Papierkrieg
geschnittenem Fladenbrot, ließ mir das Wasser im Mund
zusammenrinnen. Dazu trank ich zwei der fingerhutgroßen, picksüßen Apfeltees
und hinterher gönnte ich mir noch einen türkischen Kaffee, zu dem im Kent ein
Stück Lokum auf Zahnstocher serviert wird. Lokum, diese geleeartige Süßspeise,
zäh, zuckrig und klebrig, die im ausgehenden 18. Jahrhundert von einem gewissen
Ali Muhiddin, der damals eine Alternative zu den traditionellen türkischen
Süßspeisen suchte, erfunden wurde. Die Fama will wissen, dass es Ali Muhiddin
ein geschlagenes Jahrzehnt an Forschung kostete, um vom Konzept des Lokums zur
ersten essbaren Version zu gelangen. Am ehesten vergleichbar mit
Eibisch-Pastillen, nur viel besser. Vor allem, wenn man den Lokum ein wenig im
siedend heißen Kaffee ziehen lässt.
Gesättigt verließ ich das Kent und machte mich auf in den
Handyshop. Es war an der Zeit, hinter die Geheimnisse kommen, die Slupetzkys
iPhone in sich barg.
Der Handyshop sieht aus wie Hunderte andere in Wien auch.
Glasschaufenster, hinter denen sich die neuesten Handymodelle der
verschiedenen Anbieter befinden. Alles in dem typisch türkischen Sinn für
Trashdesign ausgestellt, der viel Rosa, Lichterketten und Fotos in
unglaublichen Farben beinhaltet. Im Shop war es recht dunkel und, im Gegensatz
zum wiederum grausig kalten Tag draußen, sehr warm. Der, wie Reichi sagte,
ägyptische Besitzer saß hinter einem der Glasschaukästen. Ihm gegenüber saß
einer der Brüder, die den Feinkostladen Ünsal auf der anderen Straßenseite
führen. Die beiden tranken Tee, knabberten an Sesamkeksen und führten
Männergespräche. Die wunderhübsche Frau des Inhabers stand hinter der Kassa.
Mit Notizblock, Kugelschreiber und Taschenrechner bewaffnet, prüfte sie
offenbar gerade die Bilanzen.
Die beiden Männer hechelten derweil die günstigsten Angebote aus
der Mobiltelefonie-Branche durch. Beide lehnten lässig in ihren Stühlen, hatten
die Beine übereinandergeschlagen und gestikulierten mit der Rechten, ihre
Argumente unterstützend. Der Shopbesitzer vertrat die Ansicht, dass der neue
A1-Tarif gegenüber Bob günstiger wäre, der Ünsal-Bruder argumentierte vehement
dagegen. Ich war fasziniert und hörte ein Weilchen zu. Selten hatte ich eine
solche Kompetenz erlebt, wie sie hier von den beiden Diskutanten an den Tag
gelegt wurde. Akademische Debatten können da nicht mithalten. Im Verlauf der
Diskussion wechselten die beiden zur erweiterten Fragestellung, bei welchem
aktuellen Vertrag der beste Wechsel von einem alten Tarif angebracht wäre. Als
sie letztendlich auch noch begannen, ausländische Netzbetreiber mit ins Spiel
zu bringen, verlor ich endgültig den Faden und schaltete mich ins Gespräch ein.
»Entschuldigen Sie bitte …«
Der Ägypter reagierte so, als ob ich gerade erst den Laden
betreten hätte, und nicht schon seit einer guten Viertelstunde herumstehen
würde.
»Ja bitte, was kann ich für Sie tun?« Dabei führte er die
emaillierte Kaffeetasse mit zwei Fingern an den Mund.
»Ich habe ein Problem mit einem iPhone, man hat mir gesagt, Sie
wären da Spezialist.«
»Schießen Sie los, ich bin ganz Ohr.« Kaum war das Wort iPhone
über meine Lippen gekommen, spitzte der Ünsal-Bruder seine Ohren und versuchte
unauffällig, einen gierigen Blick auf das Gerät zu erhaschen. Der Shopbesitzer
war aufgestanden und blickte mich voll schlecht verhehlter Erwartung an. Seine
Frau hörte auf zu rechnen und kam ebenfalls herüber.
»Mein Freund ist im Urlaub, erwartet aber einen wichtigen Anruf
auf seinem Handy und hat es mir deshalb dagelassen.«
»Damit Sie das erledigen können.«
»Genau. Nur habe ich leider den Saft ausgehen lassen, und ich weiß
seinen Code nicht.«
»Dann ruf ihn doch an«, lies sich der Ünsal-Bruder vernehmen.
»Geht nicht, er ist im Ausland, ich habe keine Telefonnummer.«
»In welchem Land isser denn?« Der Ünsal ließ nicht locker.
»Indien.«
»Dort gibt es eh ein ursuper Netz.« Er hatte Blut gerochen und
ließ nicht mehr los. »Roaming ist nicht so schlimme dort, hätt er Handy
mitnehmen können.«
Ich wollte gerade antworten, als der Shopbesitzer einsprang.
»Passt schon, der Türke macht nur Witze. Krieg ma Handy schon auf.«
»Passt scho, war nur Witz. Sag ich nie was.« Der Ünsal lächelte
mich an.
»iPhone ist teuer«, meldete sich die Frau, »kostet Sie
50 Euro.«
»Gut. Wie lange brauchen Sie denn?«
»Mein Mann braucht nur ein paar
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