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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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und dem verbrecherischen Treiben der Sekte ein Ende zu setzen. Wie er das aber anstellen wollte, sah er nur vage vor sich. Doch es erfüllte ihn mit Vertrauen, dass Ignacio bereit war, sich für ihn herumzuhören, denn es würde diesem viel diskreter gelingen als Vincent.
    Consuelo beobachtete still sein Brüten und spielte am Computer.
     
     
    Mittwoch gegen Feierabend machte Vincent sich nach der Wohnung von Luz auf. Wie am Vortag war er bewaffnet und trug eine dunkle Sonnenbrille. Er würde dennoch auffallen, aber wie sonst sollte er zu ihr gelangen? Er lungerte zwischen zwei Hütten herum, wo eine entwendete Blechreklame als Hauswand Zwieback anpries.
    Am Nachmittag hatte er Luz im Büro angerufen und bekundet, er wolle sie gerne treffen. Sie hatte nur gesagt, er sei falsch verbunden und aufgelegt. Nun war er wirklich gespannt, wie freundlich sie diesmal sein würde.
    Als sich das Warten hinzog, erstand Vincent bei einem Strassenhändler eine Dose Bier. Nach einer halben Stunde kam der Händler wieder und bot ihm eine weitere Dose an. Das breite Grinsen des mageren Mannes enthüllte nur wenige Zähne und schwere Paradentose, die Augen des Händlers aber waren auf Vincents Uhr gerichtet.
    Dieser ignorierte den Blick, dankte und trank.
    Als Luz endlich erschien, ging es gegen halb sieben Uhr. Die Dunkelheit sank bereits herab und Vincent stand neben dem pausbäckig lächelnden Kinderkopf an die Werbetafel gelehnt.
    „Willst du Zwieback?“ fragte er, als die junge Frau herantrat. Sie sah abgespannt aus und ihr Blick verriet wenig Begeisterung.
    „Du bist also hierhergekommen“, sagte sie nur und ging weiter zur Tür der Behausung.
    Unsicher, ob es sich um eine Einladung handelte, folgte er ihr auf ein paar Schritte Distanz, doch als sie eintrat, hielt sie ihm das mehrfach geflickte Holzbrett, das als Türe diente, auf.
    Vincent trat ein und sah die Schar von Geschwistern, die sich überall verteilten.
    Luz begrüsste sie mit einem kurzen Gruss und bot Vincent etwas zu trinken an. Er nahm dankend an, obwohl er nicht mehr durstig war. Es war kein besonders warmer Empfang gewesen, aber gemessen an Luz‘ Eigenarten schon fast herzlich.
    „Ich habe gedacht du bist nicht mehr im Land“, sagte sie ausdruckslos.
    „Ich war weg, nun bin ich wieder hier“, erwiderte er. „Ich war mit Consuelo ausgereist und sie musste ja wieder zurück.“
    „Musste sie das?“ fragte Luz. „Hat deine Heimat kein besseres Schulsystem als Paraguay?“
    „Das mag sein, aber es war ihr so fremd, dass sie Heimweh bekam“, erklärte er.
    Luz nickte nur und ging aus der Hütte voran in das obere Stockwerk und er folgte ihr. Sie wies ihm ihre Bettstatt als Sitzgelegenheit an und nahm eine andere zu ihrer eigenen.
    „Warum hast du mich sehen wollen?“ fragte sie gedehnt mit einem Blick über die Schulter.
    Vincent erwog eine grimmige Bemerkung, hielt sich aber zurück. „Es geht immer noch um diese Firma und die Sekte, bei der Consuelo war“, sagte er stattdessen und erzählte Luz leise von seinem Verdacht.
    Luz hörte zu und unterbrach ihn selten um etwas nachzufragen. Sie liess nicht verlauten, ob sie ihm glaubte.
    „Meinst du, du findest etwas über diese Sekte heraus?“ fragte er zum Schluss.
    „Ich schau mal, was ich so finde“, erwiderte sie.
    „Vielen Dank!“ sagte Vincent enthusiastisch. „Ich gehe dann mal.“
    Luz sah ihn etwas erstaunt an, als er sich erhob und drehte eine Strähne zwischen ihren Fingern.
    „Glaubst du, du weisst morgen Abend schon mehr?“ fragte er weiter.
    Sie warf die Lippen auf und zuckte die Schultern. „Weiss nicht.“
    Zu seinem eigenen Erstaunen liess ihn ihr Locken unbeeindruckt. Ausgeglüht war die Hitze des Begehrens und leer die Erinnerung an die unerfüllte Sehnsucht.
    Vincent runzelte die Stirn und wünschte ihr eine gute Nacht.
    Koketterie stand ihr wirklich nicht.
     
     
    Im Osten von Herrn Marcials Anwesen lag im dichten Wald eine kleine Plantage. Sie lieferte in grossen Mengen Marihuana für den Export und die Landarbeiter waren auf Verschwiegenheit eingeschworen. Die meisten von ihnen hatten bereits zu viel erlebt, um sich noch zu wehren oder sich die Frage nach Gesetz und Recht oder Unrecht zu stellen. Es war dieser Teil in ihnen erloschen in den vielfältigen Rückschlägen und Misshandlungen, welche sie über die Jahre überdauert hatten.
    Gewöhnlich kamen zweimal jährlich die Agenten zum Abholen der Ernte vorbei. Doch die Landarbeiter lebten in stetem Schrecken vor dem

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