Papillon
gerate in Wut: »Du Lump! Du Dickschädel! Eigensinnig wie ein Bretone!
Wirst du herauskommen, du Scheißkerl! Ja oder nein, du Arschloch?« Nur auf die Kette reagiert er empfindlich, Schimpfen macht ihm nichts aus. Wenn er aber dann endlich aus dem Pfuhl herauskommt, wird er zu meinem Kumpan.
Ich habe immer zwei Ölkanister mit Süßwasser, beginne mich abzuduschen, und wenn ich nach dem Einseifen und Abspülen fertig bin, bleibt mir meistens mehr als die Hälfte einer Kanne übrig, und dann wasche ich auch Brutus. Zuerst mit Kokosmilch, reibe ihm die empfindlichen Teile damit ein und spüle ihn hernach ab. Brutus reibt seinen Kopf an meinen Händen und stellt sich von allein vor die Karrendeichsel. Ich steche ihn niemals mit dem Büffelspieß, wie es der Schwarze immer getan hat. Er ist mir dafür dankbar, mit mir läuft er viel schneller als mit dem Schwarzen.
Eine reizende kleine Büffeldame ist verliebt in Brutus, sie begleitet uns und läuft die ganze Zeit an unserer Seite mit. Ich verjage sie nicht, wie es der andere Büffeltreiber tat, im Gegenteil. Ich lasse es zu, daß sie Brutus küßt und uns überallhin begleitet. Zum Beispiel störe ich sie auch nicht, wenn die beiden miteinander kosen, und Brutus erweist seine Dankbarkeit darin, daß er die dreitausend Liter mit unglaublicher Schnelligkeit hinaufzieht. Es scheint, als wollte er die Zeit wieder einholen, die er mich verlieren ließ während seiner Liebespausen, wenn er Marguerite zärtlich ableckt, sie heißt nämlich Marguerite, diese reizende Büffelin.
Gestern gab es beim Appell um sechs Uhr einen kleinen Skandal wegen Marguerite. Der Schwarze aus Martinique war anscheinend gelegentlich auf eine kleine Mauer geklettert und hatte mit der Färse tagsüber die Liebe geübt. Von einem Aufseher dabei überrascht, hatte er auf dreißig Tage in die Korrektionszelle wandern müssen. »Koitus mit einem Tier«, war die offizielle Begründung. Als gestern beim Appell Marguerite ins Lager geführt wurde, kam sie an mehr als sechzig Männern vorbei, und als sie zum Schwarzen hinkam, drehte sie sich um und zeigte ihm ihren Hintern. Es brach allgemeines Lachen aus, und der Schwarzhäutige wurde grau vor Verlegenheit.
Dreimal täglich muß ich die Wasserreise machen. Am längsten dauert das Einfüllen der Tonnen unten am Meer durch zwei Leute, aber es geht trotzdem recht schnell. Um neun Uhr bin ich mit der Arbeit fertig und gehe fischen.
Ich habe mich mit Marguerite verbündet, um Brutus aus dem Pfuhl herauszubringen. Wenn ich sie hinter den Ohren kraule, gibt sie Töne ähnlich den Brunftlauten von sich. Daraufhin kommt Brutus gleich allein heraus.
Da ich es nun nicht mehr nötig habe, mich vom Schmutz zu reinigen, kann ich Brutus sorgfältiger als vorher baden. Ganz sauber und ohne nach dem abscheulichen Pfuhlwasser zu stinken, in dem er die Nacht verbringen muß, gefällt er Marguerite noch mehr, und er profitiert davon.
Wenn man vom Meer heraufsteigt, ungefähr auf dem halben Hang, befindet sich eine etwas flachere Stelle, wo ich einen großen Stein zum Ausruhen habe. Brutus hat die Gewohnheit, fünf Minuten zu verschnaufen, und während er sich ausruht, verkeile ich die Karrenräder, damit sie nicht zu rollen beginnen. Aber heute morgen erwartet uns ein anderer Büffel, Danton, ebenso groß wie er, der sich hinter kleinen Kokospalmen versteckt hielt, die nur Blätter haben, denn sie gehören zur Baumschule. Danton springt los und greift Brutus an. Der weicht zur Seite, und der Stoß geht daneben, trifft den Karren. Eines von den Hörnern hat eine Tonne durchbohrt. Danton macht ungeheure Anstrengungen, sich zu befreien. Ich spanne Brutus aus.
Brutus läuft den Hang hinauf, mindestens dreißig Meter weit, und stürzt sich dann von oben im Galopp herunter auf Danton. Die Angst oder die Verzweiflung bewirken, daß er sich von der Tonne frei macht, bevor mein Büffel über ihn kommt, aber Brutus kann nicht rechtzeitig bremsen und wirft den Karren um.
Nun werde ich Zeuge einer höchst seltsamen Sache. Brutus und Danton berühren sich ohne zu stoßen mit den Hörnern, reiben nur ihr riesiges Gehörn aneinander. Es sieht so aus, als ob sie miteinander sprechen würden, und doch brüllen sie nicht, sie schnaufen nur. Hierauf steigt langsam die Färse den Hang empor, von den beiden Büffeln gefolgt, die von Zeit zu Zeit stehenbleiben und wiederum ihre Hörner aneinander reiben. Wenn das zu lange dauert, gibt Marguerite einen schmachtenden Seufzer von sich und
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