Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
eine böswillige Kreatur lauern, deren einziges Vergnügen darin besteht, coram publico mitzuteilen, »Bouquet« sei fürderhin verpönt, mit einem Federstrich verdammt – aus Blumen, und falls Sie, die Sie den wilden und gewundenen Pfad meiner Hypotaxen per pedes apostolorum bis ans Ende geschritten sind, in rosiger Ferne das Sie willkommen heißende Leuchtfeuer erblicken können, das dieser Parenthese Ende verheißt, so ist Levin
der
Autor für Sie – nach fünf Stunden Levin-Lektüre ist der normale englische Satzbau nur noch eine schwache Erinnerung, und fände ich doch bloß aus diesem Nebensatz, so gesellte ich mich zu Ihnen – ah, θαλαττα, θαλαττα, bitte beachten Sie, daß ich das attisch doppelte ταυ wähle),denen eines Schülers gleichen, dem man aufgibt, seinem Direktor ein Zeugnis zu schreiben.
    Unter Menschen von Rang und Namen in der Welt des Journalismus und dessen, was man gemeinhin mit »Medien« umschreibt (einst hörte ich, wie man das Fernsehen als »unmittelbares Medium« bezeichnete,
o tempora, o mores, eheu fugaces
, die lateinischen Floskeln und literarischen Anspielungen werden mir vor Ende der Saison ausgehen,
pace
Lady Bracknell), pflegt man Mr Levin Verachtung und Spott entgegenzubringen. Da ist zuviel Leidenschaft, zuviel Engagement, zuviel Enthusiasmus, als die blasierten Bewohner jener
Street of Shame
ertragen können. Auch ich kann gleich vorausschicken, daß meine Ansichten zu so unbedeutenden Fragen wie den wahren Gefahren für menschliche Freiheit in der heutigen Welt und der Existenz des freien Willens sich im Laufe der Jahre immer weiter von denen Mr Levins entfernt haben, aber das hat mich nie davon abhalten können, mich jauchzend auf jedes gedruckte Wort von ihm zu stürzen, denn der Mann schreibt wie ein Engel, wie der Teufel, wie jemand, bei dem Gedanke und Wort eine absolute Einheit eingehen. Seine Freude am Leben, seine Bejahung der Menschheit, sein Glaube an die einfache, offenkundige Wahrheit, daß, würfe man irgendwo auf der Welt eine Sonntagsausgabe der ›New York Times‹ aus dem Fenster, die Chancen mindestens 90 zu 1 dafür stünden, daß man einen
guten
Menschen, einen anständigen Menschen, einen Freund k. o. schlüge (P. G. Wodehouse, dem Levins Prosa eine Menge verdankt, und ich bin sicher, er wäre der erste, das zuzugeben – Levin, meine ich, nicht Wodehouse, Dr Sir Pelham war viel zu bescheiden, außerdem ist er sowieso schon lange von uns gegangen –, pflegte, wenn er in der Stadt weilte, das Problem des langen Wegs aufs Postamt durch das einfache Mittel zu lösen, daß er seine Briefe aus dem Fenster warf: seinGlaube, der Durchschnittsmensch, der einen frankierten und adressierten Brief auf dem Gehweg fände, würde diesen naturgemäß in den nächsten Briefkasten expedieren, erwies sich in Jahrzehnten nicht ein einziges Mal als unbegründet), stießen bei mir stets auf Verständnis. Zu wenige Stimmen erheben sich heutzutage zum Chor dieser wunderbaren Wahrheit.
    In These Times
ist die vierte Sammlung von Levins Schriften; sie enthält seine persönliche Auswahl aus zwei Jahren der ›Times‹-Kolumne mit dem Titel »The Way We Live Today« sowie Buchrezensionen für den ›Observer‹. In der für ihn untypisch schwülstigen Einleitung bemerkt er, daß ihn über die Jahre drei »Themen« immer stärker beschäftigt hätten: Freiheit, Verantwortung und Kunst.
    In seiner Verdammung der Tyrannei in dieser Welt ist seine Sprache die Byrons im
Don Juan
: unterhaltsam, gallig, unnachsichtig und von wüster Komik. Oft hat er seine Kolumne genutzt, um Einzelfälle von Ungerechtigkeit, Folter und Unmenschlichkeit, insbesondere natürlich hinter dem Eisernen Vorhang, aufs Tapet zu bringen, und niemand sollte ihm die Anerkennung seiner unermüdlichen Anstrengungen im Namen der Erniedrigten und Geknechteten aller gottlosen Regime versagen. Dieser Band enthält einige seiner besten Artikel über solche Fälle, entsetzliche Berichte über Ungerechtigkeit in Litauen, Rußland, der Tschechoslowakei und Südafrika.
    Aber das eigentliche Steckenpferd, das Bernard Levin in jüngster Zeit gestriegelt hat und dessen Hufgetrappel einen Großteil seiner Texte unabhängig von ihrem konkreten Anlaß durchdringt, ist das »individueller Verantwortung«. Levins Art von Indeterminismus gründet sich auf den uneingeschränkten Glauben an die direkte Verantwortung des Menschen für sein Handeln. Der freie Wille existiert! lautet die Botschaft, die in Levins

Weitere Kostenlose Bücher