Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
tiefen Schweigens Stille legte sich auf Vincents Seele, als er sich aufrichtete und das Gewitter von sich wischte.
Ein Anruf blinkte Vincent entgegen, als er in seine Wohnung trat. Er nahm gemächlich eine Dusche, säuberte sich von Schlamm. Indem er sich anzog hörte er die Nachricht ab. Es war Consuelo.
Sie flüsterte so leise, dass er sich über das Abspielgerät beugen musste, um ihre Worte zwischen ihren gepressten Atemstössen zu erkennen. Sie sei sehr unglücklich, sie wolle nur weg. Es sei kein Leben in dieser Art, es gehe nicht. Als laut mit einem Schlag der Hörer niedergeschlagen wurde, schmerzte vom Laut Vincents Ohr. Er runzelte die Stirn und dachte nach. Was war es mit Consuelo? Er hatte keine Ahnung, um was sie ihn denn bat und was sie benötigte. Ob sie erwartete, dass er sie in Concepcion suchen kam? Aber wo denn? Er kannte weder ihre Eltern noch ihre Adresse. Was konnte es denn sein, was sie bedrohte?
Die Nachricht traf Vincent härter, als er es vermutete, seine Stimmung war düster und die Tatsache, dass er heute nur um Haaresbreite einem Blitzschlag entgangen war, verursachte seinem Magen ein ungewisses Gefühl der Niedergeschlagenheit. Als wären dringend erforderliche Bande der Ordnung und der Richtigkeit von ihm abgefallen und er hätte aus purer Nachlässigkeit fast sein Leben verspielt. Ein Gefühl der Treue gegen sich selbst war verloren. Es klaffte ein Riss zwischen seinem vormaligen Dasein und dem Jetzt. Entzweigegangen war eine Dimension der Ordnung und dass Consuelo Hilfe benötigte und er sie ihr nicht geben konnte, lastete auf seinem Gemüt. Er hätte etwas essen wollen, aber sein Hunger war verflogen und er setzte sich düster an seinen Rechner, um Consuelo in Concepcion ausfindig zu machen.
Es war vollkommen aussichtlos, denn er hatte nicht einmal Anhaltspunkte, nach denen er suchen sollte. Mit einem Seufzer beschloss er, einen weiteren Besuch im Waisenhaus zu planen. Dort hatte er sich ohnehin schon lange nicht mehr blicken lassen. Des Weiteren würde er den Aufenthalt nützen, um nach der kleinen Consuelo zu suchen. Ob sie von zu Hause abgehauen war? Lebte sie etwa auf der Strasse? Warum aber hatte sie geflüstert?
Seine Gedanken wurden dadurch unterbrochen, dass über das Internettelefon Nuuk ihn zu erreichen suchte. Was mochte sie denn wollen? Es war ihm nicht nach einer spitzfindigen Diskussion über die global-klimatischen Herausforderungen der nächsten Generation. Im Augenblick nahm ihn die Sorge um die kleine Consuelo ausreichend in Anspruch.
„Hallo Nuuk“.
„Hallo, wie viel Uhr ist es denn bei dir?“ fragte sie aufgekratzt.
Er sagte es ginge gegen Acht Uhr und erkundigte sich nach ihrem Begehr.
„Nichts besonderes, ich wollte nur Hallo sagen“, erwiderte sie.
Vincent staunte. Hallo sagen? Gab es in Garkhausen keine Leute zum Hallo sagen? „Hallo“, sagte er.
Nuuk lachte unsicher. „Ich habe bis jetzt gearbeitet und – naja, wenn ich jetzt nach Hause gehe, kann ich nicht schlafen, weil ich noch so viel nachdenke, darum dachte ich – nun, ich könnte nach Westen telefonieren, wo noch Leute wach sind. So.“
„Arbeitest du vielleicht etwas viel?“
„Das sagen alle“, meinte sie wegwerfend. „Ich kann nicht plötzlich so tun, als interessiere es mich nicht.“
Vincents Gedanken schweiften ab, zu Consuelo und ihrem seltsamen Anruf und zu der Frage, weshalb er nicht zugegen gewesen war, als sie angerufen hatte, sondern irgendwo im freien Feld unterwegs, um Himmlischen Zorn zu suchen.
„Du bist nicht so gesprächig heute?“ fragte Nuuk.
„Tut mir leid, heute sind die Dinge ziemlich merkwürdig.“
„Was war denn so merkwürdig?“ Es war reine Konversation aber er meinte doch Anteilnahme in ihrer Stimme zu gewahren.
„Ich war unterwegs und bin fast vom Blitz getroffen worden und jemand hat mir eine Nachricht gelassen, es gehe ihr schlecht. Ich weiss aber nicht, wo sie ist, darum wüsste ich auch nicht, wie zu helfen. Irgendwie verwirrend alles zusammen.“ Er seufzte. „Es macht es nicht weniger verwirrend, dass du anrufst, um Hallo zu sagen, ehrlich gesagt. Du bist nicht in irgendwelchen Schwierigkeiten? Unwetter oder so?“
„Was sagt man dazu, nein, mir geht es gut. Eigentlich. Du bist fast vom Blitz getroffen worden? Wie nahe blitzte es denn?“ fragte Nuuk nach.
„Über meinem Kopf, ich sass im Auto“, erwiderte er.
„Oh!“
„Das habe ich auch gedacht.“
„Geht es dir aber gut? Bist du nicht verletzt?“ fragte
Weitere Kostenlose Bücher