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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Absatz, der Oberteil ist aus besticktem Stoff. Nur der Mittelfuß ist bedeckt. Die Zehen bleiben frei, und der Stoff umfaßt die Ferse.
    »Wir brauchen euch nicht zu fragen, woher ihr kommt. Eure Tätowierungen sagen uns schon, daß ihr Flüchtlinge aus dem französischen Bagno seid.«
    Das rührt mich ganz besonders. Sie wissen also, daß wir Männer sind, die für schwere Verbrechen grausame Strafen erhielten, aus einem Gefängnis geflüchtet, von dem sie aus Büchern oder Zeitungsartikeln erfahren haben – und doch finden diese einfachen Menschen es ganz natürlich, uns beizustehen, uns zu helfen? Jemandem Kleider zu geben, wenn man reich oder wohlhabend ist, einem Fremden, der Hunger hat, Essen zu geben, wenn es an nichts im Hause gebricht, nicht für die Familie, nicht für sich selbst, beweist zwar ein gutes Herz. Aber einen Maisfladen oder einen Ölkuchen, der aus Manioka im eigenen Herd gebacken wurde und für die ganze Familie reichen soll, in zwei Teile zu brechen, so daß für einen selbst und für die Seinen nicht genug bleibt, das einfache Mahl, das kaum hinreicht, eine kleine Gemeinschaft zu ernähren, mit einem Fremden teilen, der überdies noch ein geflüchteter Sträfling ist – das ist einfach bewundernswert. Heute morgen sind alle, Männer wie Frauen, schweigsam. Sie scheinen beunruhigt und voll Sorge zu sein. Was geht vor? Tibisay und Nenita sind bei mir. Ich konnte mich zum erstenmal seit vierzehn Tagen rasieren. Jetzt sind wir schon eine Woche im Kreis all dieser Menschen, die ihr Herz auf der Hand tragen. Da sich über meinen Verbrennungen schon eine dünne Haut gebildet hat, konnte ich es wagen, mir ein wenig den Bart zu schaben. Wegen seines wilden Wuchses hatten die Frauen bisher nur eine vage Vorstellung von meinem Alter. Nun sind sie entzückt. Und sie sagen mir ganz naiv, wie jung sie mich finden. Immerhin bin ich schon fünfunddreißig, aber ich sehe wie achtundzwanzig oder dreißig aus. Ja, ich spüre es, alle diese gastfreundlichen Leute sorgen sich um uns.
    »Was gibt’s denn, Tibisay? Sag mir, was ist los?«
    »Wir erwarten die Polizeibeamten von Guiria, einem Nachbardorf. Bei uns gibt es keinen Kommissar, und wir wissen nicht, wie, aber jedenfalls hat die Polizei erfahren, daß ihr hier seid. Sie wird herkommen.«
    Eine große, schöne Schwarze kommt auf mich zu, begleitet von einem jungen Mann mit nacktem Oberleib, die weißen Hosen bis zu den Knien hinaufgerollt. Sein athletischer Körper ist wohlproportioniert. Die »Negrita« – das ist ein sehr gebräuchliches Kosewort für die farbigen Frauen in Venez uela, wo es keinerlei religiöse oder Rassendiskriminierung gibt – kommt mit einem Vorschlag. »Senior Enriquez«, sagt sie zu mir, »die Polizei ist auf dem Weg hierher. Ich weiß nicht, ob das etwas Gutes oder etwas Schlechtes für Sie bedeuten kann. Wollen Si e sich nicht eine Weile in den Bergen verstecken? Mein Bruder kann Sie zu einer Hütte hinbringen, wo niemand Sie suchen wird. Tibisay, Nenita und ich haben ausgemacht, daß wir Ihnen, jeden Tag eine andere, das Essen hinauftragen und Sie von allen Geschehnissen unterrichten werden.«
    Ich bin so gerührt, daß ich die Hand dieser großherzigen Frau küssen will. Aber sie entzieht sie mir und küßt mich schlicht und freundlich auf die Wange.
    Aus der Ferne kommen Reiter heran. Alle tragen einen langen, gebogenen Säbel, den man zum Zuckerrohrschneiden verwendet und der wie ein Degen an der linken Seite hängt, dazu einen breiten Gewehrgürtel und einen riesigen Revolver in einer Lederhalfter an der rechten Hüfte. Sie sitzen ab. Ein Mann von mongolischem Aussehen, mit indianischem Augenschnitt, kupferbrauner Haut, groß und dürr, Mitte der Vierzig, auf dem Kopf einen breiten Reisstrohhut, nähert sich uns.
    »Guten Tag. Ich bin der Polizeipräfekt.«
    »Guten Tag, mein Herr.«
    »Warum habt ihr nicht gemeldet, daß bei euch fünf Cayenneflüchtlinge sind? Sie sollen schon acht Tage hier sein, hat man mir gesagt. Antwortet!« wendet er sich an die Umstehenden.
    »Weil wir abgewartet haben, bis ihre Verbrennungen geheilt und sie wieder imstande sind, zu gehen.«
    »Wir sind hergekommen, um sie nach Guiria zu bringen. Ein Lastwagen wird sie abholen.«
    »Kaffee?«
    »Ja, danke.«
    Wir sitzen in der Runde und trinken alle Kaffee. Ich studiere den Polizeipräfekten und die Polizisten. Sie sehen nicht bösartig aus. Sie machen eher den Eindruck, als ob sie höheren Befehlen gehorchten, mit denen sie nicht ganz

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