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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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dem Land, das leer und ausgebeutet, entvölkert und überwuchert lag.
    Es war nicht gut, an diesem Ort zu sein, denn wo Vincent sass, dahin würde der erste Blitz sich geladen fühlen. Aber er blickte nur nach den aufsteigenden Wölkchen aus dem säumigen Tabak und in das stille Brodeln unter dem Himmel. Da aber fuhr ein gewaltiger Windstoss über ihn und riss an der aufgerollten Plane des Wagens, fuhr durch die erzitternden Buschpflanzen und zerrte an Vincents verblichenem Haar. Die Spitze der Zigarre leuchtete auf, untreu seinem Atem, folgte sie dem Sog des Windes. Gleissend fuhr ein Blitz hernieder und sein Licht durchflutete die Ebene, überhell und gnadenlos die nichtigen Einzelheiten hervorzerrend. Wie tausend Schüsse knallte der Donner, zerriss das Brausen der Luft. Weit entfernt zuckte es wieder und hämmerndes Krachen folgte dem Licht. Ein Luftstoss betäubte jedes Ohr und der Atem musste stocken. Während einiger Augenblicke herrschte Stille, als in rascher Folge eine Kaskade zuckender Blitze herniederging und immer näher kamen, gefolgt vom anschwellenden Grollen aus der Wolken dichter Wand. Die Hitze verebbte im Kaltstrom des Sturms, als eisige Tropfen fielen, dick und klopfend aufschlugen und klitschend versickerten. Erst nur wenige, häuften sie sich prasselnd zu einem Vorhang schwarzen Wassers, der Vincent einschloss und ihn durchnässte, ihm die Wärme des Leibes zu rauben gierte, als sich Bäche bildeten, die über seinen Rücken und seine Brust liefen, wie die sickernden Rinnsale im Erdreich rings um ihn. Was eben noch staubig gewesen, war nur noch springende Pfütze, myriadenmal aufgepeitscht von immer weiterem Wasser.
    Da schlug der Blitz ein , traf der den Bügel des Geländewagens über Vincents Kopf. Weissviolett fixierte das kalte Licht die erstarrenden Tropfen und die schmutzigen Armaturen in Helligkeit. Eisig war die Luft. Kein Atem hob Vincents nasskalte Brust, sein Blick war starr und der staubfressende Regen drang ihm brennend in die aufgerissenen Augen, lief in seinen Mund und versengter Gummi durchdrang seine Nase. Der Donner verrollte und wieder fuhr gleissend der Blitz hernieder, so dass Vincent schrie: „Warum triffst du nicht mich? Nicht mich!“
    Er riss im Wahnwitz die Arme hoch mit geballten Fäusten, doch fielen sie zurück auf seinen sich krümmenden Leib, als in hassendem Stakkato der Regen fiel und fiel und kein Ende zu nehmen beliebte.
    Als das Brausen und Wüten unter dem Himmel sich gelegt hatte und Stille einkehrte auf den zerschlagenen Feldern, hob Vincent den Kopf von den Armen, mit denen er auf dem Steuerrad gelegen hatte und blickte auf Nässe und Schlamm. Als die dichten Wolken sich lichteten, kehrte die Wärme zurück und legte sich sanft auf seine verfrorene Haut. Er blickte auf seine Arme, an sich herab. Er war durchnässt doch unversehrt.
     
    Sein Leib war ihm fremd, es war nur warmes schweres Fleisch, es war nicht er. Nicht das war Vincent Thal, nicht das war sein Selbst. Wie Husten, wie unterdrücktes Lachen schüttelte es ihn aus dem verkrampften Rücken und in die Nässe des Regens mischte sich das seiner Augen. Eine ungekannte Rührung füllte sein Herz und seine Brust zuckte schmerzhaft unter der dem gewaltsamen Schütteln aus seinem Innern. Er blickte auf seine Hände, rau und schlecht manikürt, aber das war nicht er, das war nicht sein Selbst. Sein Selbst war nicht einmal Vincent. Sein Selbst hatte nichts damit zu tun. Sein Selbst war etwas anderes. Es liess sich nicht fassen. Es war so schnell wie der tödliche Blitz, der ihn verschont hatte. Es war dunkel, es war hell zugleich, es war rasend und es war vernunftbegabt, es war eine Menge und doch so bloss und gering, als nicht einmal ein neugeboren Menschenkind kann sein. Sein Selbst hatte er gewähnt, erkannt, doch fein wie ein Hauch war seine Erinnerung daran, kaum wahrnehmbar, so zart. Aber darin lag etwas, das ihm gezeitigte, es sei ob seiner Feinheit stark, ihm sei nicht beizukommen mit Macht und Gewalt, es sei unverbrüchlich. Ja, es sei ewig, dieses Selbst, das nicht sein Leib, nicht sein Empfinden einmal war und nicht seinen Namen trug.
    Aus den Urgünden des Lebens geboren.
    Was ihm immer als sicher gegolten hatte, war verschoben, war fremd, war schmerzlich zuckend, war einsam und unerkannt in der Weite eines Landes, das nicht einmal seine eigene Vegetation für sich hatte behalten dürfen. Es war Mitleid, das ihn schüttelte, Mitleid mit dem Land, zu sich selbst, zu dem elenden Weg. Eines

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