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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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mag ihn schwarz.«
    »So wie ich. Stört es Sie, wenn ich rauche?«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Gut.« Sie zündete sich eine an. »Rauchen Sie?«
    »Nein.« Ich nahm vorsichtig kostend einen Schluck.
    »Seien Sie froh, ich hab schon zweimal aufgehört, aber ich kann’s
einfach nicht lassen.«
    Inzwischen hatte ich den heißen Kaffee im Mund. Er war stark und
ein wenig dickflüssig.
    »Schmeckt er Ihnen?«
    »Ausgezeichnet.«
    »Sie können gern mehr haben.«
    »Danke. Sehr gern.«
    Sie schenkte nach.
    Plötzlich läutete ihr Handy und sie holte es heraus. Der
Klingelton war aus dem Soundtrack von ›Black Cat, White Cat‹. Das Handy war ein
schwarzes Samsung, mit silbernem Giorgio-Armani-Schriftzug. Etwa acht mal fünf
Zentimeter groß, und dünn wie eine Tafel Lindt-Schokolade. Nach ein paar
Worten, die ich kaum verstehen konnte, reichte sie mir das Telefon mit der
Bemerkung: »Es ist Mihailovic.«
    »Guten Tag, Herr Linder, stecke in Stau, momentan. Wird noch ein
bisserl brauchen. Tun’s nur warten, gö!«
    »Werd ich. Wie lange brauchen Sie in etwa?«
    »So halbe Stunde.«
    »Ist gut, bis gleich.« Wir legten auf. Ich probierte erneut vom
Kaffee.
    »Mihailovic ist immer auf der Jagd, heute war er in Wiener
Neustadt unten. Es ging um ein paar Jugendstil-Aschenbecher. Sehr wertvoll.«
    Die Geschäfte im Kunsthandel mussten gut gehen, wenn die beiden
sich so ein Handy leisten konnten.
    »Warum wollen Sie ihn sprechen?«
    »Ich habe ein paar Bilder«, die Dame schaute sofort nach meiner
alten Ledertasche, »nein, nicht dabei. Ich wollte erst einmal die Nase in die
Luft stecken und sehen, woher der Wind weht.«
    »Ah, ich verstehe. Sehr vernünftig. Gibt viele Betrüger in dem
Gewerbe.« Ich nickte zustimmend.
    »Mihailovic hat gesagt, dass er noch ein bisschen brauchen wird.
Ich habe gekocht, sind Sie hungrig?«
    Natürlich sagte ich zu und es wurde aufgedeckt. Es gab eine Art
Lammeintopf, mit Pilzen, Paprika und Zwiebeln. Viel Knoblauch und recht scharf.
Dazu frisches Weißbrot. Es war ausgezeichnet. Nebenbei plauderten wir und
obwohl ich ihren Namen immer noch nicht kannte, wusste ich nach dem Essen
bereits eine ganze Menge von ihr.
    Im Anschluss an unsere kleine Mahlzeit setzten wir uns mit einer
neuen Kanne Kaffee ins Wohnzimmer. Dort war alles Plüsch und Teppich. Ein paar
Bücher lagen auch herum. Es handelte sich aber ausschließlich um Kunstkataloge,
vor allem französische und deutsche, mit den letzten Auktionspreisen. Die Frau
war noch in der Küche zugange und verräumte das Geschirr, sodass ich ein wenig
Zeit hatte, mir in den Katalogen auszusuchen, was ich Herrn Mihailovic denn so
zu verkaufen hätte. An diesem Tag lief alles wie geschmiert. Denn zuunterst
fand ich zwei sehr aufschlussreiche Bücher.
    Das eine war eine Wahrscheinlichkeitstabellensammlung auf
Polnisch, das andere ein russisches Ikonenverzeichnis. Eine Ausgabe des
Klassikers von Viktor Lasarew, 1977 von Gertrud Heider übersetzt. Etwa 170
Seiten stark, mit nahezu
90 guten Farbtafeln. Ein Zeugnis des großartigen Drucker- und
Buchbinderhandwerks in der DDR. Der Leineneinband war fleckig und das Buch
machte als Ganzes einen vielbenutzten Eindruck. Etliche Zettel in kyrillischer
Handschrift waren in den Seiten eingelegt. Es handelte sich offenbar um
Ergänzungen und Anmerkungen. Das Einzige, was ich problemlos entziffern konnte,
waren Preise in Euro und Dollar, die eine ordentliche Hand mit dem Bleistift
hinzugefügt hatte.
    Als ich die Hausfrau kommen hörte, ließ ich es schnell wieder
verschwinden und blätterte arglos in einem Auktionskatalog des Dorotheums.
    »Schöne Amati, die Sie gerade ansehen. Wenn wir einmal eine
Tochter haben, wird sie Geige spielen lernen und ich kaufe ihr zum 15.
Geburtstag eine solche.« Wir machten noch etwas Smalltalk, bis wir den
Schlüssel im Schloss hörten und der Hausherr eintrat.
    Mihailovic war ein Bär. Gut einen Kopf größer als ich, so um die
1,99 hoch, Schultern wie ein Bierkutscher und mit der Schuhgröße Kindersarg. Er
wog gut 120 Kilo, ohne aber auch nur im Entferntesten fett zu sein. Er kam mit
wiegenden Schritten auf mich zu und reichte mir seine Pranke, die dicht mit
schwarzem Haar bewachsen war. Er steckte in weichen, hellbraunen italienischen
Schuhen, und einem dunkelblauen Baumwollanzug mit weißem Hemd sowie einer
rotbraunen Krawatte. An der Hand trug er einen schweren Goldring und eine
massive Herrenuhr, bei der es sich durchaus um

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