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Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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sich die wohlschmeckende Frucht und verschwand sofort im
Unterholz.
    Inzwischen hatte das erste Tier seine Mahlzeit beendet und schaute
hungrig zu uns herüber. Der Winter war hart gewesen, eine Nuss reichte nicht.
Bender hielt ihm die leere Hand hin. Das Tier kam angehuscht und schaute
neugierig in die Handfläche, doch dort war keine Nuss zu finden. Enttäuscht
machte es sich wieder davon, nicht aber ohne sich mitten in der Bewegung
umzudrehen und nochmals auf Benders Hand zu klettern, es wollte offenbar sicher
gehen, dass es sich nicht geirrt hatte. Dann verschwand das Eichhörnchen.
    Bender richtete sich beschwerlich wieder auf und wir gingen
weiter. Nach ein paar Schritten tauchte ein kleiner Marmortisch auf und Fred
breitete auf Benders Seite ein Tuch aus. Ich musste auf dem kalten Stein Platz
nehmen.
    »Na, Kleiner, wie wor’s denn in Häfn? Host’s eh überstanden?«
    Der sonst so kultiviert artikulierende Bender wechselte in den
Tonfall seiner Jugend, inklusive dem berüchtigten Fallfehler. Offenbar löste
das etwas in ihm aus.
    »Damit kann ich leben.«
    »Du waßt eh, wer die Kaution gstöt hot?«
    Ich nickte.
    »Ich sage das jetzt nicht, um dich unter Druck setzen zu wollen.
Es soll nur klarmachen, wie gut ich zu dir stehe und was es bedeuten würde,
wenn du die Brücken hinter dir abbrichst. Also, ich stelle dir zum zweiten Mal
die Frage, die ich dir auch schon bei mir zu Hause gestellt habe. Was hat
Slupetzky den Russen geklaut?«
    »Ich hab’s dir damals gesagt, und auch heute sag ich es wieder:
Ich weiß es nicht.«
    »Du enttäuschst mich. Es hat eine Zeit gegeben …«, er seufzte tief
und brach den Satz ab. »Das hat jetzt keinen Sinn mehr. Ich will dir nur sagen,
dass ich dich sowohl für anständiger als auch für gescheiter gehalten hätte.«
    »Warum?«
    »Weil ich inzwischen ganz genau weiß, was das war, was Slupetzky
und sein inzwischen toter Kumpan den Russen geklaut haben. Das hättest du
berücksichtigen müssen. Wenn ich dir Laura schicke und dich raushole, dann weiß
ich auch, dass du beim Serben warst, und dann muss es um eine Kunstsache gehen.
Und dann muss man nur den Beteiligten auf die Füße steigen, den Schwächsten
zuerst.«
    Ich schwieg.
    »Genau genommen hast du dich jetzt von einer …«, Bender wandte
sich Fred zu, der übernahm für ihn, »… Win-Win-Situation in eine Lose-Lose-…«,
nun fuhr Bender fort, »… Situation gebracht. Das ist traurig.« Der alte
Mann schüttelte schwach seinen Kopf.
    »Wenn dem Verurteilten noch eine letzte Frage zugestanden wird?«
    Bender nickte.
    »Was hast du mit Kunstsachen zu tun, Bender? Das interessiert
dich doch gar nicht. Und nur um Geld geht’s dir nicht, da hast du schon genug.«
    Bender nickte Fred zu, der hinter ihm stand. »Es ghöret üs, des
Papyrus, zumindeschtns ’n Teil davo.«
    »Also befand es sich versteckt unter den Kunstgegenständen, die
damals irgendein Spieler zur Deckung seiner Schulden bezahlt und die Slupetzky
vermittelt hat?«
    Fred nickte, doch Benders Augen blitzten auf
und fuhren durch mich hindurch. Sofort beruhigte er sich wieder, aber er hatte
schon zugegeben, einen Fehler gemacht zu haben.
    »Also, Bender, lass uns offen miteinander reden.«
    »Ich glaub nicht, dass das noch viel Sinn macht.«
    »Doch, ich glaube schon. Mein neuer Auftraggeber will, dass ich
das Papyrus finde und das ginge leichter, wenn du mir helfen würdest.«
    »Glaub nicht, dass ich vor der Mafia kusche, mein Kleiner.«
    »Glaub ich ja auch nicht, aber ich glaube,
dass du klug genug bist, um zu sehen, dass du gegen die Organisation nichts
ausrichten kannst. Aber wenn sie den Papyrus haben, kannst du ja bei ihnen
deinen Anspruch anmelden. Und da du in Wien sitzt und sie ihre Geschäfte hier
sicher weiterführen wollen, hast du gute Argumente dafür, dass sie dir deine
Auslagen ersetzen. Dann wären wir alle gut ausgestiegen.«
    »Wenn nicht?«
    »Der Russe, mit dem ich geredet habe, ist nur einer in der
Organisation und sicher nicht das höchste Tier, gegen den im Vergleich ist Fred
ein Kuschelbär und du bist ein Gutmensch. Der jagt dem Schilffetzen schon gut
20 Jahre hinterher und er ist bereit, so weit zu gehen, dass hinterher keiner
mehr laufen kann von denen, die seinen Weg kreuzen. Es ist einfach klüger so.
Lass die Sache ruhen und mich machen,   dann bekommen die Russen ihren Fetzen, du deine Kompensation und wir
alle leben noch.«
    Bender schwieg eisig.
    »Und wenn du

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