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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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nahen Anwesen des mächtigen Mannes, dessen Arm weit reichte und der alles in seinem Umfeld zu kontrollieren wusste. Manchmal wurden sie beordert, sich nach dem Anwesen zu begeben und dort mussten sie bei besonderen Prozessionen Fackeln halten, oder sie mussten mit verbundenen Augen einen Kreis bilden, während sie Schreie hörten und dumpfe Laute. Sie wussten nicht, was vor sich ging und welcher Taten sie unwissende Zeugen wurden. All das blieb ihnen verborgen. Doch sie wussten, dass sie bereits verloren hatten, dass sie im unrettbaren Sog nach einer verschwiegenen Hölle waren.
    Gewisse Leute glaubten , dass Marcial mit dem Bösen einen Bund eingegangen war wie andere Leute eine Ehe. Sie erzählten hinter vorgehaltener Hand von seinen grauenhaften Handlungen, seinen Dienerinnen und seinen Schergen. Manchen behaupteten gehört zu haben, er bewahre die Leichen seiner Feinde auf und habe sie sogar ausgestellt. Wie in einem Museum ging das Gerücht. Doch niemand ausser ihm durfte diesen Raum betreten. Doch niemand wusste es so genau, niemand kannte so ganz die Umstände. Es rankten sich allerhand Geheimnisse um ihn und die Landarbeiter fürchteten ihn ebenso, wie sie sich unter seinem Schirm vor den Behörden in Sicherheit wussten. Es war eine Abhängigkeit, getragen von verlässlichem Hass, welche beide Seiten verband.
    Als in diesem Frühjahr die Agenten kamen, gab es einen Zwischenfall. Ein Wachhund, der schon länger als bissig bekannt war und den man deshalb ankettete, hatte sich befreien können und stürmte auf einen der Agenten los. Er rannte ihn bellend um und biss ihn in die Schulter, nur knapp die Halsschlagader verpassend. Die anderen schossen auf das Tier, doch ein Schuss ging fehl und verletzte den niedergestreckten Agenten. Röchelnd schrie er Zeter und Mordio, als das tote Tier auf ihn sank. Da war einer der jüngeren Landarbeiter hinzugekommen, um den Hund hinwegzuziehen. Doch die anderen Agenten hatten ihn missverstanden und ein weiterer Kugelregen ging auf ihn nieder, so dass er blutüberströmt und zitternd zu Boden ging, neben dem fleckigen Hund und dem verendenden Agenten.
    Der Zwischenfall war ärgerlich, denn nicht nur mussten die Leichen entsorgt, sondern auch Ersatz gefunden werden. Marcial war überaus wütend geworden. Er hatte sie alle dumm und nutzlos genannt und drohen lassen, sie alle zu verjagen, so hörten es die Landarbeiter von den Angestellten des Hauses.
    Die wenigsten aber hatten Marcial jemals gesehen, seitdem er vor mehr als zwanzig Jahren, beim Zusammenbrechen der Diktatur, in den Chaco gezogen war. Die meisten wussten nur die Geschichten aus zweiter Hand und kaum jemand kannte auch nur seine Stimme.
    Doch einer der Männer kannte eine Frau , die Marcial gekannt hatte. Sie stammte aus Asunción wie er. Das Alter hatte ihren Gang beschwerlich gemacht, doch ihr Haar war noch fast schwarz. Die Jahre und die Magie hatten schwarze Furchen durch ihre fleischigen Wangen gezogen. Sie hatte nicht mehr viele Zähne und sprach zischend und feucht. Sie war vor zwei Jahren von dem Anwesen fortgetrieben worden, als für Marcial eine neue Zeit angebrochen war. Sie hatte es in den Krähenkrallen gesehen, sie hatte den Rauch aus dem Hahnenkamm über das dampfende Gekröse steigen lassen und dann hatte sie gesehen, wie die Zeichen standen. Sie hatte gesehen, wie im matten Schimmern des Magens die Zeichen ihrer abgelaufenen Frist aufleuchteten. Sie sah, wie die Ader so dick anschwoll, als pulse noch das Leben in ihr und sie erkannte, dass da etwas Neues zu Gange war. Er hatte sie davongejagt wie einen räudigen Köter, der lange Jahre gedient hatte. Nun war sie ihm zu nichts mehr Nutze und er wollte sie loswerden.
    Fluchend und schimpfend hatte sie de m Landarbeiter befohlen, sie nach zu bringen. Er hatte einen Wagen aufgetrieben und sie gefahren und sie hatte stets über Marcial geschimpft. Sie hatte ihn verflucht und sie hatte ihm gelästert. Schliesslich sagte sie:
    „Und wenn mehr Leute als ich gesehen hätten, wie er frisst, so wüssten sie, was er für ein Stück Dreck ist. Wie ein ungezogenes Balg isst er. Er kann kaum eine Gabel halten, ein Messer schon gar nicht. Alles muss ihm die Köchin in kleine Stücke schneiden. Kauen kann er kaum, weil ihn der Kiefer so schmerzt und beim Schlucken grunzt er wie ein Ferkel. Wenn mehr Leute als ich das gesehen hätten… Ohne Marmelade kann er gar nicht leben, er frisst sie in Mengen, das denkst du dir nicht aus! Ich sage dir, wenn das mehr Leute

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