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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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kleinste Lehrling versteht von der Sache mehr als ich. Eines muß ich mir selbst versprechen: ein anständiges Leben zu führen, wenigstens nach meinen eigenen höchsten Moralansprüchen.
    Gegen sechzehn Uhr komme ich heim.
    »Nun, Papi, tut das wohl, die ersten Atemzüge in Freiheit? Bist du nett spazierengegangen?«
    »Ja, Guittou. Ich habe mir das Viertel da angesehen. Bin in der ganzen Gegend herumgestrolcht.«
    »Hast du deine Chinesen getroffen?«
    »Nein.«
    »Sie sind im Hof. Das sind vielleicht Tausendsasas, deine Kumpel! Haben schon vierzig Dollar gemacht und wollten mir um jeden Preis zwanzig davon geben. Ich hab natürlich abgelehnt. Schau sie dir an.«
    Quiek schneidet gerade Kraut für sein Schwein. Der Einarmige wäscht den Esel, der sich das fröhlich gefallen läßt. »geht’s, Papillon?«
    »Ja, geht gut, und euch?«
    »Wir sind sehr zufrieden, haben vierzig Dollar gemacht.«
    »Wie das?«
    »Wir sind um drei Uhr früh aufs Land hinaus, einer von den Unsrigen hat uns begleitet, um uns alles zu zeigen. Er hatte zweihundert Dollar dabei. Mit denen haben wir Tomaten, Salat, Auberginen gekauft, alle möglichen frischen Gemüse, und auch Hühner, ein paar Eier und Ziegenmilch. Dann haben wir das alles zum Markt in der Nähe des Hafens gebracht und zuerst einmal etwas davon an unsere Landsleute verkauft, und dann amerikanischen Marineleuten. Sie haben unsere Preise so niedrig gefunden, daß sie uns gebeten haben, gar nicht erst auf den Markt zu gehen, sie werden uns schon vor dem Hafeneingang erwarten und dort alles abkaufen. Hier, nimm das Geld. Du bist immer noch der Chef und mußt es aufbewahren.«
    »Du weißt sehr gut, Quiek, daß ich selber Geld habe und nichts von dem da brauche.«
    »Nimm das Geld, oder wir arbeiten nicht mehr.«
    »Höre, die Franzosen leben ungefähr von fünf Dollar. Wir werden uns jeder fünf Dollar nehmen und fünf hier im Haus abgeben für das Essen. Das übrige legen wir auf die Seite, um euren Lands leuten die zweihundert Dollar zurückzugeben, die sie euch geborgt haben.«
    »Einverstanden.«
    »Und morgen möchte ich mit euch kommen.«
    »Nein,
du
sollst schlafen. Wenn du willst, triff uns morgen um sieben vor dem großen Eingang zum Hafen.«
    »Gemacht.«
    Jedermann ist glücklich, zuerst einmal wir, weil wir nun wissen, daß wir unser Leben bestreiten können und nicht unseren Freunden zur Last fallen müssen. Und dann auch Guittou und die beiden anderen, die sich bei all ihrer Gutmütigkeit doch sicherlich schon gefragt haben, wieviel Zeit wir wohl brauchen werden, um auf unseren eigenen Füßen zu stehen.
    »Um diesen Gewaltmarsch deiner Freunde zu feiern, denn das war einer, werden wir uns zwei Liter Pastis machen, Papillon. Was hältst du davon?«
    Julot geht weg und kommt mit weißem Rum aus Zuckerrohr und allerlei Zutaten zurück. Eine Stunde später trinken wir Pastis wie in Marseille. Vom Alkohol animiert, werden unsere Stimmen lauter, und wir lachen hellauf vor Lebensfreude. Indische Nachbarn, die hören, daß bei den Franzosen gefeiert wird, kommen ohne Umstände herein und lassen sich einladen. Es sind drei Männer und zwei junge Mädchen. Sie bringen mehrere Spieße mit stark gepfefferten und gewürzten Hühner- und Schweinefleischstücken. Die beiden Mädchen sind von ungewöhnlicher Schönheit: ganz in Weiß gekleidet, die Füße nackt, mit einem silbernen Reifen um den linken Knöchel. Guittou sagt zu mir:
    »Paß auf, das sind richtige junge Mädchen. Laß dich nicht etwa zu Worten verleiten, weil ihre nackten Brüste unter dem durchsichtigen Gewand zu sehen sind. Bei denen ist das ganz normal.«
    Mich regt das nicht auf, ich bin zu alt. Aber Julot und Petit-Louis haben gleich am Anfang, als wir hierherkamen, die Mädchen verschreckt. Sie sind dann lange nicht mehr zu uns gekommen.
    Diese beiden Hindumädchen sind wirklich wunderhübsch. Ein tätowierter dunkler Punkt auf der Stirn gibt ihnen ein exotisches Aussehen. Freundlich sprechen sie mit uns, trotz meinem wenigen Englisch kann ich doch verstehen, daß sie uns in Georgetown willkommen heißen und uns Glück wünschen.
    Heute nacht sind Guittou und ich ins Stadtzentrum gegangen. Man könnte meinen, hier lebt eine andere Bevölkerung, völlig verschieden von der, wo wir wohnen. Diese Stadt brodelt von Menschen. Unzählige Bars, Restaurants, Kabaretts und Nachtlokale strahlen Licht aus und machen die Straßen taghell.
    Nachdem ich in der Abendvorstellung eines Kinos gewesen bin, wo ich zum erstenmal

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