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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Ostern, Geburtstagen und Ähnlichem
verschenkt, dass mich die Sekretärin ganz ungerührt verpfiff. Nicht einmal auf
die Bestechlichkeit der Menschen war mehr Verlass.
    Ich als Mann war ohnehin ein unerwünschter Kandidat, schließlich
war Geschlechterparität der Uniführung ein auch finanziell dotiertes Anliegen,
und in Zeiten der Reform waren Fächer, die keine Drittmittel aus der
Privatwirtschaft lukrieren konnten, darauf angewiesen, aus den limitierten
Universitätstöpfen Geld zu schöpfen.
    Die dunklen Wolken über meinem Haupt nahmen zu, hingen tief und
verkündeten Regen. Außerdem hatte ich auch noch den zweistündigen Infight mit
einer Handvoll Besessener vor mir, der ›Lektüreseminar II: Sappho‹ hieß. So
sehr ich auch Sappho verehre, mit den neuesten Resultaten der Genderforschung
ausgestattete postmarxistisch-neostrukturalistische Studenten und -innen
verderben auch noch die kleinste Freude an der schönsten Liebeslyrik.
     

IV
    Ich
stand vorne am Pult, vor mir meine Texte und Exzerpte, neben mir meine
Ledertasche auf dem Boden. In der Tasche befand sich Slupetzkys iPhone, und
immer wieder umkreisten meine Gedanken die Frage, welche Nummern ich darauf
wohl finden würde. Bis jetzt war ich nicht dazu gekommen, sie zu untersuchen,
und so wie es aussah, würde das auch noch ein Weilchen nicht der Fall sein,
schließlich steckte ich mitten im Seminar.
    Um mich herum tobte der Kampf der Intellekte, den ich immer wieder
durch ein paar gezielte Fragen aufstachelte, wenn er abzuebben drohte,
ansonsten aber hielt ich mich zurück. Ein gutes Seminar soll von den Studenten
getragen werden, der Lehrer sucht nur die Texte aus. Natürlich schaltet man
sich selbst auch hin und wieder ein, schließlich gilt es Überlegenheit zu
demonstrieren und sich den Respekt zu erhalten. Aber diesmal, der Vorkommnisse
der letzten Tage wegen, war ich kaum vorbereitet und lenkte daher den Verlauf
der Stunde weg von der Sekundärliteratur, hin zu mehr
interpretativ-assoziativen Themen.
    Meine Gedanken kehrten wieder zum iPhone und
den letzten Telefonaten Slupetzkys zurück, als es an der Tür klopfte und die
Katze und der Fuchs eintraten. Nach einem kurzen Wortwechsel, in dem sich meine
Studenten hinter mich gestellt hatten, denn in ihren Augen war ich Opfer
willkürlicher Polizeigewalt geworden, und das auf dem geheiligten Boden der
Universität, musste ich die Stunde unterbrechen. Als ich den beiden Beamten auf
dem Weg in mein Büro voranging, hörte ich aus dem kleinen Hörsaal noch ein
Zitat aus dem Staatsgrundgesetz, Artikel 17: »Die Wissenschaft und ihre Lehre
ist frei.«
    Als wir den Gang zu meinem Büro folgten, ließ sich die Katze
hören. »Sagen Sie, hätt das nicht heißen müssen: Wissenschaft und Lehre sind
frei? Sie als Phi…«, die Katze ließ sich Zeit und der Fuchs vollendete,
»…dingsbums müssten das doch wissen.«
    »Wenn Wissenschaft als alleiniges Subjekt und Lehre nur als
Beifügung gebraucht werden, hier ausgedrückt durch ›ihre‹, reicht die Copula im
Singular. Aber deswegen sind Sie sicher nicht gekommen.« Inzwischen hatte ich
mein Büro aufgesperrt, den beiden Plätze angeboten und mich hinter meinem
Schreibtisch verschanzt.
    »Worum ging’s gleich noch das letzte Mal, ich hab soviel um die
Ohren momentan …«
    »Um Mord.«
    »Ah ja, wie hieß …«
    »Slupetzky, Ihr Nachbar.« Katze und Fuchs starrten mich böse an.
    »Das war der, den ich getötet habe, weil ich …«, ich machte eine
kleine Pause und eine hilflose Miene, »… helfen Sie mir, ich hab’s doch glatt
vergessen. Passiert mir öfter in letzter Zeit, dass ich Menschen töte und
danach keinen plausiblen Grund für meine Tat angeben kann. Macht mir richtig
Sorgen.« Ich legte meine Stirn in Falten und schüttelte trauernd den Kopf.
»Meinen Sie, das ist gefährlich?«
    Fuchs und Katze ignorierten meinen Anflug von Humor und schwiegen.
Dann kramte die Katze ein zerknittertes Päckchen aus den Taschen ihres Mantels
und schüttelte sich eine Zigarette heraus. Während sie das Zippo aufschnappen
ließ, konnte ich mir nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass zu meinem
Bedauern im ganzen Gebäude immer noch Rauchverbot gelte. Wie beim letzten Mal zuckten
beide simultan mit den Achseln. Nachdem die Zigarettenspitze zu glühen begonnen
hatte, blickte sich die Katze um, sah auf den Boden und schnippte die Asche
weg.
    »Bei Ihnen schaut’s ja aus, dass der Sau graust.« Er wies auf

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