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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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leicht grün zu färben.
    »Bin gegen den Türpfosten gerannt«, meinte sie, als sie meinen
Blick wahrnahm. Sie setzte sich, nahm sich eine Zigarette aus einer der
Schachteln am Tisch und rauchte sie genüsslich an.
    »Der Chef ist nicht da?«
    »Nein, aber verkaufen kann ich dir auch, was du willst. Ich kenn
die Preise genauso gut.« Sie trank von der Dose, ohne mich aus den Augen zu
lassen.
    »Ich bin nicht hier, weil ich etwas kaufen will.«
    »Dann hab ich aber nichts für dich, kannst gleich wieder gehen.«
    »Besser nicht, ich hab vielleicht was für dich. Und deinen Chef.«
    Das Mädchen nahm einen weiteren Schluck von ihrem Bier und dämpfte
die ausgerauchte Zigarette in einem der vollen Aschenbecher aus. Ich wartete
ein paar Sekunden, aber sie zeigte nicht die geringste Neugier auf das, was ich
ihr eröffnen wollte. Stattdessen fischte sie sich einen neuen Tschik aus der
Packung und gab sich Feuer.
    »’s ist ziemlich riskant, was ihr beide da treibt.«
    »Ohne Risiko verdienst nix, meinst, ich will beim Billa an der
Kassa arbeiten? 40 Stunden für 500 Euro im Monat? Und zu allem Überfluss auch
noch die Kunden anlächeln? So ein Scheiß.« Sie schüttelte den Kopf und schaute
in die Bierdose, als ob darin ein Orakel versteckt wäre. »Was geht’s dich
überhaupt an?«
    »Ich mein nicht die Polizei.«
    »Willst mir drohen? Der Herbert schraubt dich zsamm, Gschleckta.«
Sie lächelte höhnisch. Abwechselnd führte sie Bier und Zigaretten zum Mund.
    »In Fünfhaus haben sie einen erschossen.«
    »Soll vorkommen. Was geht’s mich an?«
    »Der hat das Gleiche gemacht wie ihr.«
    »Du hast ja keine Ahnung, ’s is besser, du schleichst di jetzt.«
Sie machte die Dose leer und stellte sie auf den Tisch. »Wo die Tür is, weißt
eh. Und wennst irgendwem was sagst …« Sie dämpfte einfach ihre Zigarette
aus.
    »Du verstehst mich falsch. Ich will euch helfen. Lasst’s den
Elektrokrempel verschwinden und schaut’s, dass euch klein macht’s. Da ist
irgendwas am Kochen. So richtig, mein ich.«
    »Schleich di, Gschleckta.«
    »Sag’s deinem Herbert, seid schlau und geht’s, bevor noch was
passiert.«
    »Leck mi, Oaschloch.« Das Mädchen kochte entzückend über.
    Wem nicht zu raten ist, dem ist nicht zu helfen. Trotzdem holte
ich eine meiner Karten aus der Geldtasche und hielt sie ihr hin. »Wenn
irgendwas ist, und du willst nicht mit der Kiberei, ruf mich an, oder komm
vorbei.«
    Sie nahm die Karte, sagte aber kein Wort. Ich stand auf, sie
ebenfalls. Ich war bereits bei der Tür, das Mädchen in der Küche am
Kühlschrank, als Herbert eintrat. In all seiner Pracht.
    Er trug dieselbe Aufmachung wie vor zwei Tagen, nur dass er
diesmal über dem weißen Rippshirt auch die zur violetten Glanzplastikhose
passende Trainingsjacke trug. Der Tschik hing ihm verwegen aus dem Mundwinkel,
unter den Arm hatte er die Morgeneinkäufe geklemmt. Eine Palette Ottakringer
und ein weißes Sackerl, dem Geruch nach mit heißen Leberkässemmeln drin.
    »Wüllst was kaufen?«
    »Bin schon weg.«
    Die dralle Blondine kam aus der Küche. Herbert, zu ihr gewendet,
wurde auf einen Schlag aggressiv. »Sollst net so vül saufen am Vormittag, hab i
g’sagt. Wirst no waach in der Birn.« Das Mädchen lächelte und schmiegte sich an
ihn.
    »Bertischatz, willst du auch einen Schluck?« Sie hielt ihm die
Dose hin und klimperte mit den langen Wimpern, die einem geheimen Modediktat
gehorchend dem Ton von Herberts Jogginghose entsprachen.
    »Foah ab mit den Scheiß.« Er schlug ihr die Dose aus der Hand, sie
fiel zu Boden und der Gerstensaft sprudelte auf den schmutzigen Spannteppich.
Herbert ließ die Bierpalette und die Leberkässemmeln sinken, herrschte mich an:
»Schau, dassd weiterkommst« und packte das Mädchen an den Schultern.
    Ich ging durch die Tür und schloss sie von außen. Drinnen wurde es
laut und ich machte, dass ich weiterkam.
    Der saure Malzgeruch hing mir in der Nase und die dunkel
glänzenden Bierpfützen, mit weißem Schaum geschmückt, blieben mir im Gedächtnis
haften.
     

III
    Auf
der Uni angekommen, holte ich meine Post bei der Sekretärin ab und ging in mein
Büro. Die Putzfrauen hatten keine Zeit gehabt, vorbeizuschauen. Deswegen lagen
noch die Stummeln vom letzten Polizeibesuch herum und der Zigarettengestank
hing schwer in der Luft. In Verbindung mit dem gewohnten Geruch nach Staub und
Dumpfheit war die Raumatmosphäre geradezu deprimierend. Ein Feng-Shui-Supergau

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