Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Papierkrieg

Titel: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
Mitte des
großzügig angelegten Raumes war ein Büfett aufgebaut. Mehrere Tische waren
zusammengeschoben worden und mit weißen Damasttischtüchern verhüllt. Darauf
türmte sich alles, was gut und teuer ist. Ein großer Samowar, neben dem die
typischen russischen Teegläser standen, eine Pyramide aus Würfelzucker daneben.
Mehrere Sektkübel standen herum, bestückt mit Champagner, Krimskoye und Wodka.
Aufgeschnittenes Brot, mehrere Sorten Rohschinken fehlten ebenso wenig wie
Früchte und Warmhalteplatten mit verschiedenen Speisen. Im Raum verteilt stand
etwa ein Dutzend Menschen. Die Hälfte davon Männer, die einen in edles Tuch
gehüllt, die anderen in der bekannten Windjacken-Jeans-Kombi. Alle trugen
Golduhren und spitze Glanzlackschuhe. Die andere Hälfte waren Damen. Alle
schlank und über 1,80 groß, mit Modellgesichtern und Beinen bis zum Boden. Ein
wüstes Durcheinander aus Pelz, Pailletten, Rosarot und Cowboystiefeln machte
klar, dass es sich bei ihnen um Russinnen handelte. Die schweren Golduhren
waren durch Diamanten und D&G-Täschchen ersetzt.
    Boxer und Augenbraue drängten mich durch die Menge zur hinteren
Wand. Während alle im Raum stehend aßen und tranken, war dort ein kleiner Tisch
aufgebaut. An ihm saßen zwei Männer mit ihrer Damenbegleitung.
    Den einen kannte ich bereits, es war der Mann mit
Geheimdienstausstrahlung. Er saß neben einem jüngeren Mann, der offensichtlich
sein Chef war. Ende 30, Anfang 40 vielleicht. Sehr kurzes, blondes Haar, gut
geschnittenes Gesicht. Der Mann stank förmlich nach Geld. Als Einziger von
allen im Raum aß er nichts. Die beiden Damen am Tisch ähnelten den anderen im
Raum, außer dass sie vielleicht von noch strahlenderer Schönheit waren. Während
mich der Chef geflissentlich ignorierte und seinen Leuten beim Essen zusah,
sprach mich der KGBler an. Seine blauen Augen funkelten lustig. »Herr Doktor,
schön, dass Sie kommen konnten. Ich darf Sie einladen, sich am Büfett gütlich
zu tun. Danach darf ich Sie in mein Arbeitszimmer bitten, wir haben einiges zu
besprechen.«
    Jetzt war nicht der Zeitpunkt für Heldenmut und ein paar witzige
Sprüche, schließlich wollte ich ihn nicht vor seinem Boss blamieren. Das hätte
nur meine Position in der nachfolgenden Verhandlung verschlechtert. Um was
immer es auch gehen mochte. Also bedankte ich mich mit ein paar wohlgemeinten
Worten und begab mich zum Büfett. Dort richtete ich mir einen Porzellanteller
mit breitem Goldrand als Vorspeisenplatte her. Ein paar dünne Scheiben
Roastbeef, eingelegte Pilze, warmes Brot und ein paar getrocknete Paradeiser.
Von denen die Russen offensichtlich gar nichts hielten, denn sie waren noch
unberührt geblieben. Dazu gönnte ich mir einen großen Wodka auf nüchternen
Magen. Er war eiskalt und lief ölig die Speiseröhre hinunter. Mit Genuss leerte
ich meinen Teller, ignorierte die Stimmen in meinem Kopf, die ›Henkersmahlzeit‹
flüsterten, und schöpfte mir eine Schale Consommé Double. Die Suppe war stark
und heiß, eine von der Art, mit der man einen Gichtanfall provozieren kann.
Danach machte ich mich über die heißen Hauptspeisen her, die das Niveau der
vorhergehenden Speisen durchaus halten konnten. Bis zum Nachtisch kam ich nicht
mehr, ich hätte gerne noch von der Crème Brulée und der Brombeertarte gekostet,
als mich Augenbraue an der Schulter berührte und mich in eines der hinteren
Zimmer führte.
     

III
    Der
Raum war etwas größer als sechs mal vier Meter und sparsam eingerichtet. An der
Fensterfront, die aus zwei großen, die vier Meter fast gänzlich ausmachenden
Scheiben bestand, befand sich ein schwerer ebenhölzerner Schreibtisch.
Diejenige der Längswände, die der Tür gegenüberlag, machte ein Bücherregal aus.
Auf der anderen Seite des Schreibtischs war eine Tür, die vermutlich in eines
der Badezimmer der Suite führte.
    Nachdem mich Augenbraue ins Zimmer geführt hatte, schloss er die
gepolsterte Tür von außen. Zu beiden Seiten standen zwei der Ikeaschränke.
Hinter dem Schreibtisch saß der harte Mann mit dem eisengrauen Haar. Er nippte
an einem Teeglas und gebot mir mit einer Armbewegung, an den Schreibtisch zu
treten und mich in den Bittstellersessel davor zu setzen. Tee bot er mir keinen
an. Nach einer kleinen Ruhepause begann er zu sprechen. Hart und kalt in der
Diktion, ohne auch nur den geringsten Anflug von Akzent.
    »Ich hoffe, die Einladung kam nicht ungelegen und wurde von den
Boten

Weitere Kostenlose Bücher