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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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Telefonnummer war unvollständig. Vincent dachte nach.
    Schliesslich fasst er einen Plan und ging zu Curdin ins Büro, um von diesem die entsprechenden Budgets zu erhalten.
    Dann erstand er ein Flugticket nach Sao Paulo. Am Donnerstag würde er fliegen.
    Nun hatte er nach Concepcion zu fahren. Luz hatte Consuelo nach einmal des Nachts zur Adresse des verschwiegenen Arztes zur Nachuntersuchung gebracht. Das hatten sie vereinbart. Als Vincent Consuelo nun bei Luz daheim abholte, traf er nur deren Mutter nebst einigen der Kinder an und sie verfolgte ihn mit verbindlichem Blick.
    Consuelo aber wirkte etwas erfrischt, allerdings blickte sie strikt zu Boden. Erst nachdem sie Asunción hinter sich gelassen hatten, sagte sie: „So lange war ich noch nie in der Hauptstadt.“
    „Warst du jemals so lange von deiner Familie weg?“ fragte Vincent.
    „Ja“, sagte Consuelo leise und blickte weiterhin vor sich nach unten.
    „Was ich dich fragen wollte: Wenn du Geister von Toten siehst, siehst du dann auch das – nunja, das Kind, das du jetzt nicht bekommen hast?“ fragte er unvermittelt.
    Sie runzelte die Brauen und blickte düster auf die Strasse hinaus. Entweder sie dachte angestrengt nach oder sie verweigerte eine Antwort. Nach langem Schweigen sprach sie endlich: „Es ist anders als die Totenseelen, es ist mehr wie ein Gefühl, das ich zurückgeschickt habe, wo es herkam. Die Totenseelen sehen anders aus, sie sind geprägt vom Leben, das sie gelebt haben. Die Ungeborenen und so, die sehen nicht aus, die haben nur Seele, keine Erscheinung.“
    Vincent war, als habe sie ihm wiederholte Schläge vor die Stirn gegeben. Er hatte sich eine solche Aussage von einem Menschen, den er eigentlich als Kind einstufte, nicht vorstellen können. Consuelo sprach von Dingen in einer Selbstverständlichkeit, wie er es noch nicht erlebt hatte. Sie war so überraschend und dennoch blieb sie in vielen Dingen ein Kind.
    Ein Kind, das soeben ein Kind hatte töten lassen.
    Vincent bildete sich kein Urteil über Abtreibungen, aber Consuelo und die verstörende Aura, die sie umgab gemahnte ihn mehr an das Mysterium des Todes, als es sonst jemand tat.
    Er war entwaffnet, denn er wusste nichts darauf zu sagen und so sch wieg er ebenso wie sie und dachte an die bevorstehende Reise. Curdin hatte ihm nicht eben zu dem Schritt geraten. Im Gegenteil, er hatte ihn sogar ausdrücklich davor gewarnt, eine solche Aktion zu unternehmen, aber Vincent hatte darauf bestanden und an Curdins ethische Grundsätze gemahnt, dass es niemandem etwas brächte, nur Formulare auszufüllen, die bestätigten, dass die Leute hungerten, anstatt zu handeln. So hatte Curdin sein Einverständnis und sein Budget erteilt und Vincent würde reisen. Angesichts der Tatsache, dass er weder Portugiesisch noch die brasilianischen Dialekte sprach, war er sich noch nicht ganz sicher, wie er vorgehen würde. Improvisation sollte nicht das Schlechteste sein.
    „Hast du eigentlich eine Freundin?“ fragte Consuelo in sein Nachdenken hinein.
    Vincent wandte erstaunt den Kopf zu ihr und erwiderte: „Nein.“
    „Denkt das Luz auch?“ fragte sie weiter.
    „Das nehme ich an“, meinte er darauf. Nett. Er hatte seine von Ärger durchzogene Sehnsucht gerade vergessen gehabt, hatte in seinen vielen Plänen die beste Ablenkung gefunden, um nun wieder an Luz erinnert zu werden.
    „Hm“, sagte Consuelo darauf. „Meinst du auch, dass sie das so gut findet?“
    „Wenn sie es nicht gut findet, dann kann sie sich benehmen wie ein Mensch und nicht wie ein – eine Furie“, erwiderte er brummig.
    „Vielleicht misstraut sie dir ein bisschen“, gab sie zu bedenken.
    „Daran kann ich nichts ändern, wenn ich kein vernünftiges Gespräch mit ihr führen kann. Ausserdem weiss ich gar nicht, warum sie mir misstrauen sollte. Ich habe nichts getan, was ihr einen Grund dazu gibt“, erklärte Vincent.
    „Das meine ich ja nicht“, erwiderte Consuelo in einer Stimmlage, die grosszügig über Vincents Begriffsschwäche hinwegzugehen bereit war.
    „Was weisst du eigentlich davon?“ fragte er etwas entnervt.
    Consuelo zuckte die Schultern und zog die Beine an, so dass sie die Arme darum schlingen konnte und sass wie ein kleines Päckchen auf dem Beifahrersitz. Als Vincent zu ihr hinüberblickte, wie sie auf die Strasse vor ihnen starrte, geriet er von der graden Bahn ab und gelangte auf die holprige Böschung. Mit einer raschen Lenkung brachte er den Wagen auf die Strasse zurück, so dass sie während

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