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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Zeit von Präsident Gomez wurden die Schweren unter unmenschlichen 5Bedingungen zur Straßenarbeit gezwungen. Dann hat man sie an Frankreich ausgeliefert, diese ›Cayenner‹, wie sie die Schweren dort nennen.«
    »Richtig. Aber jetzt im Krieg kann das nicht mehr so sein.«
    »Sie sind nicht im Krieg, habe ich in Georgetown gehört. Sie sind neutral.«
    »Sicher?«
    »Ganz sicher.«
    »Dann ist es für uns gefährlich.«
    Auf der rechten wie auf der linken Landseite sind jetzt Lichter auszunehmen. Nochmals Sirenengeheul, diesmal drei Stöße hintereinander. Von rechts steigen Lichtsignale auf. Eben ist der Mond herausgekommen. Er steht nicht hoch, aber er beleuchtet unser Fahrzeug. Direkt vor uns steigen zwei riesige schwarze Felsspitzen hoch aus dem Meer. Das muß der Grund für das Sirenengeheul sein, sie warnen uns dort drüben vor der Gefahr.
    »Seht – Schwimmbojen! Ein ganzer Rosenkranz! Warum sollen wir uns nicht an eine hängen und den Tag abwarten? Hol das Segel ein, Chapar!«
    Er macht eilig die Hosen und Hemden, die ich so anspruchsvoll bezeichne, vom Mast los. Ich bremse mit meinem Schaufelchen und drehe an einer der Bojen bei, mit dem Bug voran, an dem glücklicherweise noch ein gutes Stück der Trosse an ihrem Ring hängt. Fertig. Gemacht. Wir hängen. Allerdings nicht direkt an der Schwimmboje, denn da gab es nichts zum Festmachen der Trosse, sondern an der Kette, die die eine Boje mit der anderen verbindet.
    Nun liegen wir also gut an dem Rosenkranz verankert, der zweifellos die Fahrrinne begrenzt. Ohne uns um das Gejaule zu kümmern, das unausgesetzt vo n der rechten Seite herkommt, strecken wir uns im Boot aus und decken uns gegen den Wind mit dem Segel zu. Trotz der Nachtkühle breitet sich in meinem Körper sanfte Wärme aus, und ich bin bestimmt der erste, der schläft wie ein Murmeltier.
    Als ich erwache, ist es um uns her hell und klar. Die Sonne ist aus den Federn gefahren, das Meer stark bewegt, und seine grünblaue Farbe zeigt an, daß unter uns Korallenriffe sind.
    »Was tun wir jetzt? Beschließen wir, an Land zu gehen? Ich krepiere vor Hunger und Durst!«
    Das ist das erstemal, daß einer über die Fasttage klagt. Heute ist es genau unser siebenter.
    »Wir sind so nahe beim Festland, daß wir gar keinen schweren Fehler begehen können.« Das sagt Chapar.
    Von meinem Platz aus sehe ich geradeaus in die Ferne und kann hinter den zwei riesigen Felsen, die aus dem Meer ragen, den Landeinschnitt wahrnehmen. Demnach liegt rechts Trinidad und links Venezuela.
    Ohne Zweifel befinden wir uns im Golf von Paria, und da das Wasser blau und nicht – von den Ausschwemmungen des Orinoko – gelblich ist, bedeutet das, daß wir uns in der Strömung befinden, die zwischen den beiden Ländern ins offene Meer hinausführt.
    »Was also sollen wir tun? Wählt ihr – für mich allein ist die Entscheidung zu schwer. Rechts die britische Insel Trinidad, links Venezuela. Wohin wollt ihr gehen? Bei dem Zustand unseres Bootes und unserer eigenen körperlichen Verfassung müssen wir so schnell wie möglich an Land. Unter uns sind zwei Freigelassene: Guittou und Barriere. Wir drei, Chapar, Deplanque und ich, sind mehr gefährdet. Demnach müssen wir entscheiden. Was meint ihr?«
    »Das klügste wäre, nach Trinidad zu gehen. Venezuela – das hieße ins Unbekannte.«
    »Unsere Entscheidung erübrigt sich«, sagt Deplanque plötzlich, »das Kanonenboot, das dort kommt, nimmt sie uns ab.«
    Und tatsächlich rast ein Kanonenboot auf uns zu, es dreht in fünfzig Meter Entfernung bei, ein Mann nimmt ein Megaphon, ich sehe eine Flagge, die nicht britisch ist, vollgesät mit Sternen, sehr schön, ich habe diese Flagge noch nie im Leben gesehen, es muß die von Venezuela sein. Später wird sie einmal »meine Fahne«
    werden, die Fahne meines neuen Vaterlandes, das ergreifendste Symbol für mich wie für jeden normalen Menschen, der in einem Stück Stoff die edelsten Eigenschaften eines großen Volkes versinnbildlicht sieht meines Volkes.
    »Quienes son ustedes? – Wer seid Ihr?«
    »Franzosen!«
    »Estan locos? – Seid ihr verrückt?«
    »Warum?«
    »Porque son amarados a minas! – Weil ihr euch an Minen angehängt habt!«
    »Deshalb kommt ihr auch nicht näher, was?«
    »Ja. Macht euch los!«
    »Sofort.«
    Binnen drei Sekunden hat Chapar die Trosse gekappt. Einfach so mir nichts, dir nichts, hatten wir uns an die Kette schwimmender Seeminen angehängt – es sei das reine Wunder gewesen, daß wir nicht in

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