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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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und der »Mann« sich gegenseitig quälen und unausweichlich Morde heraufbeschwören, wenn einer von ihnen des anderen müde wird und zu einer neuen Liebe hinfliegt.
    Wegen der schönen Charlie (Barrat) hat ein Schwarzer, er heißt Simplon, in der letzten Woche eine Type namens Siderot umgebracht. Das ist schon der dritte, den Simplon wegen Charlie getötet hat.
    Ich bin kaum einige Stunden im Lager, da kommen schon zwei Burschen zu mir, um mich zu sprechen.
    »Sag mal, Papillon, ich würde gerne wissen, ob Maturette dein Bubi ist?«
    »Warum?«
    »Ich habe meine Gründe.«
    »Höre! Maturette hat zweitausendfünfhundert Kilometer Flucht mit mir gemacht, wo er sich wie ein Mann verhalten hat. Das ist alles, was ich dir zu sagen habe.«
    »Ich möchte wissen, ob er mit dir geht.«
    »Nein. Ich kenne Maturette nicht von der Sexseite. Ich betrachte ihn als meinen Freund, das übrige geht mich nichts an, außer man will ihm was Schlechtes antun.«
    »Und wenn er eines Tages meine Frau würde?«
    »Wenn er einverstanden ist, werde ich mich nicht einmischen. Aber wenn du ihn deswegen bedrohst, bekommst du es mit mir zu tun,« Ob es passive oder aktive Homosexuelle sind, immer ist es das gleiche, sowohl die einen wie die anderen leben nur ihrer Leidenschaft, ohne an irgend etwas anderes zu denken.
    Ich habe den Italiener getroffen, den vom Überfall auf einen Goldtransport. Er kam, mir guten Tag zu sagen.
    Ich frage ihn: »Du bist noch hier?«
    »Ich habe alles versucht. Meine Mutter hat mir Zwölftausend Franc geschickt, der Gammler hat mir sechstausend Provision abgenommen, ich habe viertausend ausgegeben, um freizukommen. Ich habe erreicht, daß ich in Cayenne ins Radio kam. Es hat alles nichts genützt. Dann habe ich mich wegen Verwundung eines Freundes anklagen lassen, du kennst ihn, es ist Razzori, der korsische Bandit.«
    »Nun, und?«
    »Wir haben uns abgesprochen, er hat sich eine Wunde am Bauch zugefügt, und ich bin mit ihm zusammen vors Militärgericht gekommen, er als Kläger und ich als Täter. Wir sind damit nicht durchgekommen. In zwei Wochen war die Sache erledigt. Sechs Monate Einzelhaft für mich. Du hast mich im vergangenen Jahr nicht einmal dort gesehen, nicht gewußt, daß ich da bin. Papi, ich kann nicht mehr. Ich möchte mich umbringen.«
    »Besser, du krepierst im Meer auf der Flucht. Wenigstens stirbst du frei.«
    »Ich bin zu allem bereit. Du hast recht. Wenn du irgendwas vorbereitest, mach mir ein Zeichen.«
    »Einverstanden.«
    Und so beginnt das Leben auf Royale von neuem. Ich bin Büffeltreiber. Mein Büffel heißt Brutus. Er wiegt zweitausend Kilo und ist ein Mörder. Er tötet andere Büffel. Er hat schon zwei umgebracht. »Ich gebe ihm eine letzte Chance«, sagt mir der Aufseher Angosti, der die Büffel über hat. »Wenn er noch einen Büffel tötet, wird er geschlachtet.«
    An jenem Morgen habe ich die Bekanntschaft von Brutus gemacht. Der Schwarze aus Martinique, der ihn bisher führte, muß eine Woche bei mir bleiben, damit ich es lerne. Ich war gleich gut Freund mit Brutus, weil ich ihm auf die Nase pißte: seine lange Zunge liebt einen scharfen Tropfen. Dann habe ich ihm einige Maulvoll Grünes gegeben, das ich im Spitalsgarten abgerissen habe. Ich steige mit Brutus abwärts, der wie ein Ochse im Joch geschirrt ist und einen Karren zieht, der aus den Tagen der Schattenkönige stammen könnte, so altertümlich ist er gebaut, und auf dem sich ein Faß mit dreitausend Liter befindet. Meine Arbeit und die meines Kumpans Brutus besteht darin, zum Meer hinunterzugehen, die Tonne mit Wasser zu füllen und den sehr steilen Hang bis zur Hochebene wieder heraufzusteigen. Hier öffne ich den Spund, und das Wasser rinnt die Rinne hinunter, spült den Latrinendreck vom Morgen weg. Ich beginne um sechs Uhr früh, und gegen neun bin ich fertig.
    Nach vier Tagen erklärt der Schwarze, daß ich jetzt schon ohne ihn auskommen kann. Es gibt nur eine lästige Sache dabei: Jeden Morgen um fünf muß ich in den Büffelpfuhl waten, um Brutus zu suchen, der sich versteckt, weil er nicht arbeiten will. Da er sehr empfindliche Nüstern hat, ist ein Eisenring durchgezogen, und es hängt ständig eine fünfzig Zentimeter lange Kette dran. Wenn ich Brutus entdecke, zieht er sich zurück, taucht im Pfuhl unter und kommt an einer anderen Stelle heraus. Manchmal brauche ich eine ganze Stunde, bevor ich ihn in diesem widerlich stinkenden, stehenden Pfuhlwasser, voll mit Getier und Schlingpflanzen, erwische. Ich allein

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