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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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hin. »Was ist
das?«
    »Ein Buch.«
    »Was für eins?«
    »Keine Ahnung. So wie ich nicht mit allen Mordfällen Wiens zu tun
habe, muss ich Sie auch hier wieder enttäuschen. Ich kenne nicht alle Bücher
dieser Welt.«
    »Das ist ein Ikonenverzeichnis.«
    »Mihailovic und Slupetzky haben Ikonen verscherbelt.«
    »Das ist in Russland schwer illegal.«
    »Dabei sind die beiden irgendwem auf die Zehen getreten.«
    »Mit all den bekannten Konsequenzen.«
    »Was halten Sie von unserer Theorie, Linder?«
    »Ganz gut. Könnte hinkommen«, sagte ich in meinem seriösesten Professorentonfall.
Ich legte die Stirn in Falten und schaute meine Gesprächspartner ernst an.
Katze und Fuchs wirkten ehrlich interessiert.
    »Könnte aber auch sein, dass H.C. Strache sich in einen braunen
Umhang hüllt und als ›Sauberman‹ mit den Ausländern aufräumt. Zwei hat er
schon, fehlt nur mehr eine knappe Million. Den Rest kann er per Flugzeug
deportieren. Muss sich nur beeilen, solange die AUA noch in Staatsbesitz ist.«
    »Hören Sie auf mit Ihren schlechten Witzen. Sie Sozi.«
    »Ich wollte keineswegs Ihr politisches Idol despektierlich machen.
War nur als Beispiel gemeint. Die Ausländerverbindung ist genauso dünn wie die
mit dem Kunsthandel.«
    »Das wissen Sie?«
    »Wissen tu ich gar nichts. Sie haben mich ja nach meiner Meinung
gefragt, die hab ich Ihnen ehrlich gesagt. Das ist alles. Im Übrigen denke ich,
dass die Spielermordtheorie besser war.«
    »Mit Ihnen kann man nicht vernünftig reden. Geben wir Ihnen einmal
die Gelegenheit nachzudenken.«
    Der Fuchs griff zum Telefon und drückte eine Kurzwahltaste. »Ja,
abholen.«
    Ein paar Minuten später öffnete sich die Tür und zwei
Exekutivbeamte in Uniform kamen herein, packten mich am Arm und führten mich
ab.
    Aus dem Büro der beiden tönte noch ein: »Wir haben genug gegen Sie
in der Hand, um Untersuchungshaft zu verhängen. Da sitzen Sie ganz schnell ein
halbes Jahr im Knast, bevor der Prozess überhaupt beginnt. Und ob Sie
unschuldig sind oder nicht, interessiert dort kein Schwein.«
    »Denken Sie nur an die Umweltschützer, die vor dem Kleiderbauer
demonstriert haben. Das war November, jetzt ist März und die sitzen immer
noch.«
    »Vor Herbst kommen die nie raus!«
    Dann schloss sich die Tür hinter mir und es ging mit den beiden
Kiberern den Gang hinunter, in den Lift hinein und drei Stockwerke tiefer
wieder heraus.
    Gleich links neben dem Lift befand sich ein kleines Büro, in dem
zwei Beamte, einer männlich, der andere weiblich, Dienst taten. Meine
Besitztümer wurden eingesammelt. Die alte Ledertasche mit meinen Büchern,
Notizblöcken und Schreibsachen ebenso wie meine Geldtasche, das Handy und meine
Börse. Auch meine Uhr, die Schuhe, Gürtel und Krawatte musste ich abgeben. Ich
hatte ein Aufnahmeformular für mich und eine Bestätigung für meine Sachen zu
unterschreiben. Schlussendlich öffnete sich die Tür wieder und man schob mich
hinaus auf den Gang.
    Dort war alles still und nur mäßig beleuchtet. Wir gingen den Gang
hinunter. Sie mit Schuhen, ich quasi barfuß, in Socken. Der Gang führte zu
einer Serie von Stahltüren, mit kleinen Schiebefenstern in Augenhöhe versehen.
Auf den Türen der Einzelappartements fanden sich Nummern. Die Tür, die sich
hinter mir schloss, trug die Nummer 8. Es war ruhig und ich war allein.
Wenigstens hatten sie mir die Handschellen abgenommen. Meine Hände waren wie
tote Stücke Fleisch, die irgendein Demiurg mit schrägem Humor an meine Arme
geklebt hatte. Ich schüttelte sie und als ich kurz davor war, ein wenig Angst
zu bekommen, kam das Leben zurück. Zuerst freute ich mich, dann fühlte ich den
Schmerz, und er war gar nicht nett. Aber das ging vorbei, schließlich blieben
nur mehr ein paar Ameisen in den Fingern übrig, und auch die verschwanden mit
der Zeit.
    Unwillkürlich fiel mir der Fall von dem Mann im Gemeindekotter
von Altach ein. Der war eingesperrt worden und die ganze Beamtenschaft hatte
sich in den Urlaub verabschiedet. Mehrere Wochen war er ohne Essen und Trinken
allein dort unten geblieben. Am Ende hatte er sich von seinem eigenen Kot und
Urin ernährt. Überflüssig zu sagen, dass er danach nie mehr ganz der Alte war.
     

V
    Mein
Appartement war annähernd quadratisch, etwa zweieinhalb mal zweieinhalb Meter,
und bis auf ein Bett, ein Waschbecken und eine Kloschüssel leer. Eine
romantisch blinkende Neonlampe an der Decke sorgte für Licht. In der einen Wand

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