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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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Luz erschienen ihm auch die sachlichen Überlegungen wie ein Strudel überschäumender Leidenschaften von Wut und Wollust und schliesslich verabschiedete er sich von Curdin, um Luz zu suchen, doch als er in die Gegend kam, überfiel ihn die Unsicherheit, wie sie ihn diesmal abspeisen würde und er irrte wie ein streunender Hund durch Asunción, alle Vorkehrungen für seine Sicherheit ausser Acht lassend.
     
     
    Zu Beginn der neuen Woche besuchte Vincent abends zum Essen die einfache Gaststätte, in der er vor Tagen mit Consuelo und Luz zu Abend gegessen hatte. Der Wirt war zugegen und als Vincent Platz nahm, winkte er ihm zu und brachte ihm unaufgefordert ein Bier und setzte sich ihm gegenüber mit einer abgeschnittenen Plastikflasche als Glas für seinen Tereré.
    „Guten Abend, Sie wollten doch von mir wissen, wer bei den Bauern einkauft, oder?“ fragte der Mann und Vincent bejahte.
    „Ich habe ein bisschen nachgefragt diese Tage – übrigens, ich bin Ignacio.“
    „Freut mich, Vincent.“
    Sie schüttelten einander die Hand.
    „Es ist glaub so: Es gibt Agenten, die bei den Bauern einkaufen. Die haben einen Auftraggeber und das ist Transmar. So heissen die. Ich habe nicht so viel rausfinden können, aber sie transportieren die Waren an die Küste, wohin sie dann gehen, weiss ich nicht. Ich weiss nur, dass die Agenten ein paar Guarani mehr bezahlen als die Händler in der Stadt. Es ist denen einfach egal, ob es dann hier zu wenig gibt und ob die Preise für die Leute in unserem Quartier zu hoch werden. Business, Sie verstehen?“ führte Ignacio aus, indem er die Hand schüttelte, als schüttle er Geld in der Hand.
    „Ich verstehe“, erwiderte Vincent, aber die Sache leuchtete ihm nicht ein. Wer hatte davon seinen Vorteil, so dass sich das Geschäft lohnte? Er leerte sein Glas und fragte: „Nimmst du auch noch eins?“
    „Klar“, erwiderte Ignacio und setzte sich, als er zwei frische Gläser geholt hatte.
    „Weisst du, ich habe hier das Restaurant mit meiner Schwester zusammen. Ihr Mann hat sie verlassen und sie hat ein paar Kinder. Da wusste sie nicht, was anzufangen und ich habe ihr geholfen. Es läuft gar nicht schlecht“, erzählte Ignacio von sich. „Warum arbeitet man eigentlich für ein Hilfswerk?“
    Vincent grinste breit. Die Frage wurde ihm nicht zum ersten Mal gestellt.
    „Sonst würde ich auf einer Bank oder einer Beratungsfirma arbeiten und die immer gleichen Lösungen für Sparpläne, Neue Märkte etc. anbieten. Ich habe mich entschieden, dass mir das zu langweilig ist, es bringt mir einfach nichts. Und darum bin ich zum Hilfswerk gekommen und bin nun seit drei Jahren weg von meiner Heimat – mit kleinen Unterbrüchen“, erzählte Vincent.
    „Was denn für Sparpläne?“ fragte Ignacio.
    „Hm, wenn Grossfirmen einsparen wollen, weil sie zu viele Ausgaben haben für – sagen wir sie haben zu viele unklare Ausgaben. Geld, von dem niemand weiss, wo es hingeht“, führte Vincent aus.
    „Ah, du meinst, wenn alle etwas abzweigen und zum Schluss bleibt nichts, so wie beim Staat?“ fragte Ignacio nachdenklich.
    „So ungefähr“, bestätigte Vincent.
    „Wäre auf einer Bank kein besserer Job als hier?“ fragte Ignacio weiter.
    „Das ist auch nicht mehr sicher, aber es wäre mit Sicherheit langweiliger. So kann ich wenigstens sagen, dass ich etwas Sinnvolles tue. Glaube ich.“
    „Etwas Sinnvolles“, meinte Ignacio in Gedanken und seine Augen schweiften durch den Hof, worauf ihm ein Gast ins Auge fiel, der etwas zu Trinken wünschte und er verliess Vincents Tisch.
    „Ist nicht das Sinnvollste, dass du eine Familie hast, dich um sie kümmerst und schaust, dass du nicht zu viel arbeiten musst?“ fragte er, als er sich wieder setzte.
    „Das weiss ich nicht. Vielleicht ist das das Sinnvollste, aber dafür – bin ich irgendwie nicht ganz der Typ. Ich muss mehr sehen und tun, als nur für eine Familie zu arbeiten“, meinte Vincent.
    Ignacio sah ihn voller Staunen und Unverständnis an und blickte zu seiner Schwester am Buffet, die eben ihrem Kind die Haare aus der Stirn strich und es zu Bett schickte.
    „Manche Dinge sind überall auf der Welt gleich“, sagte Vincent halblaut und leerte sein Glas bis zur Neige.
     
     
    Transmar transportierte Waren über die Weltmeere, insbesondere über den Atlantik. Die Firma verfügte über je nach Angabe zwei oder fünf Lastschiffe, bot aber ausser einer Adresse in Brasilien keine Ansprechperson. Eine Website war nicht zu finden und die

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