Papierkrieg
rücksichtsvoll überbracht. Ich weiß, Herr Doktor, Sie sind ein
vielbeschäftigter Mann, aber die Angelegenheit, in die wir beide verwickelt
sind, macht ein weiteres Gespräch unumgänglich. Ich möchte mich für die
unerfreulichen Begleitumstände unseres letzten Treffens entschuldigen und mich
gleichzeitig bedanken, dass wir mit Ihrer Hilfe einen wichtigen Schritt zur
Wahrung unserer Interessen setzen konnten.«
Er machte wieder eine
kleine Pause und leerte das Teeglas, das er während seines Vortrags in den
Händen gedreht hatte. »Ich möchte nicht spekulieren, warum ein Mann wie Sie ein
persönliches Interesse an einem so unbedeutenden Vorfall haben könnte, darum
komme ich gleich zur Sache. Ich nehme an, dass Sie mittlerweile die
Hintergründe der Tat, die uns zusammengeführt hat, erkennen.«
Als ich zu einer Verneinung anhob, unterbrach er mich rasch.
»Aus sicheren Quellen wissen wir von Ihrer Bekanntschaft mit dem
serbischen Kunsthändler und seiner Frau und von Ihrer Anwesenheit am Tatort des
Verbrechens, das an ihnen verübt wurde. Nun, ich weine den beiden keine Träne
nach; wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Aber es würde sowohl Ihre als
auch meine Intelligenz beleidigen, wollten Sie mir weismachen, dass Sie allein
der Zufall in die Wohnung geführt hat.«
Ich wartete ab, sollte er nur weiterreden, vielleicht käme ich so
an ein paar Informationen heran, die mir sonst verwehrt bleiben würden. Wer
viel redet, sagt oft mehr, als er eigentlich wollte.
»Im Zuge unserer Geschäfte, die dank der Bedeutung des Wiener
Flughafens und dem Fleiß chinesischer Geschäftsleute sehr angenehm für uns
waren, kam es zu ein paar kleinen Unregelmäßigkeiten, von denen wir bis vor
Kurzem noch keine Kenntnis hatten. Der unerfreuliche Zwischenfall mit dem
polnischen Spieler hat uns gezwungen, ein bisschen genauer hinzusehen, nicht,
dass wir nicht ohnedies früher oder später hinter die Nebengeschäfte unserer
Partner gekommen wären. Sei es, wie es will, im Zuge unserer Nachforschungen
mussten wir feststellen, dass ein kleiner, aber sehr wertvoller Gegenstand, dem
wir schon einige Zeit nachspüren, auftauchte. Wir schlugen zu, aber zu spät.
Besagter Gegenstand, der sich eigentlich rechtlich in unserem Besitz befinden
müsste, war bereits verschwunden.«
Er spielte weiter mit dem Teeglas in seiner Hand, ohne mich auch
nur für eine Sekunde aus dem Bannstrahl seiner blauen Augen entwischen zu
lassen. »Wir haben Sie nun hierher gebeten, um in dieser Angelegenheit eine
Übereinkunft zu erzielen, unsere weitere Vorgehensweise aufeinander abzustimmen
und dadurch zu garantieren, dass wir unsere und Sie Ihre Interessen zu wahren
vermögen.«
»Sie schwingen da schöne Reden und zu Ihrem Deutsch kann ich Sie
wirklich nur beglückwünschen, aber mir stellen sich doch einige Fragen.
Erstens, wenn ich das Pergament besitzen würde, rein hypothetisch, bräuchte ich
Sie nicht, um es zu verkaufen, und Sie würden das auch nie erfahren. Zweitens,
wenn ich wüsste, wo es sich im Moment befindet, wüsste ich sicher auch, wie ich
in seinen Besitz gelangen könnte, was uns zu Punkt eins zurückführt. Drittens,
wenn Sie wirklich so gut sind, wie Sie mir weismachen wollen, und glauben, dass
ich so gut bin, wie Sie mir Honig ums Maul schmieren, dann erübrigen sich Ihre
schönen Worte, und all das, die Einladung, das Gespräch und was noch kommen
wird, war redundant. So wie ich die Situation einschätze, hätten Sie mich
gleich gefoltert. Also, ich wäre dafür, dass Sie sich nochmal ein Glas Tee
kommen lassen, gerne auch eins für mich, und dass wir dann noch einmal von
vorne beginnen, vernünftig diesmal.«
Ich hatte während meines Monologs, der leider nicht von
Shakespeare war, die ganze Zeit über seine Mimik beobachtet, bereit, auf das
kleinste Zeichen zu reagieren. Seine Miene hatte sich zwar im Laufe des
Gesagten ein wenig verdüstert, aber nicht in bedrohlichem Ausmaß. Also hatte
ich, wieder einmal, alles auf eine Karte gesetzt.
Er wandte den Kopf den Ikeaschränken an der Tür zu, zeigte mit
einem Finger an sein Teeglas und deutete mit zwei Fingern, wie viele gebracht
werden sollten. Im Anschluss an seine lautlosen Signale nickte er mit dem Kopf.
Ich konnte die Reaktionen der beiden Türsteher zwar nicht direkt sehen, aber
die Autorität seiner Gesten und der minimale Zeitabstand zwischen seinem Befehl
und dem Öffnen der Tür zeigte mir, dass die beiden
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