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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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letzten Monaten eine Art Übergangsdirektor gespielt, und Miss Puttenham hat mich gebeten, in diesem Amt zu verbleiben, solange ich möchte. Gern und dankbar habe ich ihr Angebot angenommen. Euch betrifft das nicht mehr, da ihr euch in neue Wälder und auf frische Weiden verstreuen werdet, aber es drängt mich, euch wissen zu lassen, daß Chartham in alten Händen ist und sich nicht ändern wird, solange ich am Ruder stehe, mit Gott und seinen himmlischen Heerscharen der Cherubim und Seraphim an meiner Seite.
(nickt leutselig nach links)
Eine weitere Entwicklung in diesem Jahr war das aufsehenerregende Verschwinden von Mr Clarke und eurem Klassenkameraden Rupert Cartwright, beide am selben Tag. Die Polizei sah sich außerstande, einen der beiden aufzuspüren, und wir alle waren über ihren Verbleib im ungewissen
(Kunstpause)
, bis ich gestern morgen diesen Brief von Mr Clarke erhielt. Einen Brief, den ich euch gleich vorlesen werde, meine Herren. Davon abgesehen unterschied sich dieses Sommerhalbjahr alles in allem nicht wesentlich von früheren. Wir mußten eine ordentliche Portion Enttäuschungen auf dem Cricketplatz einstecken, aber wir konnten auch Siege feiern. Potters Hattrick gegen die Old Charthamians verdient hier ebenso Erwähnung wie Kinnocks tüchtige fünfzig gegen Gauntstone Manor.Cricket kommt nicht ganz an Kunst oder Unendlichkeit heran, Jungs, aber die meisten von uns werden keinen näheren Blick auf sie erhaschen dürfen, daher führe ich diese Leistungen als achtbare Erfolge an, auf die wir stolz sind in Chartham. Gut gemacht. Akademisch war dieses Jahr ein durchschlagender Erfolg. Die 6Aler haben insgesamt vier Ausstellungen, zwei Stipendien und beachtliche drei Schulbeihilfen erworben, wie das Füllhorn von Quasiferien der letzten Zeit zur Genüge demonstriert hat. Einen lauten Lobpreis der 6A also, und natürlich den Engelsscharen und Dienern des Allmächtigen, die ihre Bemühungen so gütig gelenkt haben. Auch ihr, 6B, seid von den Himmlischen nicht übersehen worden. Ich habe keinen einzigen Ausfall zu vermelden. Das heißt, daß dies für jeden einzelnen von euch die letzte Woche in Chartham ist, und im September wird es euch in alle vier Himmelsrichtungen des Königreichs verschlagen haben, so weit auseinandergelegen wie Sherborne und Fettes, King’s Canterbury und King William’s auf der Isle of Man. Verlassen werdet ihr diese Stätten der Gelehrsamkeit als Männer und … immer mit Ausnahme von Madison! … als Männer von jenem Schrot und Korn, auf das Chartham stolz ist. Von dem England, in das ihr dann hinaustreten werdet, das bekenne ich freimütig, weiß ich nicht mehr als ihr, aber wie Generationen von Charthamians vor euch werdet ihr ihm zu starken und festen Bürgern heranwachsen, und ein höheres Privileg könnte man ebensowenig erstreben wie ein größeres Glück. Und vergeßt niemals, als Engländer habt ihr absolut das Recht, Gott sozial als euresgleichen zu behandeln und den Teufel als Knecht, auf diesem Wege liegt das Heil. Dem habe ich nur noch meinen üblichen Rat an Schulabgänger hinzuzufügen: Schlagt unter gar keinen Umständen eine Frau, die eineBrille trägt, nennt Schreibpapier niemals »Briefpapier«, und tragt euer Taschentuch stets im Ärmel, nie in der Hosentasche. Mehr als das, glaube ich, habe ich euch nicht mit auf euren Lebensweg zu geben: Erinnert euch daran, gehorcht ihm, und euer Leben wird euch unendlich viel leichter fallen. Und nun zu dem Brief, den ich von Mr Clarke erhalten habe. Nach langer Prüfung meines Gewissens bin ich zu dem Schluß gekommen, daß ihr ihn hören solltet. Für Jungen ist er, ehrlich gesagt, nicht sonderlich geeignet, aber ich glaube, ich darf euch heute die Ehre erweisen, euch als Männer zu behandeln, nicht als Jungen. Ich weiß, daß ihr alle Mr Clarke geliebt und respektiert habt, und seine Tragödie wird euch eine strenge moralische Lehre sein. Der Brief wurde vor zehn Tagen in Tanger abgestempelt. Für diejenigen unter euch, die es all meinen Bemühungen zum Trotz geschafft haben, in Common-Entrance-Erdkunde durchzufallen: das liegt in Marokko, was – für Madison – in Nordafrika liegt. Das große Ding unterm Mittelmeer, Madison! So, dann will ich ihn euch mal vorlesen: »Tanger, 6. Juli. Lieber Herb… ähem! Lieber Mr Brookshaw, ich schreibe dies mit Blick auf die Kasba. Rupert sitzt neben mir und trinkt mit einem Strohhalm einen ziemlich flotten Cocktail. Zu guter Letzt haben wir uns also hier in Marokko

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