieg er die Treppe hinauf und zog die Füße nach, als wäre jeder Schritt ein neuer Gedanke. Manchmal seufzte er dann: »Auch dies geht vorüber«, als hätte ein Gespräch im Zimmer stattgefunden, bevor er gegangen war.
Einige Male hörte ich ihn in der Küche, wenn er mit meinem Bruder telefonierte. Pflichtanrufe, Fragen nach seiner Genesung. Das Gespräch verlief immer zäh, jedenfalls soweit ich sie mitbekam, als gäbe es nun etwas zwischen ihnen, das, einmal wahrgenommen, nicht länger ignoriert werden konnte.
Er entließ einen der drei Mitarbeiter aus der Anzeigenabteilung, einen jungen Mann namens Lauren Martin, sein bester Akquisiteur, der aber keine Familie zu versorgen hatte und leicht einen neuen Job in Orlando, Daytona Beach oder bei einer Zeitung in der Gegend um Tampa Bay finden konnte. Mein Vater äußerte seine Bedenken vor den Redakteuren und Journalisten, die er sich nach Hause zu einem Drink einlud. Er wollte ihnen zeigen, dass er kein skrupelloser Chef war.
An diesen Abenden wurde genauso viel getrunken wir früher, aber der Optimismus war verflogen. Die Party war vorbei, und die übrig gebliebenen Gäste waren tatsächlich irgendwie übrig geblieben.
Normalerweise gab ich nicht viel auf diese Abende oder auf die Leute, die eingeladen waren, fühlte mich aber vorübergehend von einer Frau namens Ellen Guthrie angezogen, die mein Vater kürzlich als Redakteurin eingestellt hatte und die allein gekommen war. Sie schien etwa in Charlottes Alter zu sein und verwandte wie Charlotte ein außerordentlich hohes Maß an Aufmerksamkeit auf ihre äußere Erscheinung. Soweit ich es beurteilen konnte, wurde sie von den übrigen Frauen in der Redaktion geschnitten. Selbst damals wusste ich allerdings schon, dass es gewisse Frauen gab, die anderen Frauen instinktiv missfielen, und dass diese Frauen unweigerlich mehr Köder am Haken hatten als jene Frauen, denen sie missfielen.
Eines Abends traf ich Ellen Guthrie, als sie allein auf der Treppe saß. Es war zehn Uhr, und sie hatte eine Flasche Bier in der Hand. Die übrigen Gäste saßen zusammen mit meinem Vater draußen auf der Veranda.
Sie betrachtete mich mit einer gewissen Neugier, die den anderen Gästen abging.
»Die Party findet draußen statt«, sagte ich, und sie lächelte, stellte die Flasche neben ihren Fuß auf die Stufe und steckte sich eine Zigarette an. Dann rückte sie ein wenig zur Seite und klopfte mit der flachen Hand auf die Stufe.
Ich setzte mich neben sie, bemerkte den Geruch ihres Shampoos, den weichen Stoff ihrer Bluse, die Konturen ihrer Brüste.
»Sie sind der Sohn, der kein Journalist ist«, sagte sie.
Ich fand es schwierig, ihr darauf eine passende Antwort zu geben.
»Irgendwie bewundere ich das«, sagte sie. »Sie sind nicht einfach ins Geschäft eingestiegen, nur weil Ihrem Vater die Zeitung gehört.«
In mir regte sich
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