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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Buchstaben.«
    »Aha.«
    »Der gewichtigste Punkt für die Echtheit ist aber die Schrift
selbst. Tinte und Strich.«
    »Sieht aber so neu aus.«
    »Bei guter Lagerung kann das durchaus vorkommen. Vor allem aber
ist die Buchstabenform perfekt gleichmäßig, sowohl in Hinsicht auf ihre Größe
als auch ihre Form. Das Ganze ist definitiv mit einem Schilfrohr geschrieben.
Ich habe mehrere Kurse in Paläografie gemacht, ich weiß, wie schwer das ist. Man
muss ein Leben lang üben und auch dann wird man keinen Text verfassen können,
der so perfekt wie dieser aussieht. Die antiken Schreibsklaven waren hoch
ausgebildet.«
    »Was ist es denn überhaupt und wie alt?«
    »Das ist ein satyrischer Text, die Batrachomyomachia. Eine
Erzählung vom Krieg der Frösche und Mäuse. So etwas wie eine antikes ›Hot
Shots‹ oder ›Die nackte Kanone‹. Aber es ist nicht vollständig, sondern nur ein
Gesang. Aber das reicht ja auch. Das Alter? Hmm.« Ich machte eine kleine Pause.
»Wenn es echt ist, wovon ich ausgehe, stammt es aus der Zeit zwischen dem Tod
von Alexander dem Großen und dem Tod von Ptolemäus Soter. Also aus den letzten
Jahrzehnten des vierten Jahrhunderts vor Christus.«
    »Aber ohne chemische Analyse ist unsicher?«
    »Nicht unbedingt. Zuerst einmal kann man auch alten Papyrus
nehmen, ihn bleichen oder abschaben und anschließend neu beschriften. Zudem
kann man ohne Probleme eine authentische Tinte erzeugen und somit ist eine
chemische Analyse nur eingeschränkt aufschlussreich. Das stärkste Kriterium ist
aber die Schrift selbst. Um so schreiben zu können wie ein antiker
Schreibsklave, braucht es ein Leben lang Übung.«
    »Und woher wissen Sie Alter?«
    »Wegen der Buchstabenform und der diakritischen Zeichen. Ganz zu
Beginn haben die Griechen ohne geschrieben, als dann aber im Hellenismus immer
mehr Nichtgriechen die Sprache gelernt haben, hat man in Alexandria diese
Zeichen entwickelt, um den Nichtmuttersprachlern zu helfen. Zeichen und
Buchstaben stimmen überein.«
    »Kann nicht sein, dass doch gefälscht?«
    »Wenn der Text gefälscht ist, dann so gut,
dass sicher auch richtiges Papyrus und Tinte verwendet wurde, und in diesem
Fall kann niemand eine Fälschung nachweisen. Und wenn niemand die Fälschung
beweisen kann, muss es echt sein.«
    »Sehr gutt.« Mihailovic und seine Frau holten tief Luft. »Danke
für Ihre Hilfe. An die Experten können wir uns nicht gut wenden, ohne dass wir
unangenehme Fragen gestellt bekommen.«
    Sorgsam packte ich den Text wieder weg. Heute lief alles prächtig.
Ich hatte Geld, war satt und hielt nach einer wundersamen Fügung der Vorsehung
einen Text in Händen, der 2.300 Jahre alt war. Ich beschloss, alles auf
eine Karte zu setzen. »Sie könnten mir einen Gefallen tun.« Die beiden waren
ganz Hilfsbereitschaft.
    »Gern, sagen Sie nur.«
    »Mirko Slupetzky, was können Sie mir von ihm sagen?«
    »Ich kenne keinen Slupetzky.« Mihailovics Stimme war hart wie
Granit. Er und seine Frau, die beide vor Aufregung aufgesprungen waren, standen
nun direkt vor mir. »Besser, Sie gehen.« Mihailovics Riesenpranke wies zur Tür.
    Ich schenkte mir den Rest vom Kaffee ein, ergriff die Tasse und
lehnte mich in das weiche Sofa zurück. Dann nahm ich seelenruhig einen Schluck.
»Seien Sie vernünftig, Mihailovic. Ich will Ihnen nichts Böses, nur ein paar
Antworten.«
    Der serbische Bär ging einen Schritt auf mich zu, seine Hände
machten den Eindruck, sich um meinen Hals legen zu wollen. Ich blieb ganz
ruhig. Er war sicher stärker als ich, aber vor ein paar Schmerzen hatte ich
keine Angst.
    »Herr Mihailovic, Sie haben hier eine wunderbare Wohnung, eine
tolle Frau, auf Ihrem Sofatisch liegt ein antikes Original, für das jeder
Sammler Haus und Frau verpfänden würde. Vergeigen Sie das nicht.« Ich deutete
mit dem Kopf auf den leicht gewölbten Bauch seiner Frau. »Mit dem Geld können
Sie Ihrer Tochter fünf Amati kaufen und das Konservatorium und die Privatlehrer
in bar bezahlen.«
    Er blieb stehen, seine langen Arme baumelten
unschlüssig.
    »Ihre Frau macht uns noch einen Kaffee, wir trinken einen
Trabaritzer und reden. Ganz entspannt.« Ich leerte meine Tasse und legte den
Kopf in den Nacken, um auch noch den letzten Tropfen zu erreichen. Alles war
gut gegangen, heute war ein guter Tag.
     

VI
    »Mirko
war gutte Freund. Schon lange. Seit in Wien war. Er kannte viele Russa. Sehr
gutte Kontakte. Nach Wende viel Geld in Rassia«, er

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