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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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dort gelandet ist, ob aus staatlichen oder privaten Quellen, ist auch
unklar. Es grenzt an ein Wunder, dass es in dem Vierteljahrhundert, das es dort
vergessen gelegen hat, niemand mit genügend Sachkenntnis und Tatkraft entdeckt
hat und dass es sowohl die Revolution als auch den Bürgerkrieg und den Zweiten
Weltkrieg – Petersburg war 1.000 Tage lang belagert – überlebt hat. Die Leute
haben damals Gürtel und Schuhe gegessen, und auch einander.
    Erst als im Zuge der Entstalinisierung die Kataloge neu bearbeitet
wurden, ist es einem Archivar in irgendeiner staubigen Truhe aufgefallen. Dann
war es im Staatsbesitz sicher wie in Abrahams Schoß.«
    »Bis der Staat selber wieder für Unruhe gesorgt hat.«
    »Genau. Damals in den Umbauzeiten war das Geld knapp.
Staatsbedienstete waren monatelang ohne Einkommen, da wurde alles verkauft, was
nicht niet- und nagelfest war. Kunstprivatisierung gewissermaßen. Auch gab es
große Gewinne für Einzelpersonen. Natürlich wurden nicht die auffallenden und
bekannten Stücke verkauft, sondern die kleinen, unbekannten, aber fast genauso
wertvollen. Viel ging ins Ausland, aber viel blieb auch in Mütterchen Russland.
Das war etwa Anfang ’91. Danach blieb das Stück wieder für mehr als 15
Jahre verschollen, bis sich langsam ein Gerücht darüber zu verbreiten begann. Sie
wissen doch, wie Sammler sind. Irgendwann halten sie es nicht mehr aus und
zeigen es ihrem liebsten Konkurrenten. Wenn einmal der Damm gebrochen ist, gibt
es kein Zurück mehr, und mit der Zeit spricht sich das herum. So ist das
Gerücht dann auch bis zu mir gelangt.«
    »Da waren Sie bereits in der Privatwirtschaft tätig.«
    »Ich verstehe nicht ganz?«
    »Ich zähle nur eins und eins zusammen. Beim Zusammenbruch der
Sojus waren Sie noch im Staatsdienst. Nehme einmal an, irgendwo im
Innenministerium und auch ein bisschen mit Kunst beschäftigt. Deswegen wussten
Sie auch von dem Papyrus, und als es weg war, hat es Ihnen bloß ein anderer
knapp vor der Nase weggeschnappt. Sie hatten sicher schon alles eingefädelt und
als Sie es abholen wollten, war es verschwunden. Stimmt’s?«
    »Sie kommen ungefähr hin. So oder so.«
    »Dann haben Sie es gesucht, aber weil der
Sammler zu der Zeit noch vorsichtig war, konnten nicht einmal die KGB-
Ressourcen helfen. Daraufhin sind Sie in die Privatwirtschaft gewechselt,
hatten aber immer ein Ohr an der Szene. Sonst hätten Sie niemals von dem
Gerücht erfahren. Als Sie aber wussten, in wessen Besitz es war, hatten Sie
nicht mehr die Mittel und die Macht zu Verfügung, um es einfach zu beschaffen.
Ihnen waren die Hände gebunden und Sie mussten abwarten.«
    »Genau. Aber die betreffende Person, in dessen Besitz es gelangt
war, ihr Name tut hier nichts zur Sache, war schon alt. Als letztendlich die
Natur ihre Schuldigkeit getan hatte und der Sohn und Erbe bankrott ging, waren
wir wieder zur Stelle. Aber auch diesmal wieder etwas zu spät.«
    »Ich nehme an, der Herr Sohn war ein
zwielichtiger Charakter und brauchte Geld, sein alter Herr war bettlägrig und
nahm nicht mehr alles wahr, was sich um ihn herum abspielte. Als es zur
offiziellen Versteigerung kam, war das Papyrus weg.«
    »Ich habe gar nicht bis zu einer offiziellen Versteigerung
gewartet, aber zu spät war ich trotzdem. Zum zweiten Mal war es mir durch die
Finger gerutscht.«
    »Ich denke, da war aber noch mehr Zufall im Spiel, als Sie mir
verraten wollen. Wenn der Erbe gewusst hätte, was er da verkauft und an wen,
dann hätten Sie das herausgefunden. So oder so, und wir säßen jetzt nicht
hier.«
    »Dieser Idiot hatte keine Ahnung, er dachte, er verkauft ein paar
Bilder. Dass sich in einem davon der Papyrus befindet, hat er nicht gewusst.«
    »Und da er das Ganze mehrmals und mit verschiedenen Käufern
durchgezogen hatte und nach dem Tod des Alten niemand mehr wusste, hinter
welchem Bild das Fragment versteckt war, schien es aussichtslos.«
    »Genau. Ich lehnte mich also zurück, behielt den Markt und seine
dunklen Kanäle im Auge und hoffte wieder auf ein bisschen Glück.«
    »Und das hatten Sie, als Sie nach Wien flogen, um ein
unbedeutendes Nebengeschäft am Laufen zu halten und plötzlich auf das Papyrus
gestoßen sind.«
    Er nickte grimmig. »Jetzt wollen Sie mich sicher fragen, ob wir
Slupetzky und Mihailovic erledigt haben und dabei so ungeschickt vorgegangen
sind, dass uns das Papyrus erneut entwischt ist.«
    »Das ist kein Kreuzverhör.«
    »Wie

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