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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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ganzeAuto ist abgeschlossen; Schluß mit dem ewigen Fummeln nach den Türknöpfchen aller Hintertüren. In meinem Fall wird die Zentralverriegelung allerdings von einem Schalter
im
Wagen bedient, um sicherzustellen, daß keine Leute hineinspringen und »Pimlico, und trödeln Sie nicht« rufen, während ich gerade im Stau vor mich hin summe. Diesen Schalter hatte ich neulich zu drücken vergessen.
    Ich habe weder Kosten noch Mühen gescheut, um mein Taxi echt aussehen zu lassen. Es gibt Cab-Besitzer, die ihren Wagen gelb spritzen und mit Sitzbezügen aus Hermelin, Kopfstützen aus Leder, Wiltonteppichen, Picknicktischchen aus Walnußholz und kostspieligen Stereoanlagen ausstatten. Für mich läuft das der Absicht zuwider, mit der man in London Taxi fährt, schließlich will man doch für echt gehalten werden. Augenscheinlich dürfen wirkliche Cabs ohne Blinken in den Verkehr hinausstoßen, und andere Cabs erweisen ihnen alle Höflichkeiten der Straße. Selbstverständlich würde ich mich nie so weit hinabbegeben, Busspuren zu benutzen oder auf Taxistreifen zu parken: um Himmels willen. Gute Güte, wofür halten Sie mich denn? Aber die legalen Vorteile genieße ich aus vollem Herzen.
    Alle Cabs mit vorschriftsgemäßer Lizenz haben am Rückfenster eine Plakette mit einer Nummer und dem Satz »Licensed to carry 4 passengers, Metropolitan Police«. Ich habe mir eine eigene anfertigen lassen, auf der steht »Not licensed to carry any passengers, Neapolitan Police«. Sie müssen sehr genau hinschauen, um den Unterschied zu bemerken. So ausgerüstet, stehen mir alle Abenteuer echten Taxifahrens offen, ohne die Nachteile, mich mit erzürnten Mitgliedern der Öffentlichkeit abplagen oder packende Ansichten zu Themen wie Abschiebung oder jene Verräter entwickeln zu müssen, die Mrs Thatcher in den Rücken gefallen sind. Das heißt, bis neulich mußte ich das nicht.
    Nun fuhr ich zufällig in Richtung Pimlico und kannte die Straße, die der Gentleman auf dem Rücksitz genannt hatte. Die Peinlichkeit begann erst, nachdem ich ihn abgesetzt hatte.
    »Seh’ Ihren Taxameter gar nicht«, sagte er.
    »Ähm«, sagte ich.
    Nach einer spannungsgeladenen Pause kam mir eine Idee.
    »Das war gratis«, sagte ich. »Heut’ ist der erste Tag, wo man sich hinten anschnallen muß. Ich hatte mit mir abgemacht, daß ich den ersten, den ich nicht an die neue Regelung erinnern muß, umsonst fahre. Sie haben sofort nach dem Gurt gegriffen, also ist die Fahrt gratis.«
    »Meine Güte«, sagte er.
    Als er ging, kam eine Frau auf mich zu und beugte sich zum Fenster herab.
    »Chelsea Arts Club, Old Church Street«, überschrie sie den praktisch unhörbaren Motor und den so gut wie nicht vorhandenen Straßenlärm.
    Jetzt war schon alles egal. Chelsea lag eigentlich auch auf meinem Weg.
    »Hereinspaziert«, sagte ich.

Noch eine Frage der Zuschreibung
     
    Im
Ulysses
gibt es eine Szene, wo Stephen Dedalus, der als Lehrer arbeitet, im Büro seines Schuldirektors Deasy sitzt. Deasy, der zum Salbadern neigt, hält Dedalus sein Gehalt hin sowie eine Predigt über Geld: »Aber wie sagt Shakespeare?
Tu Geld in deinen Beutel!
« Für Deasy unhörbar murmelt Dedalus: »Jago.«
    Es ist immer leicht, ein Shakespearezitat anzubringen,als garantiere sein Ursprung seinen Wert. Dedalus hat geschnallt, daß es sich nicht unbedingt lohnt, auf den Rat Jagos, eines böswilligen, manipulativen Mörders, zu hören. Jedes einzelne Shakespearewort in seinen Stücken wird nun einmal von einer Figur gesagt, nicht vom Dramatiker. Der Mann Shakespeare sagte kein einziges Wort. Na ja, in einem einzigen Sonett natürlich, da legte er los von wegen Sommers Pforten und Des Maien Lieblinge an den Zweigen, aber abgesehen von diesem Titelservice für Romanciers in der ganzen weiten Welt hat Shakespeare persönlich wenig an Sprichwörtern, Axiomen oder Motti zu bieten, die uns das Leben erleichtern könnten. Er war schließlich Künstler und nicht Philosoph oder Werbetexter.
    Das hält die Leute aber keineswegs davon ab, ihren Sprößlingen mit dem Finger zu drohen und »Kein Borger sei und auch Verleiher nicht« anzustimmen, mit dem schleimigen Zusatz »Shakespeare«, als wollten sie »Da hast du’s!« sagen. Dabei wird gerne übersehen, daß der Sprecher dieses Satzes die eigentlich komisch-absurde Figur des Polonius ist, dessen Realitätssinn wohl selbst von einem ihm gewogenen Kritiker nur als beschränkt bezeichnet werden kann. Den Rat erteilt er seinem Sohn: Alle Eltern sind

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