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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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eine beleuchtete Säule, wem das weisse Glashaus Wohnung gebe. Nachdem er den Empfang passiert und eine Wegbeschreibung erhalten hatte, sass er nun im Büro des Auslandbeauftragten Südamerika auf einem quiekenden Stuhl. Ebenso waren ein Berater in Konfliktsituationen und eine Juristin Teil der Untersuchung, deren Gegenstand Vincents unrühmliches Verhalten, die Verhaftung und sein Abschied waren.
    „Danke, das reinste Last-Minute-Vergnügen“, erwiderte Vincent trocken und liess das Leder der Stuhllehne nochmals leise aufjammern.
    „Ich habe hier das Schreiben von Herrn Curdin Müller vorliegen“, sprach Herr Wanzenried der Südamerikabeauftragte weiter.
    Vincent nickte und blickte dem anderen in die Augen.
    In die Stille hinein sagte Herr Wanzenried: „Herr Müller war mit Ihrem Einsatz nicht durchwegs zufrieden.“
    „Das ist mir bewusst, sonst wäre ich ja nicht hier“, erwiderte Vincent.
    „Vielleicht wollen Sie Stellung zu den Vorwürfen beziehen?“
    „Was wirft mir Curdin denn im Einzelnen vor?“ fragte Vincent wider.
    „Er schreibt, dass Sie sich nicht an die lokalen Bedingungen hielten. Dass Sie sich über die Regeln unser Organisation hinweggesetzt haben“, Wanzenried seufzte und zählte weiter auf, was der fleissige Curdin dem Bericht alles beigelegt hatte.
    „Das ist eine ganze Menge, oder?“ fragte Vincent, als der Südamerikabeauftragte geendet hatte.
    „Das will ich meinen!“ entgegnete Herr Wanzenried.
    „Ich weiss nicht, wie Sie die Aufgaben des Hilfswerks sehen, aber ich sehe zwei Möglichkeiten: Entweder ich bewege meinen Hintern nicht vom Bürosessel und mache mir keinen Finger dreckig. Dann werde ich nicht verhaftet, rausgeworfen und nach Hause geschickt. Wie wir an Curdin Müller sehen, ist das ein erfolgreicher Weg. Aber sagen Sie mir mal – ist das der Sinn des Roten Rings? Curdin war nicht bei den Leuten auf der Strasse, auf dem Polizeiposten oder im Slum. Jeder Mensch, den ich ihm in Asunción vorgestellt habe, war ihm zu viel Realität und er ist abgehauen. Wenn Sie sich das unter einem humanitären Einsatz vorstellen, dann können wir es gleich lassen!“ rief Vincent, stand auf und ging vor dem eleganten schwarzen Sitzungstisch auf und ab.
    Der Berater in Konfliktsituationen lehnte sich zurück und setzte beschwichtigend an: „Sie sind aufgewühlt, ich verstehe das…“.
    „Sie verstehen nichts! Wenn Sie wie Curdin arbeiten, dann verstehen Sie einen Scheiss! Wenn Sie wie ich arbeiten, sitzen Sie nich t auf diesem Sessel! Lassen Sie mich doch in Ruhe, ich habe die Nase gestrichen voll! Ich weiss, was ich riskiert habe und ich weiss, was es gebracht hat. Ich kenne den Sinn meiner Arbeit. Aber ich habe keinen miesen Schimmer, was eigentlich der Sinn dieses hübschen Gebäudes ist und der Sinn von Ihrem Lohn und all dem!“ rief Vincent und stütze sich auf die Tischkante, so dass er auf den Südamerikabeauftragten und sein Gremium hinuntersah.
    Wanzenried erhob sich langsam und sein Blick war starr auf Vincent gerichtet. „Jetzt beruhigen Sie sich mal! Ich weiss, Sie haben eine schlimme Haft hinter sich und stehen sicher auch wegen der voreiligen Entscheidung von Herrn Müller unter Stress. Aber das ist noch lange kein Grund, die ganze Organisation in Frage zu stellen!“
    Sie standen nun beide aufrecht, Vincent hatte den Kopf in den Nacken gelegt und blickte aus halbgesenkten Lidern auf den Südamerikabeauftragten.
    „Ich glaube ich kann die Organisation nicht mehr nicht in Frage stellen, nach allem, was ich von Ihrer Seite erlebt habe“, sagte er nun gefährlich ruhig.
    „Sie haben in meinen Augen gar kein Interesse daran, dass wir die Sache vernünftig aufklären, Herr Thal“, erwiderte Wanzenried und die Juristin raschelte bekräftigend in ihren Unterlagen.
    Vincent schnaubte leise. Er erinnerte sich, dass er es einmal als ratsam, ja durchaus nichts anderes als vernünftig empfunden hatte, Konflikte zu diskutieren und somit zu lösen. Doch die Idee, die Herangehensweise, sie lagen ihm nun derart fern. Was sollte er mit einer halbherzigen Widerherstellung seines Rufes? Wollte er denn weiter nach den Regeln arbeiten, die er als zusehends idiotischer ansah? Es ergab keinen Sinn und sein Elan war dahin geschmolzen.
    „Das stimmt wohl“, sagte er darum.
    „Dann kann ich nichts anderes, als das Urteil, das Herr Müller in Paraguay über Sie als Mitarbeiter des Internationalen Roten Rings gefällt hat und das er als ausschlaggebend für Ihre Kündigung erachtete,

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