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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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und ›Private Eye‹. Zu den Eigenarten des ›Eye‹ sind genug Texte verarbeitet worden, als daß meine schwächliche Analyse den Diskettenbeständen zu diesem Thema in den Redaktionsstuben des Landes viel hinzufügen könnte. Wir wissen, daß man dort von Privatschulen stammt, lüstern, prüde, homophob, antisemitisch und grausam ist. Sie selbst wissen es am allerbesten. Die ständige Karikaturenspalte »Great Bores of Today« zeigte im Jubiläumsheft zur 500. Ausgabe einenLangweiler, der genau solch eine Liste greulicher Laster verlas. Ob das ›Eye‹ wirklich, wie Sir James Goldsmith behauptete, »der Eiter ist, der aus den Wunden einer kranken Gesellschaft quillt«, oder, mit Quentin Crewes Worten, »ein gesunder Mitesser in der Haut einer fruchtbaren Nation«, hängt wahrscheinlich davon ab, ob man wie Sir James Goldsmith ein händelsüchtiger Wichtigtuer ist, der in der Öffentlichkeit von Leuten zum Narren gehalten wird, die gescheiter und gewitzter sind als er, oder ob man wie Quentin Crewe ein gutbezahlter Schriftsteller und Künstler ist, der sich an dem Schauspiel ergötzt. Peter McKays Buch
Inside Private Eye
, geschrieben aus der Sicht des langjährigen Mitarbeiters und professionellen Zeilenschinders, behauptet, das Insiderwissen um das zu liefern, was – um den Klappentext zu zitieren – »in jenen schnipselübersäten Büros vor sich geht, wo der herrische Lord Gnome einer widerspenstigen Bande von Possenreißern vorsitzt, die mit der Abfassung seines Organs beschäftigt sind«. Solcherart wird es für einen Teil der angeblich eine Million zählenden ›Eye‹-Leserschaft fraglos von Interesse sein.
    Das Buch enthält ein äußerst nützliches Glossar zum »›Eye‹-Sprech«. Endlich erfahre ich, warum man sich auf Alec Douglas Home immer als Baillie Vass bezieht, warum Victor Matthews Lord Whelks genannt wird und wer das Ungeheuer aus der Bouverie Street ist. Mit der Erwähnung des Klatschinhalts und dieses wertvollen Glossars fürchte ich, die einzigen Dinge von Wert in diesem Buch erwähnt zu haben. Daß es in jenem Stil gehalten ist, den sich Journalisten eigens für derartige Arbeiten vorbehalten, können Sie sich denken. Es ist eine Art Dick-Francis-Stil: »Dann tat Dempster das, was man später allgemein für einen entscheidenden Fehler zu halten geneigt war«, »Mit inzwischen vor Zorn weißem Gesicht erhob Hislop sich und ergriffdas Wort«, die Sorte ödes Gefasel. Hinzu kommen ständige Wiederholungen; zweimal erfahren wir, wer »Beachcomber« war, und binnen weniger Seiten werden wir zweimal daran erinnert, daß die wöchentliche Kolumne des Earl of Arran in den ›Evening News‹ »exzentrisch« war; P. G. Wodehouse wird zweimal als P. J. Wodehouse wiedergegeben, was einen zu der Annahme verleitet, daß McKay das Buch diktiert und ein gar nicht so seltenes orales J-G-Problem hat, oder daß er anfallsweise unter Analphabetismus leidet. Wir hätten ein Recht, das zu erfahren.
    Aber das sind kleine Kritteleien. Mein eigentliches Problem mit dem Buch ist, daß es mir den Grund der Beliebtheit des ›Eye‹ völlig mißzuverstehen scheint. Von seinem Publikum behauptet McKay: »Sie lesen es, weil es in dem Bemühen, hinter das öffentliche Antlitz der Begüterten und Berühmten zu linsen, über die Grenzen dessen hinausstreunt, was statthaft und taktvoll ist.« Mumpitz. Sie lesen es aus einem und nur einem Grund: weil es witzig ist. Wenn es einmal nicht mehr witzig ist, werden sie es nicht mehr lesen.
Journalisten
lesen es vielleicht, weil es über Grenzen streunt, Schleier lüftet und hinter die Dinge linst, die
Öffentlichkeit
liest es, weil es die einzige regelmäßig erscheinende und allgemein erhältliche witzige Zeitschrift Britanniens ist. Der ›Punch‹, dessen Inhalt Forster vor über sechzig Jahren »vorstädtische Witzeleien« nannte, hat sich nur insofern verändert, als die Vorstädte sich verändert haben. Ob Ingrams abgetreten ist, um dem jungen Ian Hislop, seinem Nachfolger auf dem Sessel des Chefredakteurs, den Weg zu bereiten und ein neues Publikum heranzuziehen, das sich weniger für die Affären der anglikanischen Kirche und das schlimme Treiben der Industriellen und Pressezaren interessiert, oder ob er, wie McKay glaubt, in Wirklichkeit gar nicht abgetreten ist, sondern eine Marionette aufgebaut hat, bleibt abzuwarten.
    Das Buch verschwendet zu viele Seiten auf Dinge, die uns längst in Patrick Marnhams
The Private Eye Story
oder Ingrams’

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