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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Cambridge. Der Knuddel Dudley Moore in Oxford, der Stachel Peter Cook in Cambridge. Nedwin Sherrin in Oxford, Jonathan Miller in Cambridge. Beginnt sich für Sie ein Muster abzuzeichnen? Cambridge hat diesen Zug von Moralismus, strenger Logik, Schärfe und Disziplin. Vielleicht liegt’s am Wetter, an den schneidenden Uralwinden,die über die Marschen pfeifen und nur von jenen eiskalten Steinfingern gebrochen werden, die in die Himmel über East Anglia aufragen. Oxford hat eine Weichheit, einen Hedonismus, der mit der grünen Themse zu tun haben muß, den lieblichen Talgründen, die im Westen in das Heben und Senken der Cotswolds übergehen. Oxonier sind klein und dunkel und sprechen schleppend, meist aus Wales, dem Süden und Westen, die Sires Cambridges eine Rasse großer, schlanker, drauflosschnatternder Blondschöpfe. Stellen Sie Douglas Adams oder Bertrand Russell neben A. J. Ayer oder John Betjeman, und der Unterschied wird Ihnen sofort ins Auge stechen. Viele von Ihnen mögen jetzt sagen, »aber ich mag den Klang von Oxford, grün, lieblich, sanft, lebenslustig. Cambridge scheint einzig von Mönchen und Mathematikern bevölkert zu sein. Wir hätten lieber die Dekadenz eines Wilde als die Strenge eines Milton.«
    Ja, aber. Wir haben uns die großartigsten Erzeugnisse beider Institutionen herausgepickt und angesehen. Wie verändert sich die Allgemeinheit der Studenten angesichts solcher Traditionen? Diese grandiosen mittelalterlichen Städte sind doch zur Bildung da, oder nicht? Als Dozent kann ich einen Ort nur verabscheuen, dessen Geschichte seinen Studenten nahelegt, das Amt des Premierministers stehe ihnen von Rechts wegen zu, Luxus und schwelgerischer Genuß und eine Art Jet-set-Snobismus seien zulässig oder gar natürlich. Cambridge mag mit seinem Humanismus und seiner Toleranz, seinen Methodologien und Systemen im Extremfall Klassendünkel in Landesverrat und Selbsthaß verwandeln, aber letzten Endes möchte ich lieber einen Verräter als einen Premierminister unterrichtet haben.
    Genug des Wahnsinns. Mir ist wirklich jede Vernunft abhanden gekommen. Haß ist irrational, wie kann ich hoffen,Ekel und Verachtung zu rationalisieren? Es genügt wohl, wenn ich sage, daß ich den ganzen heutigen Tag lang Hellblau tragen und auf den zweiten Sieg in Folge hoffen werde. [1] Ich gebe Sie zurück an Oxfords Lieblingssohn Nedwin. Wenn Sie haben, sind Sie selbst schuld.

Trefusis über das Alter
     
    Ich weiß nicht mehr, was der Grund meiner Abwesenheit war. Vermutlich war es so, wie Trefusis sagt.
     
    Hallo. Es ist sehr tröstlich, mich nach beinahe beunruhigend langer Zeit wieder hinter dem Mikrophon zu finden. Meine aufrichtige Bitte um Vergebung für die Verlegung des alten Termins am Samstagmorgen an all jene unter Ihnen, ganz besonders aber Mrs Bertilde Medicine aus Homerton, die meine Rundfunkstimme dazu einsetzt, ihren Kindern Angst einzujagen. Der Grund für meine vorübergehende Absenz war ein wirklich ziemlich bösartiger Anfall von Trägheit, bei dem es zu zusätzlichen Komplikationen durch das neuerliche Auftreten der alten Indifferenz und chronischen Indolenz kam, die mich alle Jahre wieder heimsuchen. Ich habe mich inzwischen fast völlig erholt, trotz gelegentlicher Rückfälle von Apathie und Müßiggang. Das Problem ist alten Fleisches Erbteil. Wenn man bei meinem fortgeschrittenen Kilometerstand angekommen ist, erstaunt es einen, wie fast nichts mehr eine Rolle zu spielen scheint. Vor dreiundvierzig Jahren durchmaß ich zwei Kontinente und drei Gebirgszüge, um ein Originalmanuskript im Sanskrit des Ranahabadat zuerlangen, für das ich ein halbes Jahresstipendium hinblätterte. Gestern erst habe ich meinen täglich um sieben Uhr fälligen Becher entrahmten, löslichen »Horlicks« über diese geheiligten Seiten verschüttet, und mich ärgerte lediglich die Milchverschwendung.
Plus ça change, plus c’est complètement différent
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    Aber es gibt Ältere als mich, o doch. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika schlägt mich um zwei Jahre. Unter zielstrebigen, hektischen jungen Komikern, Kommentatoren und dergleichen wird er für gewöhnlich als dummer, nie zu Potte kommender alter Mann dargestellt, der zu taktvollem Auftreten oder rationalem Denken nicht imstande ist. Es ist natürlich leicht zu spotten. Zumindest fällt es mir leicht. Es ist schwer, zurechnungsfähige, intelligente, ehrliche Menschen zu verspotten, aber es ist wirklich kinderleicht, spatzenhirnige, vergreiste

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