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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Ausziehen gut gemacht? Wo hapert’s noch?«
    »Hab ich fast richtig gesungen? Gottlob ist es ein leichtes Publikum.«
    Diese ganze Gruppe ist wirklich sympathisch. Die Huren, in Artistinnen verwandelt, nehmen ihre Aufgabe sehr ernst und scheinen glücklich zu sein, daß sie ihr altes Metier an den Nagel gehängt haben. Das Geschäft könnte nicht besser gehen. Eine einzige Schwierigkeit gibt es: für so viele alleinstehende Männer sind zuwenig Frauen da. Alle Gäste möchten, wenn schon nicht für die ganze Nacht, so doch wenigstens für eine Weile eines der Mädchen an ihrem Tisch haben, vor allem eine »Künstlerin«. Das gibt Eifersucht. Von Zeit zu Zeit, wenn zufällig zwei Frauen am selben Tisch sitzen, erhebt ein Teil der Gäste laut Protest.
    Die kleinen Negerinnen sind ebenfalls sehr begehrt, erstens weil sie schön sind, zweitens weil es im Busch keine Frauen gibt. Manchmal geht Daya hinter die Bar, schenkt ein und spricht mit allen. Dann können sich an die zwanzig Männer zugleich ihrer Gesellschaft erfreuen.
    Um diesen Eifersüchteleien und Beschwerden einen Riegel vorzuschieben, wage ich ein Experiment – ich richte ein Lotteriespiel ein. Das geht so: Nach jeder Entkleidungs- oder Gesangnummer entscheidet ein großes, mit den Zahlen l bis 32 versehenes Rad, zu welchem der ebenfalls mit Nummern versehenen Tische sich das Mädchen zu begeben hat. Die Bar erhält zwei Nummern. Um an der Verlosung teilnehmen zu können, muß man ein Los zum Preis einer Flasche Whisky oder Flasche Champagner erstehen.
    Diese Idee wird, glaube ich, zwei Vorteile bringen: erstens werden die Beschwerden aufhören, und zweitens wird sich der Alkoholkonsum heben. Der Gewinner hat das Vergnügen, das schöne Kind um den Preis einer Flasche eine Stunde lang an seinem Tisch zu haben. Das Getränk wird folgendermaßen serviert: Während sich das Fräulein vollkommen nackt hinter dem riesigen Fächer versteckt, den man ihr zum Schluß gereicht hat, setzt man das Rad in Gang. Sobald die Nummer herauskommt, steigt das Mädchen auf einen großen, silbrig angemalten Holzteller, auf dem bereits die Flasche steht, der Teller wird von vier handfesten Burschen aufgehoben und zum gewinnenden Tisch hingetragen. Sie selbst entkorkt dann die Flasche, trinkt, noch immer ganz nackt, einen Schluck, entschuldigt sich und kommt nach fünf Minuten, jetzt wieder bekleidet, an den Tisch zurück.
    Sechs Monate lang hat das Ganze prächtig funktioniert. Aber nach der Regenzeit sind neue Gäste aufgetaucht, wilde Gold- und Diamantensucher, die im Busch die reichhaltigen Ablagerungen durchwühlen.
    Auf altertümliche Art nach Gold und Diamanten zu suchen ist eine außerordentlich schwere Sache. Häufig bringen sie einander um, oder sie bestehlen sich gegenseitig. Diese Leute sind auch alle bewaffnet, und wenn sie ein kleines Säckchen Gold oder eine Handvoll Diamanten beisammen habe n, können sie der Versuchung nicht widerstehen, ihren Schatz blödsinnig zu vergeuden. Die Mädchen erhalten auf jede Flasche eine Menge Prozente. Also schalten sie äußerst flink und schütten, während sie den Gast umarmen, den Champagner oder Whisky in den Eiskübel, damit die Flasche schneller zu Ende ist. Aber manche bemerken das trotz des genossenen Alkohols und reagieren so brutal darauf, daß ich gezwungen war, die Stühle am Boden festzumachen. Und mit dieser neuen Kundschaft kam natürlich wieder, was kommen mußte.
    Man nannte sie »Zimtblüte«. Tatsächlich hatte ihr Teint die Farbe von Zimt. Dieses Kind, das ich buchstäblich aus der Gosse von Georgetown herausgezogen hatte, machte die Gäste mit ihrer Art von Striptease buchstäblich verrückt. Ihr Auftritt begann damit, daß man ein weißseidenes Sofa auf die Bühne brachte, und dort entkleidete sie sich nicht nur auf selten perverse Art, sondern sie streckte sich dann auch noch splitternackt auf das Sofa hin und begann ihren eigenen Körper zu liebkosen. Ihre langen, spitzen Finger glitten über die ganze Haut, von den Haaren bis zu den Füßen, und ließen auch nicht die kleinste Stelle unberührt. Unnötig zu beschreiben, wie aufregend dieses seltsame Liebesspiel für die im Busch verwilderten und vom Alkohol erhitzten Männer war.
    Lüstern auch aufs Geldverdienen, hatte sie verlangt, daß der Preis für ihre Lotterienummer zwei Flaschen Champagner sein müsse, nicht nur eine wie bei den andern. Nachdem er einige Male vergeblich an der Lotterie um »Zimtblüte« teilgenommen hatte, fand einer dieser

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