Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)
Chartham auf der Stelle verlassen.
DOMINIC Ja. Ich glaube, Sie haben recht, ich glaube, das wäre das »beste«.
BROOKSHAW Ich spreche mit Ampleforth, wenn Sie selbst es Jane und Cartwright beibringen … ich fürchte, wir werden ihm eine neue Schule suchen müssen. Schade eigentlich, er hätte sich in Ampleforth bestimmt prima gemacht. Na ja, je eher wir die Sache hinter uns haben, desto besser, wir wollen doch nicht, daß Charthams neue Zeit mit einem Skandal beginnt. Auf diese Weise müßten wir es schaffen, einen zu vermeiden. Schließlich haben wir bis zum Ende des Schuljahrs noch ein paar Wochen Zeit.
DOMINIC Ja. Ehrlich gesagt, wäre es mir ganz lieb, wenn Sie auch Jane übernehmen könnten, Brookshaw. Ich kann mit Frauen echt nicht besonders gut umgehen. Wenn ich mich mit denen zu unterhalten versuche, fangen sie immer entweder an zu weinen oder zeigen mir ihren Busen. Jane tut beides, und ich glaube, im Augenblick wäre mir das ernsthaft zuviel. Einverstanden?
BROOKSHAW Wie Sie wünschen. Ich muß schon sagen, Dominic, Sie tragen das wirklich mit Fassung …
DOMINIC Ich weiß nicht, was für einen Direktor Sie abgeben werden. ’ne ziemliche Flasche, könnt’ ich mir denken. Die Jungen haben Sie ja einigermaßen unter der Fuchtel, aber wie steht’s beim Lehrkörper? Ihnen ist es doch am liebsten, wenn man Ihnen sagt, was Sie tun sollen, oder?
BROOKSHAW Also, da bin ich mir nicht so sicher. Ich kann mich vielleicht nicht so gut ausdrücken, aber …
DOMINIC Ich wäre gut gewesen, Brookshaw, wär’ ich wirklich. Nicht so wie Sie. Ich bin nicht so derb undkrankhaft veranlagt wie Sie. Ich … ich benehm’ mich bloß von Zeit zu Zeit mal daneben. Ich glaube, im Grunde widern Sie mich an, Brookshaw. Versager find’ ich immer oberpeinlich. Tut mir leid, aber so ist das nun mal.
BROOKSHAW Also, jetzt hören Sie aber mal zu, Clarke …
DOMINIC Ach halten Sie doch den Rand. Was wollen Sie denn jetzt machen, wo keiner mehr da ist, der Ihnen den Hintern versohlt?
BROOKSHAW Ich glaube, Sie gehen jetzt lieber packen, Dominic.
DOMINIC Ja.
(läßt seinen Blick lange über das Publikum schweifen)
Sorgen Sie dafür, daß die Pulte voll sind, Brookshaw. Normalerweise sind da mehr Süßigkeiten drin als Schulbücher.
(er entnimmt seinem eigenen Pult konfiszierte Wasserpistolen, Gummitiere, Süßigkeiten usw.)
Und suchen Sie sich eine sinnvolle Beschäftigung für dienstags und donnerstags. Apropos, die Erdnußbutter können Sie wohl behalten. Mir fällt nichts ein, was ich jetzt noch damit anfangen sollte. Essen kann man sie ja wohl kaum noch.
BROOKSHAW
(förmlich)
Danke. Und Sie können die Toastgabel [1] behalten.
(Pause)
Gut, ich werd’ dann mal in Ampleforth anrufen … äh, auf Wiedersehen und … Sie tun mir leid, Dominic, aber ich fürchte …
DOMINIC Nein, Brookshaw, Sie tun mir leid. Und nun laufen Sie schon.
BROOKSHAW Äh, ja.
BROOKSHAW
verwirrt ab. Blackout. Ein Spotlight auf DOMINIC an seinem Pult. Hinter ihm stehen ein Koffer und eine kleine Süßigkeitenschachtel mit den Initialen »R.C.«.
DOMINIC Als ich noch ein Junge war, benahm ich mich wie ein Junge: dachte, aß, schlief und spielte wie ein Junge. Dann begann Mutter Natur, Hinweise auf einen Statuswechsel fallenzulassen: Stimmbruch, Haare auf den Backen, Akne. Aber immer noch dachte, aß, schlief und spielte ich wie ein Junge. Da mischte sich die Schule ein und übernahm das Szepter, und dort sorgte man bald dafür, daß ich dachte, aß, schlief und spielte wie ein
Mann
. Ein schmerzhafter Schritt ins Mannesalter war meine erste Zigarette. Das war hinter der Sporthalle an meinem Schulhaus, mit einem Jungen namens Prestwick-Agutter. Das weiß ich noch, als wär’s erst fünf Minuten her. Prestwick-Agutter machte seine Schachtel Carlton Premium auf und zog eine kurze, dünne, runde Zigarette heraus. Als meine Lippen sich um die Spitze schlossen, spürte ich, wie Panik in mir aufstieg. Ich hörte, wie in meinem Innern mein Knabenalter erwürgt wurde und ein neues Feuer aufloderte. Prestwick-Agutter zündete das Ende an, und ich saugte und inhalierte. Meine Ohren dröhnten, mein Blut fing Feuer, und irgendwo in der Ferne stöhnte meine Knabenzeit auf. Aber ich hörte nicht darauf und saugte weiter. Diesmal jedoch wollte mein Körper nichts davon wissen, und ich hustete und spuckte. Meine Knabenlungen konnten den schmutzigen Rußwirbel nicht ertragen, mit dem ich sie unbedingt hatte bekannt machen wollen, und so hustete ich immer
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