Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
deshalb ganz direkt fragen, ob Sie auch für ein solches Gespräch Zeit finden würden? Beziehungsweise, ob Sie grundsätzlich eine Beschäftigung ausserhalb des akademischen Umfeldes in Betracht ziehen?“
Nun war es an Siegmar, mit „hm“ zu antworten und er wandte sich augenblicklich dem Kellner zu, um ein Glas wohltemperierten Wein es zu bestellen.
„Wie ich Ihnen schon sagte, die Wissenschaft im Dienste ihrer selbst ist mir näher als das kommerzielle Geplänkel der Privatwirtschaft. Was ist das denn für ein Angebot, das Sie mir da machen?“, fragte er, nun deutlich sachlicher und ohne Lipidspur bei jedem seiner Worte.
Der schnelle Umschwung verdutzte Nuuk und sie musste ihre Gedanken sammeln.
„Es geht zunächst darum, Ihre Anforderungen kennenzulernen und Ihnen die Möglichkeiten bei GreenPower aufzuzeigen. Dann – und das würde mich ganz besonders freuen – kann sich alles konkretisieren. Ich bin sicher, dass Herr Musanthin, der Firmengründer, Mittel und Wege findet, dass Sie sich bei GreenPower wohl fühlen würden“, erläuterte sie.
„Dessen bin ich mir auch sicher“, sagte Siegmar nun wieder gut gefettet und blickte ihr so tief in die Augen, dass sie die Luft scharf einzog.
„Ich mache Sie wohl ein wenig nervös“, meinte Siegmar weich und lächelte sie an wie ein dummes Kind.
„Eigentlich nicht“, erwiderte Nuuk und stützte sich mit dem Ellenbogen auf die samtene Lehne der Bank hinter sich, um seinem Gesicht nicht gar so nah zu sein.
„Auf Ihr Wohl, liebes Fräulein Nuuk“, sagte Siegmar, als er seinen Wein erhielt und ihr zutrank.
„Auf Ihr Wohl“, erwiderte das liebe Fräulein und fragte sich, wie sie sich aus der Affäre ziehen sollte, als Siegmar ihr mit seiner von Altersflecken bereits gezeichneten Hand über den linken Schenkel strich.
Sie hatte sich nicht aus der Affäre gezogen, sie hatte sich viel eher in eine hinein ziehen lassen. Mit Pauken und Fanfaren.
Nuuk lag nackt auf dem Bett des Herrn Professor Doktor Doktor Anselm Siegmar und versuchte, sich das Ausmass ihrer Idiotie zu vergegenwärtigen. Akademiker-Groupie war wohl der treffende Name dafür. Wie konnte sie nur so doof sein?
Sie starrte zur gestuckten Decke der schöngelegenen Altbauwohnung und fühlte die nachdrückliche Feuchtigkeit der nicht ganz frischen Laken auf ihrer hellen Haut und den Geruch des nach Hautfett und Reseda duftenden Mannes neben ihr. Ein kurzer Seitenblick zeigte ihr sein verstörend beseligtes Lächeln und sie hätte schreien mögen, so sehr fühlte sie sich wie die Trophäe eines alternden Narzissten.
Sie schnob durch die Nase und erhob sich ruckartig, so dass Anselm Siegmar sie erstaunt anblickte.
„Wo willst du denn hin?“ fragte er erstaunt.
„Ich dachte, ich gehe besser“, erwiderte Nuuk, seinen Blick vermeidend.
„Du möchtest nicht bleiben?“ Seine Stimme hatte eine Note der Enttäuschung.
Nuuk zog sich ihr hauchzartes Hemdchen mit der Spitzenborte über und wandte sich zum ausgestreckten Anselm.
„Nimmst du viele deiner Bewunderinnen mit nach Hause?“ fragte sie herausfordernd.
„Nun, hm –. Eigentlich nicht…“, erwiderte dieser ein wenig unsicher.
Nuuk dachte nach.
„Weil es nicht so viele davon gibt?“ fragte sie.
„Das vielleicht auch“, gab er zu.
„Ich werde jetzt gehen. Herr Musanthin wird sich bei Ihnen melden. Ich denke, es ist für die Zukunft besser, wir bleiben beim Sie“, erklärte Nuuk, raffte ihre Kleidung zusammen, um sich in der Diele anzuziehen und verliess auf schnellstem Wege die Wohnung.
Anselm Siegmar blickte erstaunt auf die offene Türe seines Schlafzimmers und seine aufgeworfenen Lippen nahmen unter seinem Schnurbart einen gelinde schmollenden Ausdruck an.
VII
Hat gutes Handeln eine Grenze? Gilt nicht überall der Milde Pflicht?
Wiegt nicht gleich ein jedes Herz?
Hat Güte ihre Schattenseiten?
Wo gründet die Waage des gütigen Wirkens?
Das ist:
Des Philanthropen Abgesang
Sehr geehrter Herr Thal
Ihre Kriterien für nachhaltiges und globales Handeln mögen andere sein als die unseren. Nichtsdestotrotz darf ich Sie darauf hinweisen, dass eine Verleumdung unserer Lieferanten gegen Ihre Ethik verstossen müsste. Ich bitte Sie deshalb, von weiterer Korrespondenz abzusehen.
Freundliche Grüsse
Dr. N. Gerecke
Vincent ärgerte sich nur geringfügig über die Nachricht aus Deutschland. Was sollte er dagegen sagen? Die Firma GeenPower hatte kein Interesse zu erfahren, auf welchen Wegen
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